Hamburg. Der Biobäcker will Getreide auf dem eigenen Acker in Mecklenburg-Vorpommern anbauen. Für neuen Standort sucht er noch Räume.
Thomas Effenberger ist ein umtriebiger Mensch. An Ideen, wie man insgesamt die Welt ein bisschen besser und was er selbst Neues machen kann, fehlt es dem Hamburger Biobäcker nicht. Und manches davon wird dann auch Realität. Ausführlich und detailverliebt kann der 61-Jährige über die Energiesparmaßnahmen referieren, die er in dem Wohn- und Geschäftshaus an der Rutschbahn (Harvestehude) hat umsetzen lassen, in dessen Keller er seine Vollkornbäckerei betreibt. „Wir verbrauchen nur ein Drittel der Energie, die andere Betriebe vergleichbarer Größe benötigen“, sagt Effenberger, während er durch die Backstube führt.
An sich wollte er sich schon längst aus dem Tagesgeschäft der Bäckerei weitgehend zurückgezogen haben und mit seiner Frau Anne auf den eigenen Bauernhof im Mecklenburgischen übergesiedelt sein. So jedenfalls war es vor einigen Jahren geplant. Doch es kam anders. Und so ist Effenberger an diesem Morgen mit dem Tesla von seinem Wohnsitz im Hamburger Osten in die Innenstadt gekommen. Seine Frau nimmt bei gutem Wetter für die 22 Kilometer lange Strecke gern auch mal das Fahrrad.
Längere Reifung besser für die Verdauung
Effenberger hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen modernen Backverfahren und Beeinträchtigungen der Gesundheit beschäftigt. Forscher von der Universität Hohenheim hatten herausgefunden, dass in Brot oder Brötchen, deren Teig einen halben oder ganzen Tag gereift ist, sehr viel weniger sogenannte Fodmap-Stoffe enthalten sind, die zu Verdauungsproblemen führen können, als in nur kurz gereiftem Teig. „Früher hat ein Brotteig immer 24 Stunden gedauert, heute lässt sich Brötchenteig in einer Stunde bereiten“, weiß der Vollkornbäcker. Ihm ließen die Erkenntnisse der Wissenschaftler keine Ruhe. Mittlerweile setzt Effenberger in der Backstube einen speziellen Vorteig ein, der bei langer Teigreife die unverträglichen Fodmaps abbaut.
Gut 10.000 Brote pro Woche stellen die derzeit 16 Mitarbeiter der Bäckerei her. Verkauft werden sie hauptsächlich auf Wochenmärkten und in den fünf eigenen Filialen. Das Netz ist in den vergangenen Jahren etwas kleiner geworden. Die Filiale in der HafenCity wurde wieder geschlossen. „Das war eine etwas tote Ecke und wir waren wohl zu früh da“, sagt Effenberger. Auch aus der Blankeneser Hauptstraße hat er sich zurückgezogen. Der Standort insgesamt sei auf dem absteigenden Ast.
Er sucht einen Standort in der City
Mit eigenen Läden ist Effenberger jetzt noch auf St. Pauli (Rindermarkthalle), in Winterhude (Mühlenkamp, Alsterdorfer Straße, Hudtwalckerstraße) sowie an der Rutschbahn präsent. Eine neue Filiale in der City ist aber in Planung. „Wir suchen einen Standort mit bezahlbarer Miete in der Innenstadt“, sagt der Vollkornbäcker.
Er und seine Frau sind zwar weiter auch Geschäftsführer der 2001 gegründeten gläsernen Dinkelbäckerei am Dammtor. „Die Leitung dort hat aber inzwischen eine meiner Wahltöchter.“ Zum Teil hat Effenberger seinen Vorsatz, die Bäckerei mittelfristig in jüngere Hände zu legen, inzwischen dann doch umgesetzt.
Angst um seine Rinder
Das gibt ihm die Freiheit, sich intensiver um den Bauernhof südlich von Wismar zu kümmern. Dort züchtet er unter anderem Fleischrinder der Rasse Dexter, deren Fleisch er auch in Hamburg vermarktet. Die Herde von 35 Rindern, mit der er vor vier Jahren startete, ist mittlerweile auf 110 Köpfe angewachsen. Doch nun erwägt er, die Rinderzucht vorübergehend einzustellen. Denn in der Umgebung ist seit geraumer Zeit ein Wolf unterwegs. „Ich will mir nicht anschauen müssen, dass der Wolf Rinder reißt“, sagt Effenberger. Die empfohlenen Schutzmaßnahmen gegen Wolfsangriffe hält er für praxisfern. „Natürlich gibt es Herdenschutzhunde, doch dass die erst mal zwei Jahre ausgebildet werden müssen, wird gern vergessen. Und für die Anschaffung von speziellen Schutzzäunen gibt es nur einen kleinen staatlichen Zuschuss.“
Den Getreideanbau auf seinen eigenen Ländereien treibt Effenberger dagegen voran. Mehrere Hektar Acker, die zuvor konventionell bewirtschaftet wurden, hat er über mehrere Jahre hinweg auf die Umstellung auf Biolandbau vorbereitet. Im Herbst will er auf einem Teil davon erstmals selbst Dinkel säen. Bis auf Weiteres aber kommt das bei Effenberger gemahlene und zu Brot verarbeitete Getreide weiter von den sieben Landwirten im Hamburger Umland, mit denen er fest zusammenarbeitet.
Weil der Bäckermeister in Mecklenburg zudem 300 Hektar Wald besitzt, hatte er vor wenigen Jahren auch noch eine Zimmererlehre absolviert. „Ich wollte einfach Ahnung von Holz haben.“ Aus der Idee, eines Tages mit Holz aus den eigenen Forsten Möbel oder gar ganze Biohäuser zu bauen, ist bislang
allerdings nichts geworden. „Dummerweise hat der Tag auch für mich nur 24 Stunden“, sagt Effenberger.
Nach dem Rundgang durch die Backstube muss er dann aber doch bald los. Mit dem Tesla nach Mecklenburg. Zum Heumachen.