Hamburg. Luftfahrtzulieferer Diehl entwickelt Waschraum mit Sensoren – eine der Neuheiten auf der Kabinenmesse Aircraft Interiors Expo.
Wer auf der Messe für Flugzeugkabinen nach spektakulären Beispielen für luxuriöses Fliegen sucht, wird sie auf der Aircraft Interiors Expo in Hamburg auch finden – so wie etwa eine rundum abgeschlossene Einzelsuite mit Designelementen der Mercedes-S-Klasse. Die Golfstaaten-Airline Emirates stattet derzeit die First-Class-Zone ihrer Boeing-777-Langstreckenjets damit aus. Doch in einem solchen Umfeld reist nur ein sehr kleiner Anteil der vier Milliarden Fluggäste, die jährlich rund um die Welt abheben.
Denn den meisten von ihnen setzt das Budget engere Grenzen. Und viele der Fluggesellschaften haben derzeit ohnehin eine andere Zielrichtung: die Steigerung der Effizienz. Da geht es unter anderem darum, durch intelligente Lösungen noch mehr Passagiere pro Flug als bisher transportieren zu können und die Abläufe beim Boarding zu beschleunigen. Das zeigt sich ganz deutlich auf der diesjährigen Aircraft Interiors Expo, der weltweit größten Messe für die Flugzeug-Innenausstattung.
Neue Produkte
Auch die Diehl-Gruppe, der führende deutsche Kabinen-Zulieferer, hat den Trend erkannt und reagiert mit neuen Produkten, die dazu passen. „Wir präsentieren auf unserem Stand auch eine Möglichkeit, mehr Gepäck mit in die Kabine nehmen zu können“, sagt Jörg Fuchte, Innovationsmanager bei Diehl. In Hamburg produziert das Unternehmen mit gut 1000 Beschäftigten allerdings vor allem Bordküchen und Flugzeugtoiletten.
Fuchte und sein Kollege Florian Zager-Rode haben ihren Arbeitsplatz allerdings nicht in einem der Werke. Die Schreibtische der beiden Entwicklungsingenieure stehen im neuen Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) auf Finkenwerder. Das ermöglicht kurze Wege zu Kabinenspezialisten des Kunden Airbus und des Entwicklungspartners Lufthansa Technik: „Man muss nur noch über den Flur gehen“, sagt Zager-Rode. Insgesamt zwölf Diehl-Beschäftigte arbeiten im ZAL.
Intuitive Handhabung
Eine der Innovationen, die das Unternehmen auf der Messe vorstellt, betrifft die Waschräume im Flugzeug: „Studien belegen, dass für die Passagiere die gefühlte Hygiene immer wichtiger wird“, sagt der Diehl-Ingenieur. Schon im Jahr 2016 zeigte Boeing ein Konzept für die Desinfektion des Toilettenraums mit keimtötendem UV-Licht, sobald der Fluggast den Raum verlassen hat. Das Team von Fuchte geht aber einen anderen Weg: „Die Vermeidung der Berührung hat im Hinblick auf die Hygiene den größten Effekt.“
Mittels einer Art von Bewegungsmeldern kann man den Waschraum betreten, den Toilettendeckel anheben, die Spülung betätigen, den Wasserhahn einschließlich der Temperaturregelung bedienen und den Raum wieder verlassen, ohne etwas angefasst zu haben. „Dabei arbeiten wir an ergonomisch sinnvollen Konzepten, die eine intuitive Handhabung erlauben, ohne dass der Passagier erst eine Anleitung lesen muss“, so Zager-Rode. Um Anregungen für eine möglichst einfache Bedienung von Kabinenelementen zu bekommen, hat das Diehl-Team sogar mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg und mit den Machern der Erlebnisausstellung „Dialog im Dunkeln“ zusammengearbeitet.
Anmutung von Magie
Bisher nutzt Zager-Rode für den berührungslosen Waschraum noch Infrarot-Sensoren, aber künftig will er eine andere Technologie einsetzen – welche das sein wird, verrät der Ingenieur jedoch noch nicht. Sein Ziel: „Wir wollen eine Anmutung von Magie bieten.“ In spätestens drei Jahren soll das Produkt marktreif sein.
Während Diehl in Hamburg die Bordküchen und -toiletten bisher zum allergrößten Teil für den Einbau in fabrikneue Jets fertigt, will der Konzern nach Angaben von Fuchte in Zukunft stärker vom wachsenden Geschäft mit Kabinennachrüstungen bei Gebrauchtflugzeugen profitieren. Schließlich bekommen Passagierflieger im Schnitt alle fünf bis sechs Jahre eine neue Innenausstattung.
Mehr Sitze in die Kabine einbauen
Lufthansa Technik hat sich auf diesem Markt längst etabliert. Dabei geht das Hamburger Unternehmen auch auf den Wunsch der Airlines nach immer größerer Flexibilität ein: Man will den Fluggastraum je nach Einsatzzweck ohne großen Aufwand umgestalten können. Auf der Aircraft Interiors stellt Lufthansa Technik daher nun sogar ein Kabinenleasing-Angebot vor.
Airlines können so eine neue Innenausstattung für ihre Jets mieten, die bisherigen Sitze und anderen Einbauten werden eingelagert. Das ist vor allem für geleaste Flugzeuge interessant, die nach Ablauf der Vertragsdauer wieder im Originalzustand an den Eigentümer zurückgegeben werden müssen. Im ersten Schritt bietet Lufthansa Technik den Service für Sitze der Economy-Klasse an, später soll er auf andere Kabinenelemente und auf alle Buchungsklassen ausgeweitet werden.
Gleichzeitig bedient das Unternehmen mit dem neuen Produkt einen weiteren Trend: Bei angeblich gleichbleibendem Passagierkomfort kann man mehr Sitze in die Kabine einbauen, bei einem Airbus A320 beispielsweise 180 anstelle von 174 Plätzen.