Hamburg. Für einen 15-jährigen Kredit werden in Hamburg schon mehr als zwei Prozent gezahlt. Und der Anstieg dürfte anhalten.

Wer es bis jetzt noch nicht in die eigenen vier Wände geschafft hat, für den wird es in den nächsten Monaten deutlich schwieriger. Das liegt nicht nur an den stetig steigenden Immobilienpreisen. Inflationsbereinigt zogen die Preise für Eigentumswohnungen aus dem Bestand im vergangenen Jahr in der Hansestadt nach einer Postbank-Studie erneut um knapp sieben Prozent an. Über 4200 Euro müssen inzwischen für einen Quadratmeter Wohnfläche bezahlt werden. Bisher konnten sich Immobilienkäufer damit trösten, dass steigende Preise von sinkenden Zinsen kompensiert wurden. Damit ist es nun aber vorbei. „Die Zinswende ist eingeläutet“, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung dem Abendblatt.

Lange sah es auch danach aus, dass beim Blick auf die Zinsen für Immobilienkäufer keine Gefahr droht. Zwar gab es seit dem Tiefpunkt der Zinsentwicklung im Herbst 2016 häufiger leichte Anstiege, aber anschließend sanken die Konditionen auch wieder (siehe Grafik).

„Eine Trendwende ist oftmals nicht zu dem Zeitpunkt erkennbar, an dem sie eingeleitet wird“, sagt Mirjam Mohr, Vorstand des Baugeldvermittlers Interhyp. Doch trotz eines ständigen Auf und Ab der Konditionen zeigt sich jetzt das Ausmaß: Seit rund eineinhalb Jahren sind die Zinsen für zehnjährige Hypothekendarlehen bundesweit um 46 Prozent gestiegen.

Dramatische Entwicklung

Die längere Zinsbindung mit 15 Jahren hat sich um 29 Prozent verteuert, wie aus Daten der FMH-Finanzberatung hervorgeht. So kletterten die Zinsen für eine zehnjährige Finanzierung von 1,03 Prozent im Oktober 2016 auf aktuell 1,50 Prozent. Was wegen des niedrigen Niveaus nach wenig aussieht, macht einen Kredit über 350.000 Euro (bei zwei Prozent Tilgung) über die gesamte Laufzeit um immerhin knapp 17.000 Euro teurer.

Besonders dramatisch verlief die Entwicklung in den ersten Wochen des Jahres 2018. Die zehnjährigen Baugeldkonditionen bei acht Hamburger Banken, darunter der Hamburger Sparkasse oder der Hamburger Volksbank, kletterten um elf Prozent. Im Schnitt muss der Kreditnehmer jetzt einen Effektivzins von 1,44 Prozent bezahlen, wie aus einer Konditionsübersicht der Verbraucherzentrale Hamburg hervorgeht. So stiegen die Zinsen bei der Sparkasse Harburg-Buxtehude von 1,59 Prozent auf 1,75 Prozent. Bei der Haspa verteuerte sich zehnjähriges Baugeld von 1,45 Prozent auf 1,60 Prozent. In der Spitze müssen in Hamburg 1,80 Prozent Zinsen bezahlt werden. Eine 15-Jährige Zinsbindung kostet teilweise schon mehr als zwei Prozent Zinsen.

Experte Herbst rechnet mit einem weiteren Zinsanstieg in diesem Jahr. Die Europäische Zen­tralbank (EZB) hat den Aufkauf von Staats- und Unternehmensanleihen etwas gedrosselt. In den USA wird in diesem Jahr mit drei Zinserhöhungen durch die US-Notenbank gerechnet. „Steigende Zinsen in den USA werden Anlagen dort attraktiver machen“, sagt Herbst. Folglich fließt Geld aus Europa dorthin, dadurch steigen hier die Zinsen. „Auch mit Blick auf die anziehende Preissteigerungsrate in Europa ist Baugeld eigentlich zu billig“, sagt Herbst.

