Hamburg. Gilla Cremers Theater Unikate feiert mit einem Festival in den Hamburger Kammerspielen sein 30-jähriges Bestehen.
In der freien Theaterszene Hamburgs, das muss man wohl so sehen, ist Gilla Cremer ein Solitär. Ein Sonderfall, aber eben auch: ein Glücksfall. Das von ihr gegründete (und verkörperte) Theater Unikate ist einerseits ein bemerkenswertes Ein-Frau-Unternehmen und sucht sich andererseits doch immer Verbündete und künstlerische Komplizen, ohne die ihre zahlreichen Inszenierungen nicht denkbar wären.
Am morgigen Freitag feiert das Theater Unikate sein 30-jähriges Bestehen mit einem Festakt in den Hamburger Kammerspielen, „Halbzeit“ hat Cremer die Gala zum Jubiläum keck genannt. Es ist der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Vorstellungen und Wiederaufnahmen, die einen Querschnitt ihres Schaffens zeigen und einen Einblick ermöglichen in die eindrückliche Arbeit einer Künstlerin, die nicht „nur“ Schauspielerin ist, sondern auch Stückentwicklerin.
„Hafen gefunden“
Es sind Monologe, die Gilla Cremer im Repertoire hat, eigene Bühnensoli, zum Teil basierend auf literarischen Vorlagen (wie „Meeresrand“ nach dem Roman von Véronique Olmi), zum Teil ganz bewusst aus einem Thema heraus erarbeitet (wie zum Beispiel „Die Kommandeuse“ über die Frau eines KZ-Kommandanten). Gilla Cremer, Jahrgang 1956, macht es sich nicht leicht – und ihr Publikum damit oft umso glücklicher.
An den Kammerspielen hat Cremer, die ihre Stücke auch am Thalia und am St. Pauli Theater erarbeitete, zuletzt ihren „Hafen gefunden“, wie sie es selbst nennt. Hier kamen die Produktionen „Mobbing“, „An allen Fronten“, „Die Dinge meiner Eltern“ und zuletzt „#Freundschaft“ heraus. Zusätzlich gibt sie bundesweit zwischen 50 und 60 Gastspiele im Jahr. Zu ihren Lieblingsbühnen, von denen sie regelmäßig „eingekauft“ wird, gehören die Theater in Puttbus, Lindau und Fulda. „Schauspiel hat es zunehmend schwerer“, hat Cremer jedoch unterwegs beobachten müssen, die Bühnen setzten immer mehr auf Musiktheater und Comedy.
Nie Cremers Traum, als Solistin zu arbeiten
Ein ganzes Jahr arbeitet Gilla Cremer an jedem ihrer Stücke, bevor sie Premiere feiern. Das ist Aufwand, also Luxus für eine Freischaffende, aber anders kann und will Gilla Cremer es nicht: „Ich nehme mir diese Zeit bewusst. Jedes Stück ist wie ein kleines Studium.“ Dabei sei es nie ihr Traum gewesen, als Solistin zu arbeiten. „Ich bin eigentlich eher ein Gruppenmensch.“ Aber eben auch jemand mit einer klaren künstlerischen Haltung und Vision.
Schon sie über ihre Stücke nur erzählen zu hören ist wunderbar, da Gilla Cremer eine große Leidenschaft, ja fast schon Zärtlichkeit für die verhandelten Themen zeigt. „Dinge meiner Eltern“, das so bewegend wie bitterhumorig den Abschied thematisiert und zu nicht gestellten Fragen animiert, ist unter den vielen unterschiedlichen Produktionen das „Herzensstück“ der Schauspielerin: „Das zu schreiben hat mich fast um den Verstand gebracht“, gesteht sie. Es steht nun wie die anderen Arbeiten in einer Art Gilla-Cremer-Festival erneut auf dem Spielplan. So wie auch der famose Hildegard-Knef-Abend „So oder so“ – eine Liebeserklärung an die Knef und Gilla Cremers 200. Vorstellung in dieser Rolle.