Hamburg. Senatsantwort dokumentiert, wie hoch der Anteil von Jungen und Mädchen mit Migrationshintergrund ist. Alle Schulen im Überblick.
Der Senat hat zum ersten Mal den Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund an allen allgemeinbildenden Schulen veröffentlicht. Das Abendblatt dokumentiert das Ergebnis aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des AfD-Bürgerschaftsfraktionschefs Alexander Wolf (Tabelle unten). Danach hatten im Schuljahr 2016/17 insgesamt 45,1 Prozent der Schüler an Grund-, Stadtteilschulen und Gymnasien einen Migrationshintergrund. Die Differenz zwischen den staatlichen Schulen mit 45,2 Prozent und den nichtstaatlichen mit 44,1 Prozent fällt ausgesprochen gering aus.
An Gymnasien ist der Anteil niedriger als an Grundschulen
Deutlicher unterschieden sind die Anteile je nach Schulform: An den staatlichen Grundschulen wurden 49,3 Prozent Kinder nicht-deutscher Herkunft gezählt, an den Stadtteilschulen war der Anteil mit 48 Prozent fast gleich hoch, während er an den Gymnasien lediglich 37,3 Prozent betrug. Bei den Privatschulen ergab sich eine andere Tendenz: Die Gymnasien wiesen mit 51 Prozent den höchsten Anteil auf, gefolgt von Grundschulen mit 47,7 Prozent und den Stadtteilschulen mit 38,3 Prozent.
Einen Migrationshintergrund hat ein Schüler nach der Definition, die auch beim Mikrozensus angewendet wird, wenn eines der vier folgenden Merkmale zutrifft: selbst nicht in Deutschland geboren, keine deutsche Staatsangehörigkeit, Vater oder Mutter nicht in Deutschland geboren oder Vater oder Mutter ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Die Herkunftsstaaten der Schülerinnen und Schüler werden von den Schulen statistisch nicht erfasst.
Den höchsten Migrationsanteil hatte die Stadtteilschule auf der Veddel mit 90,8 Prozent. An 65 Schulen lag der Anteil über 70 Prozent, an 21 Schulen über 80 Prozent. Andererseits: An nur elf Prozent der 191 staatlichen Grundschulen betrug der Wert weniger als 25 Prozent. Auch an den staatlichen Gymnasien sind die Zahlen sehr unterschiedlich: Den niedrigsten Anteil verzeichnete das Gymnasium Altona mit neun Prozent, den höchsten das Helmut-Schmidt-Gymnasium in Wilhelmsburg mit 83,2 Prozent. Die Privatschule mit dem höchsten Migrationsanteil war die Katholische Stadtteilschule Neugraben mit 85,3 Prozent.
AfD fordert Aufnahmestopp
„Wie kann an Schulen mit 70, 80 oder 90 Prozent Migranten Integration noch gelingen und wer integriert hier wen? Integration verkommt zur bloßen Worthülse“, sagt AfD-Politiker Wolf. Es gebe Schulen, „die bereits eine verfestigte Parallelkultur – zumeist die einer muslimisch geprägten – aufweisen und überdurchschnittlich oft in sozialen Brennpunkten liegen“. Ein „geregelter Unterricht“ sei nur schwer möglich, wenn Lehrer ihre Schüler überhaupt erst auf ein einheitliches Sprachniveau bringen müssten. „Zu Hause sprechen die Kinder häufig nicht Deutsch und auch auf Hamburgs Schulhöfen hört man immer häufiger Türkisch und Arabisch“, sagt Wolf. Probleme mit dem wachsenden Islamismus und muslimisch motiviertem Antisemitismus seien auf dem Vormarsch.
Der AfD-Politiker erinnert an den Appell des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, einen Aufnahmestopp von Flüchtlingen für Kommunen zu erlassen, wenn dort eine Überforderung drohe. „Das wäre auch ein Modell für Hamburg. Die Kapazitätsgrenzen zur Aufnahme weiterer Schüler sind längst erreicht, bzw. überschritten“, sagt Wolf.
Schulsenator kritisiert AfD-Darstellung
Schulsenator Ties Rabe (SPD) hält dagegen. „Die Definition von Migrationshintergrund ist so weit gefasst, dass ein großer Teil dieser Kinder von niemandem außer den Statistikern als Migrationskinder erkannt werden. Die allermeisten dieser Kinder sind voll integriert, sprechen gut Deutsch und verstehen sich selbst zu recht als Hamburger Kinder“, sagt der Senator.
Die AfD übersehe, dass sich die Wirklichkeit verändert habe. „So heißen zum Beispiel unsere Nachrichten-Moderatorinnen Linda Zervakis, Pinar Atalay oder Dunja Hayali. Sie alle machen unsere Welt reicher und besser. Ohne die knapp 50 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund wären Hamburgs Schulen leer und öde. Hamburg wäre eine schrumpfende Stadt, um deren Zukunft man sich Sorgen machen müsse“, sagt Rabe. Dass die Anteile der Kinder mit Migrationshintergrund von Schule zu Schule schwankten, sei „zwangsläufig und mathematisch logisch“. Rabe: „Schulen bilden damit die gesellschaftliche Wirklichkeit der Stadt und ihrer Stadtteile ab.“
Schwächere Lernleistungen der Migrationskinder
Dass die Schüler mit Migrationshintergrund auch an Hamburger Schulen im Schnitt schwächere Leistungen erzielen als ihre Mitschüler, ist wissenschaftlich erwiesen, dass deren Leistungen darunter litten, hingegen nicht. Während Hamburg beim Ländervergleich der Schülerleistungen der Neuntklässler im Jahr 2015 in Deutsch einen Mittelplatz und in Englisch einen vierten Platz belegt, landen die Hamburger Schüler ohne Migrationshintergrund allein in beiden Fächern auf Platz eins, nur in der Rechtschreibung auf Platz fünf.
„Unsere Aufgabe in den Schulen besteht darin, dass alle Schüler gleich welcher Herkunft gute Hamburger werden. Wer heute eine Hamburger Schule besucht, gleich wo sie steht, sieht, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagt Schulsenator Rabe.