Hamburg. Makler suchen für zahlreiche Flächen neue Mieter. Vor allem größere Geschäfte sind schwer zu vermieten.
Immer mehr Leerstand in der Hamburger Innenstadt: Die ABC-Straße gehört zu den feinen Adressen in der City. Doch offensichtlich gibt es zu wenig Kunden, die hier einkaufen: Jetzt hat die Edelboutique Wunderkind geschlossen. Der goldene Namenszug wurde bereits von der Fassade des weißen Altbaus entfernt.
Das Modelabel hatte Designer Wolfgang Joop gegründet und zur Eröffnung des Geschäfts im Mai 2015 schaute der heute 73-Jährige persönlich vorbei. Die Marke hat Wunderkind-Geschäftsführer Peter Kappler im vergangenen Jahr von Joop übernommen. Inzwischen wurden auch die Geschäfte in Berlin und München geschlossen. Im Norden ist das Label noch in Kampen auf der Insel Sylt mit einem Laden vertreten. Auf eine Abendblatt-Anfrage, reagierte das Unternehmen nicht. Für das Geschäft an der ABC-Straße gibt es einen Nachfolger: Die italienische Edelschuhmarke Hogan wird auf der rund 60 Quadratmeter großen Fläche eröffnen.
An den Hohen Bleichen ist Vapiano ausgezogen
Doch nicht nur Wunderkind hat das Quartier verlassen. Es stehen inzwischen in der Nachbarschaft zahlreiche Flächen leer: An den Hohen Bleichen ist die Restaurantkette Vapiano ausgezogen und direkt daneben der Elektrogeräteanbieter Buddenhagen. Ein Mitarbeiter sagte dem Abendblatt: „Wir hatten bessere Umsätze erwartet. Es fehlte die Laufkundschaft.“ Dem Vernehmen nach soll es noch keine Nachmieter für die Flächen geben.
Auch die Modekette Esprit an der Gerhofstraße hat inzwischen aufgegeben. Nach Abendblatt-Informationen wird außerdem der Jeansladen Diesel seinen Shop an der Poststraße zum Jahresende schließen.
Am Neuen Wall stehen zahlreiche Flächen leer
Für Branchenexperte Mario Litta, Teamleiter Einzelhandelsvermietung beim Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL), spiegelt das die Marktlage wieder: „Bei den Objekten die aufgegeben werden, handelt es sich meist um größere Flächen mit mehreren Hundert Quadratmetern. Das ist jedoch nicht mehr zeitgemäß, weil auch große Ketten inzwischen mehr auf kleinere Flächen setzen. Deshalb ist auch der Wunderkind-Store sofort weitervermietet worden.“ Deshalb sei den Vermietern zu empfehlen, größere Flächen zu mehreren Läden aufzuteilen, so Litta. Das wäre auch eine Maßnahme für den Neuen Wall. Hier stehen zahlreiche Flächen leer beziehungsweise werden temporär durch Pop-up-Stores genutzt.
Citymanagerin Brigitte Engler sagte: „Das Mietverhalten hat sich im Vergleich zur Vergangenheit geändert. Es wird eine Tendenz zu kurzfristigen Laufzeiten von Mietverträgen beobachtet. Dieses kann auch temporär zu Leerständen führen.“
Allianz verhandelt weiter über Hanse-Viertel-Verkauf
Mit Leerständen und einer hohen Fluktuation hat auch das Hanse-Viertel zu kämpfen. Außerdem müsste die einstige Vorzeigeeinkaufspassage dringend modernisiert werden.
Unter strengster Geheimhaltung führt die Allianz Lebensversicherungs-AG als Eigentümer Gespräche über einen Verkauf des Gebäudekomplexes, zu dem auch Büros, Wohnungen sowie das Renaissance Hotel gehören (wir berichteten). Im Januar dieses Jahres wurde bekannt, dass das Hanse-Viertel unter Denkmalschutz gestellt wurde. Das soll dazu geführt haben, dass die ursprünglichen Hamburger Kaufinteressenten abgesprungen sind. Denn ein Abriss in der Eins-a-Lage und eine neue Projektentwicklung sind jetzt nicht mehr möglich.
Angebot an Einzelhandelsflächen wird ausgebaut
Jetzt werde die Allianz nach und nach Gespräche mit den verbleibenden Kaufinteressenten führen. Die Investoren pokerten, und die Allianz stelle Bedingungen, so ein Insider.
Auch wenn die Leerstände in der Innenstadt nicht mehr zu übersehen sind, wird das Angebot an Einzelhandelsflächen in Zukunft noch deutlich ausgebaut: In den Stadthöfen an der Stadthausbrücke entstehen etwa 40 neue Flächen für Einzelhandel und Gastronomie, die ab dem zweiten Halbjahr 2018 nach und nach eröffnet werden sollen. Allerdings sind noch nicht alle vermietet. Auch am Alten Wall entstehen rund 10.000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen. Im Frühjahr 2019 sollen die ersten Geschäfte hinter den historischen Mauern eröffnet werden.
Doch in der Innenstadt gibt es noch eine andere Sorge – die Konkurrenz durch die Unibail-Rodamco Projektentwicklung in der HafenCity. Im südlichen Überseequartier soll 2021 ein Einkaufsquartier mit rund 200 Läden eröffnen.