Hamburg. Teilnehmer der Demonstration trugen aus Solidarität jüdische Kopfbedeckung. Redner: Gleichgültigkeit ist keine Option.
Dutzende Menschen, nach Angaben des Veranstalters mehr als 200, haben am Montagnachmittag auf dem Joseph-Carlebach-Platz beim von Privatleuten organisierten „Kippa-Tag“ gegen Antisemitismus demonstriert. Aus Solidarität sangen die Teilnehmer gemeinsam das hebräische Friedenslied „Shalom Chaverim“; viele trugen Kippas – die traditionelle Kopfbedeckung der Juden war zuvor von den Organisatoren auf dem Versammlungsplatz verteilt worden. Anlass für die Kundgebung waren die jüngsten antisemitischen Übergriffe in Berlin. Dort hatte ein Syrer mit einem Gürtel auf einen jungen Mann mit Kippa eingeschlagen.
Die vier geladenen Redner verurteilten die jüngsten judenfeindlichen Übergriffe scharf. „Du Jude“ sei inzwischen ein gängiges Schimpfwort auf den Schulhöfen, sagte Lionel Reich, Präsident des Verbandes jüdischer Studierender in Norddeutschland. „Solange das Tragen einer Kippa für Menschen eine Provokation darstellt, wird es Antisemitismus geben“, so Reich weiter.
"Kippa als Zeichen für das Verständnis"
„Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem eine Kippa erst zu einem Zeichen des Protestes werden muss“, sagte der Propst der evangelischen Nordkirche, Karl-Heinrich Melzer. Gleichgültigkeit sei keine Option, Antisemitismus der „ideologische Unterbau zum Verbrechen“. Daniel Abdin, Vorsitzender des Rates der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, rief dazu auf, „allen radikalen Ideologien die Stirn zu bieten“. Und Landesrabbiner Shlomo Bistritzky sagte: „Wir sollten die Kippa nicht als Zeichen gegen Antisemitismus sehen, sondern als Zeichen für das Verständnis anderer Religionen.“
Im Anschluss lasen Schauspieler der Kammerspiele Hamburg aus Gotthold Ephraim Lessings Drama „Nathan der Weise“. In dem Klassiker von 1779 geht es um den Gedanken der Aufklärung und der Toleranz.