Hamburg. Hamburgs Ehrenbürger bleibt bis 2023 Chef des Hamburg Balletts – und stünde dann ein halbes Jahrhundert an der Spitze.
Nun ist es also amtlich. John Neumeier, Chef des Hamburg Balletts seit 1973, wird auch nach 2019 die Geschicke der Erfolgscompagnie leiten. Sein Vertrag wurde am Montag offiziell um weitere vier Jahre bis 2023 verlängert. Zum Vertragsende wird Neumeier ein halbes Jahrhundert lang an der Spitze des Hamburg Balletts stehen.
Anlässlich der Vertragsunterzeichnung im Hamburger Rathaus zeigte sich Kultursenator Carsten Brosda „froh“ über diese Entscheidung. „Da brennt noch kreatives Feuer. Ich glaube, wir werden noch viel Freude miteinander haben.“ Man wolle die kommenden Jahre nutzen, um gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln. Das sei für die Staatsoper ebenfalls eine gute Nachricht, die ja auch deshalb kein Sorgenkind sei, weil das Hamburg Ballett stets ein volles Haus garantiere.
Die Compagnie als „Aushängeschild von Hamburg in der Welt“
Die Compagnie soll gestärkt werden, insbesondere wegen der zahlreichen Gastspiele. Sie sei ein „Aushängeschild von Hamburg in der Welt“. Dafür werden drei zusätzliche Stellen für Tänzerinnen und Tänzer geschaffen, finanziert aus den bereits vereinbarten Erhöhungen in der Zuwendung der Stadt und aus Rücklagen des Balletts. Auch die Zukunft des Bundesjugendballetts soll demnächst in Berlin als Bundesangelegenheit institutionell dauerhaft gesichert werden.
„Ein Choreograf ist ein kreativer Künstler. Wenn man begnadet ist, hört man nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt auf“, sagte ein ebenfalls zufriedener John Neumeier. Die Frage, ob er lieber freie Aufträge für die Pariser Oper oder das Moskauer Bolschoi-Ballett annehmen würde oder weiterhin das Gewicht einer Compagnie auf den Schultern tragen wolle, hätte sich für ihn schon gestellt. „Ich denke an das Hamburg Ballett nicht als lokales Hamburger Ballett, sondern als Exportkunstartikel Hamburgs.“ Partner von Wien bis Japan hätten Sorge über die Zukunft geäußert. Wenn ihm nichts mehr einfalle, stünde sein Stellvertreter, Ballettdirektor Lloyd Riggins, bereit, die Dinge künstlerisch-organisatorisch zu übernehmen. Neumeier betonte: „Ich habe die Stadt nicht unter Druck gesetzt. Ich will diese Compagnie weiterführen. Ich will, dass wir noch mehr Gastspielreisen unternehmen, dass der Name Hamburg über die Kunst durch die Welt geht.“
Es bleibt also erst einmal alles beim Alten
Allerdings sind damit auch wichtige Fragen weiter ungelöst beziehungsweise wurden vertagt. Zum einen ist derzeit nicht geregelt, wie das Lebenswerk John Neumeiers langfristig in Hamburg bewahrt werden kann. Die Stiftung John Neumeier dokumentiert die Geschichte von Tanz und Ballett durch Wort und Bild und verbindet sie mit dem Werkverzeichnis Neumeiers. Ziel ist, dass die Sammlung und das Lebenswerk Neumeiers für die Stadt Hamburg gesichert und öffentlich zugänglich gemacht werden. Darüber will man nun gemeinsam Gespräche führen, um dieses Vorhaben in den nächsten Jahren umzusetzen.
Des Weiteren ist das Thema der Zukunft des Hamburg Balletts weiterhin offen. „Wenn ich mit Ende 50 so fit bin wie John Neumeier jetzt, dann bin ich ein glücklicher Mensch“, so Carsten Brosda (43). Gleichzeitig räumte der Senator ein, dass sich mit der Frage eines Hamburg Balletts nach John Neumeier noch niemand so wirklich auseinandergesetzt habe.
Eine Nachfolge Neumeiers ist noch völlig offen
Einen offiziellen Thronfolger gibt es nicht. Auch wenn Neumeier seit 2015 sein ehemaliger Erster Solist und Ballettmeister Lloyd Riggins als Stellvertreter zur Seite steht und er ihn selbst als Nachfolger ins Spiel gebracht hat. Die Entscheidung darüber fällt aber zu gegebener Zeit im Aufsichtsrat. Auch wenn Neumeier erneut deutlich machte, dass er gerne in den Prozess einbezogen werden würde. Brosda äußerte immerhin Überlegungen, „das Visier breit aufzuziehen“, und weltweit nach einer herausragenden künstlerischen Persönlichkeit suchen zu wollen. Die Entscheidung werde in der Behörde und auch mit externem Sachverstand intensiv vorbereitet. „Es ist immer gut, wenn dann auch Künstler dabei sind, die bereits in der Compagnie wirken.“
Das klingt nun alles eher nicht nach einem künftigen Hamburg-Ballett-Chef Lloyd Riggins. Er ist der Mann für alle Fälle, der in einer möglichen Übergangszeit eine sichere Struktur und Kontinuität garantiert. „Das Hamburg Ballett ist eine der besten Compagnien der Welt. Mit diesem Schatz werden wir behutsam umgehen“, versprach der Kultursenator.
Die kommenden Jahre werden also entscheidende sein. Da könnte es vielleicht nicht schaden, auch anderen internationalen Choreografen die Zusammenarbeit mit dem Hamburg Ballett zu ermöglichen.