Hamburg. Hamburger Versicherer steigert Beitragseinnahmen und Gewinn. Kunden können jetzt per Videochat ärztlichen Rat einholen.
Mit Erfolgsprämien für alle Mitarbeiter von 9656 Euro bei Porsche oder gar 11.000 Euro bei dem Motorölanbieter Liqui Moly kann der Hamburger Versicherer HanseMerkur zwar nicht mithalten. Aber für ein Unternehmen dieser vom Niedrigzinsumfeld geplagten Branche ist eine Sonderzahlung von 2222 Euro für jeden Beschäftigen durchaus beachtlich. Im Vorjahr hatte es einen Bonus von 2000 Euro gegeben.
Mit einem Wachstum der Beitragseinnahmen von 5,1 Prozent auf 1,97 Milliarden Euro im Jahr 2017 erreichte das Unternehmen allerdings auch ein deutlich größeres Plus als der Gesamtmarkt in Deutschland (1,7 Prozent). Weil das bisherige Mittelfristziel von 2,0 Milliarden Euro nach der Prognose des HanseMerkur-Vorstandschefs Eberhard Sautter bereits in diesem Jahr übertroffen wird, hat man nun eine neue Zielmarke aufgestellt: „Im Jahr 2025, zum Jubiläum des 150-jährigen Bestehens, wollen wir gern drei Milliarden Euro dort stehen haben.“
Allzeithoch von 354 Millionen Euro
Der Konzern hat aber nicht nur seit 2008 die Einnahmen mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum gelang es, die Brutto-Überschüsse auf ein Allzeithoch von nun 354 Millionen Euro ungefähr zu verdreifachen. Dabei kletterte der Jahresüberschuss nach Steuern im vorigen Jahr um 48,8 Prozent auf 82,3 Millionen Euro. Allerdings half dabei ein Sondereffekt mit: Die Nettoverzinsung der Kapitalanlagen sprang im Konzern wegen einer Bewertungsänderung um 39 Millionen Euro im Immobilienbestand von 4,1 Prozent auf 4,7 Prozent. Ohne diesen Effekt hätte die Nettoverzinsung den Angaben zufolge 4,3 Prozent betragen.
Den guten Zahlen zum Trotz sei 2017 „eigentlich ein schwieriges und anstrengendes Jahr“ gewesen, sagte Sautter. Bundestagswahljahre seien für den Konzern, dessen Hauptgeschäft die Private Krankenversicherung (PKV) ist, wegen der stets wiederkehrenden politischen Diskussion um die Zukunft des Gesundheitssystems nie einfach. Doch während die gesamte PKV-Branche 19.300 Kunden in der Vollversicherung verloren habe, gewann die HanseMerkur gegen den Trend gut 4400 Kunden hinzu. Aktuell hat sie in der Vollversicherung 249.000 Kunden sowie gut 1,2 Millionen Krankenzusatzversicherte.
Die falschen Debatten
In der Bundesrepublik führe man im Hinblick auf die Gesundheitspolitik „leider seit Jahren die falschen Debatten“, sagte Sautter: „Deutschland hat nach OECD-Standard eines der besten Gesundheitssysteme der Welt bei kürzesten Wartezeiten.“ Anstatt über eine noch weitere Verkürzung der Wartezeiten zu streiten, sollte es nach seiner Auffassung eher darum gehen, die rasanten Entwicklungen im Bereich Digitalisierung und künstlicher Intelligenz für bessere Diagnose- und Therapieverfahren verfügbar zu machen.
Im ersten Quartal hat das Unternehmen ergänzend zum bisherigen „Gesundheitstelefon“ das neue Angebot „Online-Arzt“ gestartet: Per Videochat können Kunden mit einem Facharzt sprechen, wobei aber keine Diagnose gestellt wird. Man wolle mit derartigen Formaten zunächst Erfahrungen sammeln, hieß es.
Vereinfachung von Geschäftsprozessen
Zwar nutze die HanseMerkur die Chancen der Digitalisierung auch zur Vereinfachung von Geschäftsprozessen, sagte Sautter. Man strebe aber keinen Personalabbau an. Im Jahr 2017 nahm die Mitarbeiterzahl in Hamburg um 61 auf 1397 Personen zu – und sie soll weiter steigen: „Wir erweitern gerade unser Mitarbeiterrestaurant um 80 Plätze.“ Auch die Beitragseinnahmen klettern weiter: Im ersten Quartal gab es ein Plus von 5,4 Prozent.