Hamburg. Weil er in der Arbeitszeit für die Volksinitiative für bessere Pflege aktiv war, wurde der Personalrat abgemahnt. Ver.di und Linke empört.
Die Auseinandersetzung über eine bessere Pflege in Hamburger Krankenhäusern wird mit immer härteren Bandagen geführt. Die Gesundheitsbehörde von Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hat in dieser Sache sogar den Computer eines Mitarbeiters durchsuchen, seine Mails lesen und seine Nutzung des behördlichen IT-Systems auswerten lassen. Begründung: Der Mitarbeiter Axel Hopfmann soll während seiner Arbeitszeit in der Behörde für die Volksinitiative „Hamburger Volksentscheid gegen Pflegenotstand in Krankenhäusern“ immer wieder wesentliche Texte verfasst haben.
Die Volksinitiative fordert einen besseren Personalschlüssel für Pflegekräfte in den Kliniken der Hansestadt.
Auch Daten von Patienten mitgelesen?
Der Personalrat protestierte gegen die Durchsuchung des Rechners. Zum einen sei der Verdacht gegen den Mitarbeiter „nicht ausreichend spezifiziert“, heißt es in einer Mail mit dem Betreff „Beschwerde des Personalrats gegen die Öffnung des E-Mail-Accounts eines Mitarbeiters und PR-Mitglieds“. Und zum Zweiten sei der betreffende Mitarbeiter eben auch Mitglied des Personalrats, sodass „besonders schützenswerte Daten aus der Personalratsarbeit gefährdet“ seien.
Auch die Hamburger Spitze der Gewerkschaft Ver.di schaltete sich in den Fall ein. Axel Hopfmann sei Mitglied des Personalrats der Behörde, betonten Landesbezirksleiter Berthold Bose und Landesbezirksvorstand Olaf Harms in einem Brief an den zuständigen Amtsleiter vom 18. April, der dem Abendblatt vorliegt. „Ohne Angabe von Gründen und ohne konkreten Missbrauchsverdacht wurden Mitte Februar 2018 alle Daten seines Computers gesichert und ausgewertet“, so die Ver.di-Führung. „Dazu gehören neben Daten, die sein Arbeitsgebiet betreffen, Mails, die im Zusammenhang mit seiner personalrätlichen Tätigkeit und die unter einem besonderen Schutz der Vertraulichkeit stehen.
Ebenso gehörten dazu Mails und Daten von Patienten, die Herrn Hopfmann im Rahmen seiner Tätigkeit kontaktiert haben.“ Weder der Mitarbeiter noch der Personalrat seien über die Durchsuchung genau informiert worden. Zudem sei die private Nutzung des Bürorechners gemäß Hamburger Personalvertretungsgesetzes ausdrücklich gestattet.
Sorge um Sicherheit von Computerdaten
„Wir kritisieren daher aufs Schärfste die Untersuchung der Daten“, so die Ver.di-Bezirksleiter. „Wenn bereits vage formulierte, nicht konkretisierte Missbrauchsvorwürfe ausreichen, um Daten zu sichern und auszuwerten, fürchten wir um die Sicherheit der Daten auf den Computern unserer Personalräte ... Die Tatsache, dass sich ein Kollege für eine dringend bessere Situation in der Pflege einsetzt, kann keine Begründung für einen Missbrauchsverdacht sein.“
Die Behördenleitung aber blieb hart – und schickte Hopfmann in der vergangenen Woche eine „Abmahnung wegen Missbrauchs der Arbeitszeit für die Erledigung privater Angelegenheit“. Er sei „wiederholt und über einen längeren Zeitraum unter missbräuchlicher Verwendung Ihrer Arbeitszeit“ für das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ und die Volksinitiative tätig gewesen, heißt es in der Abmahnung, die dem Abendblatt vorliegt. Diese seien aber seinem „privaten Lebensbereich zuzuordnen“.
Für die Linke ein Skandal
In dem Schreiben zählt die Behörde detailliert mit Datums- und Uhrzeitangabe auf, wann Hopfmann im Dezember 2017 auf dem Behördenrechner ein sechsseitiges Petitum für die Volksinitiative verfasst habe. Auch die dazugehörige Begründung habe er tagsüber in der Behörde geschrieben. Detailliert erwähnt werden auch „insgesamt 17 E-Mails“, die Hopfmann an Mitglieder des Pflegebündnisses geschickt habe. Wörtlich zitiert wird eine Mail vom 10. Oktober 2017, 13.41 Uhr, in der Hopfmann geschrieben habe: „Liebe Alle, ich habe meine Arbeitszeit mal sinnvoll genutzt. Hier ein Textentwurf für das Petitum einer Volksinitiative, wie gestern in der AG besprochen.“ Auch habe Hopfmann auf seinem Dienstaccount 26 Mails des Bündnisses empfangen und im Februar 2018 einen Artikel aus der Behördenbibliothek mit dem Behördenscanner eingescannt und ihn dann an andere Bündnismitglieder gemailt.
„Bei der Durchsuchung des Computers ohne die Nennung eines konkreten Verdachts handelt es sich um einen handfesten Skandal“, sagt Linken-Gesundheitspolitiker Deniz Celik. „Das demokratische Engagement des Mitarbeiters für eine bessere Pflege in den Krankenhäusern rechtfertigt in keinster Weise solch ein Vorgehen.“
Behörde: Durchsuchung wurde rechtlich geprüft
Pflegebündnis-Sprecher Christoph Kranich sagte: „Mit diesem Vorgang zeigt die Gesundheitsbehörde einmal mehr, wie unangenehm ihr unsere Forderungen offenbar sind. Wer die inhaltliche Diskussion vermeiden will, sucht formale Fehler. Vielleicht ist das passende Sprichwort ,Getroffene Hunde bellen‘“.
Behördensprecher Rico Schmidt verteidigte die Durchsuchung des Rechners. Zwar könne sich die Behörde nicht zu Personalangelegenheiten äußern, so Schmidt. „Sie können aber davon ausgehen, dass wir die Lage in solchen Fällen gewissenhaft rechtlich prüfen.“
Der Betroffene selbst will sich derzeit zwar auch nicht offiziell äußern. Er machte am Sonntag aber deutlich, dass er auf jeden Fall rechtlich gegen die Abmahnung vorgehen wolle.