Hamburg. Gefälschte Werke sind ein nicht unwichtiger Part des kulturellen Lebens. Umfangreiche Ausstellung in Hamburg.

Nein, es muss nicht immer Wolfgang Beltracchi sein, der die hohe Schule der meisterlichen Fälschung Anfang des dritten Jahrtausends schon beinahe salonfähig machte, renommierte Kunstexperten narrte, Millionen verdiente und dafür 2011 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Inzwischen verkauft der geläuterte Bilderfälscher nur noch echte „Beltracchis“ und kommt nach Angaben seines Münchner Galeristen „mit der Malerei kaum noch hinterher.“

Die Liste derjenigen, die mit gefälschten Werken einen kleinen, aber nicht unwichtigen Part des kulturellen Lebens – weltweit – mitgestaltet haben, ist zwar nicht besonders lang. Aber auf ihr finden sich zweifelsfrei – trotz oder gerade wegen der kriminellen Energie – faszinierende Persönlichkeiten, denen die Fabrik der Künste in Hamm vom 31. Mai an eine umfangreiche Ausstellung widmet. „Dies wird ein sehr spannendes Projekt“, verspricht Horst Werner, der die alte Seilerei am Kreuzbrook in den vergangenen elf Jahren längst zu einer festen Größe des Hamburger Kultur­lebens etabliert hat.

Vielschichtiges Thema

„Unser Ziel ist es, die zahlreichen Facetten und Perspektiven dieses komplexen und vielschichtigen Themas an konkreten Beispielen darzustellen. In der Ausstellung wird ein breites Spektrum an Exponaten zu sehen sein, von legal angefertigten und frei verkäuflichen Kopien bis hin zu Kunstfälschungen mit kriminellem Hintergrund, die von der Polizei konfisziert wurden.“ Darunter befinden sich Original- und Stilfälschungen von Braque, Brueghel dem Älteren, Chagall, Heckel, Kollwitz, Pechstein, Picasso, Rembrandt, Raffael, Schwitters und Spitzweg gezeigt. Die Leihgaben stammen sowohl aus Privatbesitz als auch aus Museen und Galerien.

Nach wie vor existieren durchaus ernst zu nehmende Theorien, die davon ausgehen, dass es sich bei rund der Hälfte aller im Kunsthandel angebotenen Werke um geniale Fälschungen handeln dürfte, die so raffiniert gearbeitet sind, dass auch erfahrene Gutachter die Echtheit eines Picassos, Rembrandts, Gauguins oder Noldes bestätigen. Und zu fast jeder dieser Fälschungen ranken sich auch nicht minder raffiniert komponierte Legenden, wozu häufig der berühmte „Dachbodenfund“ gezählt werden kann.

Mehr als 3000 Fälschungen

Mit einer solchen Entdeckung begann beispielsweise auch die Karriere von Edgar Mrugalla, einem der wohl produktivsten Kunstfälscher aller Zeiten, der vor anderthalb Jahren in Düsseldorf verstarb. Der ursprüngliche Berliner Trödler hatte Anfang der 50er-Jahre bei der Auflösung einer Wohnung ein Original von Caspar David Friedrich entdeckt, das Bild jedoch nichtsahnend für 25 D-Mark an einen Galeristen verkauft – um nur wenig später zu erfahren, dass sein Fund eine Viertelmillion D-Mark­ wert war. Da Mrugalla künstlerisch begabt und handwerklich geschickt war, beschloss er spontan, alte Meister „wieder zum Leben zu erwecken“.

Im Laufe seines Lebens schuf er so vermutlich mehr als 3000 Fälschungen von mehr als 50 der bekanntesten Maler, wobei einige seiner Werke nach Ansicht von Experten sogar besser waren als das Original. In jahrelangen Experimenten hatte der Fälscher Techniken entwickelt, mit denen er das neue Material altern lassen konnte. „Zunächst wurde die Leinwand mit Tee oder im Backofen auf alt getrimmt. „Meine arme Frau musste die Blätter dann immer bügeln“, erzählte Mrugalla einmal in einem Interview.

Vielfältiges Rahmenprogramm

Rund ein Drittel der „Echt – falsch“-Ausstellung ist mit Werken aus seinem Nachlass bestückt, den Mrugallas Sohn Richard der Fabrik der Künste zur Verfügung gestellt hat. „Wir wollen mit unserem Projekt auch versuchen, die ewig neue alte Frage zu beantworten, ob es sich bei Fälschungen um Kunst oder bloß doch nur um exzellentes Handwerk handelt“, sagt Horst Werner. Dazu hat der Ausstellungsmacher ein vielfältiges Rahmenprogramm aus Vorträgen und Diskussionsrunden mit Experten der Polizei, mit Betroffenen und Sachverständigen zusammengestellt.

Darüber hinaus werden Gutachter, Kunsthistoriker und Galeristen Einblicke geben, anhand welcher Kriterien und mit welchen Verfahren Kunstfälschungen identifiziert werden können, wo die Grauzone endet und die Kriminalität beginnt.

„Echt – falsch“ Do 31.5. bis So 8.7., Di–Fr 15.00–19.00, Sa/So 11.00–18.00, Fabrik der Künste, Kreuzbrook 12, Eintritt: 5,-/3,-; www.fabrikderkuenste.de