Hamburg. Zu der Gegenkundgebung hatten SPD, Grüne und Linke aufgerufen. Lediglich 310 Personen kamen zur “Merkel muss weg“-Demo.
Mit einem kilometerlangen Protestzug durch die Innenstadt haben am Montagabend rund 1500 Menschen gegen Rassismus und Faschismus demonstriert. Aufgerufen hatte dazu das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“. Prominente Redner sprachen bei Kundgebungen auf dem Jungfernstieg, dem Gänsemarkt und in der Nähe des Dammtor-Bahnhofs, darunter der Vereinspräsident des FC St. Pauli, Oke Göttlich, und der Schauspieler Rolf Becker.
Diese Orte waren Etappen auf dem Weg zum eigentlichen Ziel des Marsches unter dem Motto „Aufstehen gegen Nazis und Rassisten“: der Dammtor-Bahnhof mit dem Dag-Hammerskjöld-Platz. Denn dort treffen sich seit Februar jeden Montag Anhänger der Pegida-Bewegung – so auch am Montagabend.
Polizei schützte Dammtorbahnhof mit Großaufgebot
Unter dem Slogan „Merkel muss weg!“ waren es nach Polizeiangaben rund 310 Teilnehmer. Der gesamte Dammtorbahnhof war mit einem Großaufgebot der Polizei geschützt. Gegen 19 Uhr trafen genau dort die Teilnehmer der antifaschistischen Protestaktion ein. Beide Blöcke wurden durch Sperren, Wasserwerfer und zahlreiche Polizisten voneinander getrennt. Beide Demonstrationen seien nahezu störungsfrei verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin. An der Ecke Bundesstraße/Verbindungsbahn sei kurzzeitig die Fahrbahn blockiert worden, wie bei den vorherigen Montags-Versammlungen hätten Gegendemonstranten – erfolglos – versucht, zur Anti-Merkel-Demonstration auf den Dag-Hammarskjöld-Platz zu gelangen. Nach Ende der Versammlung um 20 Uhr verließen die Merkel-Gegner am Dammtor die Demo-Zone mit der Bahn. 720 Beamte der Landes- und Bundespolizei waren im Einsatz.
Leitartikel: Die Lehren aus Weimar
Es war gegen 17.30 Uhr, als ein alter Lastkraftwagen auf die Mönckebergstraße fuhr. Der Fahrer stieg aus – und ein Polizist aus dem „Kommunikationsteam“ rümpfte die Nase: „Bestimmt ein Diesel.“ Der Lkw war mit leistungsstarken Lautsprechern ausgestattet und sollte wenig später den Protest gegen Rechts anführen. Mehr als 100 Initiativen, Organisationen und Verbände unterstützten diesmal die Montagsdemonstration. Neben den Gewerkschaften, SPD, Grünen und Linken bekundete auch die evangelische Kirche ihre Solidarität. Vorwiegend junge Leute zogen mit Transparenten über den Jungfernstieg. Darauf standen unter anderem „Nazis keinen Meter. Hamburg ist bunt“ und „Für eine solidarische Gesellschaft“. Unter starkem Beifall der Demonstranten sagte St. Pauli-Präsident Oke Göttlich: „Wir wollen den Vorgestrigen keinen Platz in der Stadt überlassen – weder Pegida noch Hooligans.“
Viel Beifall für Pröpstin Isa Lübbers
Die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Antje Möller rief den Demonstranten zu: „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wir wollen die Freiheit der Religionen und die Gleichheit der Geschlechter.“ Unter den Gutbürgern auf der Anti-Merkel-Demo seien Neonazis. Deshalb gelte es, den Anfängen zu wehren. „Wir müssen aufpassen, in welchen Kleidern heute die Nazis auftreten.“
Viel Beifall bekam die Pröpstin im Kirchenkreis Hamburg-Ost, Isa Lübbers. Auch ihre Ansprache wurde von den Lautsprechern des Diesel-Lkw auf den Jungfernstieg übertragen. „Nicht Merkel muss weg, sondern Menschenverachtung muss weg.“ Hass dürfe nicht mit Hass und Gewalt nicht mit Gewalt beantwortet werden. „Unser Protest sollte den diffusen Parolen mit Fakten begegnen.“ Auf dem Gänsemarkt ergriff schließlich Faruk Arslan das Wort. Er ist Überlebender des ausländerfeindlichen Brandanschlags in Mölln im Jahr 1992. Dabei kamen seine Mutter, Tochter und Nichte ums Leben. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Menschlichkeit „werden wir immer wieder auf die Straße gehen“, sagte er. Was ihm damals geholfen habe, sei die starke Solidarität der Menschen gewesen. „Die größte Kraft sind Eure Herzen“, rief er den Demonstranten zu. Rassismus dürfe keinen Platz in Deutschland haben.
Initiatorin der Anti-Merkel-Demos zog mit rosa Plakat umher
Ganz andere Töne schlugen die Teilnehmer der „Merkel-muss-weg“-Demonstration an. Sie skandierten laut: „Ganz Hamburg hasst die Antifa!“ Die Veranstalter kündeten weitere Montags-Demonstrationen an.
Eine Woche zuvor hatte dort Matthias Mattusek, Ex-Publizist von „Spiegel“ und „Welt“ auf einer Bierkiste am Dammtor-Bahnhof gestanden und gesagt: „Wir wollen keine Islamisierung Deutschlands.“ Anti-Merkel-Demonstrationen gibt es seit Februar in der Hansestadt. Initiatorin war Uta Ogilvie. Sie zog vor einigen Wochen mit dem rosa Plakat über den Jungfernstieg. Darauf stand: „Merkel muss weg.“