Banken reden Gefahr klein

Entscheidend für die Entwicklung der Baugeldzinsen ist, wie sich Pfandbriefe, mit denen sich Banken refinanzieren, und die zehnjährigen Bundesanleihen, die das langfristige Zinsniveau vorgeben, entwickeln. Auch hier gibt es klare Aufwärtstendenzen. „Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen haben sich seit Jahresbeginn 2018 verdoppelt“, sagt Mohr. Aktuell liegen sie bereits bei 0,60 Prozent. Für eine zehnjährige Zinsbindung rechnet der Experte bis zum Jahresende mit knapp über zwei Prozent. Aktuell liegen die Zinsen in Hamburg hier im Schnitt bei 1,44 Prozent. Ein Anstieg auf 2,50 Prozent ist im Jahresverlauf für eine 15-jährige Zinsfestschreibung zu erwarten, so Herbst. Im Schnitt werden jetzt in Hamburg 1,85 Prozent verlangt.

Ein Zinsanstieg wird sich auch auf die Immobilienpreise auswirken. Das Immobilienportal Immowelt hat die Konsequenzen für 14 Großstädte untersucht. Danach würden die Kaufpreise in Hamburg ab einem Zinssatz von 3,08 Prozent stagnieren. Ab einem Zinssatz von zwei Prozent für Wohnbaukredite verlangsamt sich der Preisanstieg lediglich. Da dieses Niveau bald erreicht ist, dürfte ein Durchschnittspreis von mehr als 5000 Euro pro Quadratmeter bei Eigentumswohnungen bis zum Jahr 2020 nicht mehr erreicht werden, wie das bei konstantem Zinsniveau der Fall wäre. Bleiben die Zinsen bei zwei Prozent, so sollen die Preise in Hamburg bis 2020 noch um 18 Prozent auf 4790 Euro je Quadratmeter steigen.

Noch reagieren potenzielle Immobilienkäufer gelassen auf die steigenden Finanzierungskosten. „Wir spüren noch keine Veränderungen bei den Kreditnehmern“, sagt André Janke, Baufinanzierungsexperte bei der Hamburger Sparkasse. Das Geschäft laufe auf Vorjahresniveau. Die Banken reden die Gefahr steigender Zinsen ohnehin klein. Denn Baufinanzierung ist jener Bereich der Geldinstitute, der gut läuft, und steigende Zinsen würden auch diese Ertragsquelle mit niedrigen, aber langfristigen Erträgen versiegen lassen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg warnt davor, sich wegen steigender Zinsen übereilt in eine Finanzierung zu stürzen. „Es ist wichtiger, dass der Kredit auf die persönlichen Erfordernisse ausgerichtet ist, als dass man einige Basispunkte mehr Zinsen zahlen muss“, sagt Alexander Krolzik, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale. „Wir raten insbesondere bei hohen Kreditbeträgen zu 15 oder 20 Jahren Zinsbindung.“ Die monatliche Belastung sollte 40 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts nicht übersteigen“, rät der Experte. Dabei müssen aber auch die Nebenkosten für die Immobilie mit einbezogen werden.

Nicht nur die Höhe der Zinsen sollte man bedenken

Eine lange Zinsbindung bringt Sicherheit bei der Planung der monatlichen Belastung, und nach eineinhalb Jahrzehnten ist wenigstens schon ein Drittel der Schulden abbezahlt, wenn man mit zwei Prozent tilgt. Nach zehn Jahren ist ein vorzeitiger Ausstieg aus der Zinsbindung möglich, falls bis dahin die Konditionen noch günstiger geworden sein sollten oder die Immobilie verkauft wird. Wichtig sei, dass im Kreditvertrag Sondertilgungen möglich sind, rät Krolzik. So können Zusatzzahlungen wie Weihnachtsgeld genutzt werden, um die Schulden schneller abzutragen. Nicht vergessen werden sollte, KfW-Förderdarlehen in die Finanzierung einzubeziehen. Es gibt also viel mehr zu bedenken als nur die Höhe des Zinses.