Hamburg. Rund 30 Arbeitsplätze dürften über fünf Jahre wegfallen. Beratungen soll es künftig auch am Sonntagnachmittag geben.

Reiner Brüggestrat sieht sich als vorsichtigen Kaufmann. Daher stimmte der Chef der Hamburger Volksbank bereits im Mai 2013 angesichts des Niedrigzinses die Mitarbeiter und die Anteilseigner auf Stellenstreichungen und sinkende Gewinne ein. Tatsächlich verringerte sich die Zahl der Beschäftigten seitdem nur um 14 auf 473 Personen und die Betriebsergebnisse blieben praktisch konstant.

Doch nun kündigt Brüggestrat erneut den Abbau von Arbeitsplätzen an. Auf einen exakten Zielwert will er sich nicht festlegen lassen: „In fünf Jahren werden wir noch mehr als 400, aber weniger als 473 Mitarbeiter haben.“ Der Volksbank-Chef deutete aber an, dass am Ende dieses Zeitraums voraussichtlich zwischen 430 und 450 Stellen übrig bleiben dürften. Brüggestrat setzt dafür auf die natürliche Fluktuation.

Überweisungsträger auf Papier bleiben

Ein wesentlicher Grund für den Abbau sei die Digitalisierung des Bankgeschäfts: „Verschiedene Tätigkeiten fallen dadurch einfach weg.“ Zudem werde die Zahl der Filialen von derzeit 37 wohl auf 35 zum Jahresende zurückgehen – in der Spitze waren es einmal 44. In Zeiten des Internets sei die klassische Bankfiliale eben nicht mehr der einzig mögliche Vertriebsweg in der Fläche, so Brüggestrat. Eine alternative Variante hat die Volksbank seit Anfang 2017 auf Finkenwerder erprobt: Nach der Schließung der regulären Zweigstelle hat man dort ein sogenanntes „Finanzhaus“ eingerichtet, in dem für Beratungsgespräche stundenweise eine in dem Stadtteil wohnende Mitarbeiterin anzutreffen ist, die Kunden nach Vereinbarung aber auch bei ihnen Zuhause besucht.

„Das Konzept hat Früchte getragen“, so Brüggestrat. Man habe dabei aber auch gelernt, dass manche Kunden auch im Zeitalter der Digitalisierung an den gewohnten Überweisungsträgern auf Papier festhalten wollen: „Wir haben dafür gesorgt, dass sie am Finanzhaus weiter eingeworfen werden können.“ Im Hinblick auf die Filialstrategie ging der Volksbank-Chef auf die Haspa ein, die alle ihre Niederlassungen zu Nachbarschaftstreffs umgestaltet: „Was die Kollegen dort machen, finde ich gut und konsistent.“ Die Volksbank werde den Weg, die Filialen für bankfremde Dienstleistungen zu öffnen, aber nicht gehen: „Wir wollen uns weiter darauf beschränken, uns um das finanzielle Zuhause unserer Kunden zu kümmern.“

Elektronische Beratung

Im November soll die zu Jahresbeginn angekündigte elektronische Beratung an den Start gehen: Volksbank-Mitarbeiter sind dann per Telefon, On­linechat oder Video nicht nur zu den üblichen Filialöffnungszeiten erreichbar – auch am Sonntagnachmittag. Selbst die Kirche habe sich dazu geäußert und mit der Behörde für Arbeit habe sich angesichts der Sonntagspläne eine „Brieffreundschaft“ entwickelt, wie Brüggestrat ironisch anmerkte.

Das Geschäftsjahr 2017 war geprägt durch ein außerordentlich starkes Wachstum des Kreditvolumens (plus 12,5 Prozent auf 1,77 Milliarden Euro). Auch hier konnte sich Brüggestrat – der im Gegensatz zu den üblichen Gepflogenheiten in der Branche die nament­liche Erwähnung von Wettbewerbern nicht scheut – einen Vergleich mit der sehr viel größeren Haspa nicht verkneifen: Über die zurückliegenden fünf Jahre habe die Volksbank eine durchschnittliche Rate des Kreditwachstums von rund zehn Prozent verzeichnet, während die Sparkasse nur auf ein Plus von etwa einem Prozent komme.

Betriebsergebnis blieb konstant

Das Betriebsergebnis der Volksbank blieb bei 16,1 Millionen Euro konstant, der Überschuss verbesserte sich geringfügig auf 3,9 Millionen Euro. Durch einen positiven Sondereffekt aus einem Anfang 2016 mit der Europäischen Zentralbank abgeschlossenen Geschäft werde das Betriebsergebnis in diesem Jahr steigen, so Brüggestrat.