Hamburg.

Eine Wohlstandsfamilie wird vorgeführt. Tolle Wohnung, zwei Autos, zweimal Urlaub im Jahr, die Kinder werden mit Geschenken überhäuft wie früher die Teilnehmer in der Fernsehshow „Am laufenden Band“.

Der Dramatiker Philipp Löhle präsentiert in seinem gleichnamigen Stück ein „Schlaraffenland“, in dem Konsumgüter im Überfluss vorhanden sind. Das Leben in Saus und Braus funktioniert, bis die Mauer sich als dünne Pappmaché-Wand erweist und ein Mann in den Raum stürzt. „Das ist ein Unfall“, stammelt er. Offensichtlich gibt es draußen eine zweite Welt mit Menschen, die diesen Wohlstand und Überfluss möglich machen – wie in Peter Weirs Film „Die Truman Show“. Der Sohn (Jacob Matschenz) fängt nach diesem „Einbruch“ an, sich Fragen zu stellen. Wo kommen die Eier im Kühlschrank eigentlich her? Wo werden die T-Shirts gefertigt? Wer diktiert die Preise? Nach diesem „Erweckungserlebnis“ will er etwas ändern und gegen die Gleichgültigkeit des Denkens angehen. Am Ende sitzt er mit einer Sprengstoffweste auf einem Stuhl. Doch der Zünder wird abgeschaltet, das Ganze entpuppt sich als Märchen – wie Hans Sachs’ „Schlaraffenland“.

Was Löhle mit seinem Stück, einer Auftragsarbeit des Theaters Basel, vielleicht als humorvolle Kapitalismuskritik im Sinn hatte, zeigt sich bei der deutschen Erstaufführung in den Hamburger Kammerspielen als eine öde Aneinanderreihung von Klischees. Jeder, der einigermaßen aufmerksam Zeitung liest oder Nachrichten verfolgt, kennt die Diskussionen über die Wirkung medialer Bilder, über die Ausbeutung der sogenannten Dritten Welt und die Überflussgesellschaft. Löhle versucht in seinem Stück noch einmal, die Welt zu erklären. „Wir sind Zombies, wir wissen es, und es interessiert uns nicht“, klagt der Sohn. Regisseur Henning Bock lässt ihn nach seinem „Erweckungserlebnis“ in schwarzer Kluft und mit einer Sturmhaube im Autonomen-Outfit auftreten und benutzt seinerseits ebenfalls ein allzu offensichtliches Stereotyp.

Die sechs Schauspieler geben sich alle Mühe, aus der Vorlage ein temporeiches Spiel entstehen zu lassen, doch der Text ist zu platt, die Fakten sind zu bekannt, um Spannung zu erzeugen oder zum Nachdenken anzuregen. Schade, denn das Thema „Wohlstandsgesellschaft“ bietet genug aktuellen Stoff für einen dramatischen Abend.

„Schlaraffenland“ 6.10.–11.11., Kammerspiele, Karten zu 22,- bis 44,- unter T. 413 34 40; www.hamburger-kammerspiele.de