Hamburg . Laut Umfrage machen sich die Bürger auch um Zuwanderung, Sicherheit, Kitas, Schulen und Verkehr Sorgen.
In der SPD hat man zwar seit Monaten versucht, das Thema als abgearbeitet oder nicht mehr so wichtig abzutun. Nun aber belegt eine Umfrage der „Zeit“, dass den Hamburger Bürgern das Sicherheitsdebakel rund um den G20-Gipfel im Juli 2017 bis heute in den Knochen steckt. „Hat Olaf Scholz bei Ihnen persönlich durch sein Verhalten rund um den G20-Gipfel an Vertrauen verloren?“, wollte das Institut „Policy Matters“ von den Hamburgern wissen. 53 Prozent der Befragten antworteten mit Ja, nur 33 Prozent verneinten die Frage – der Rest legte sich nicht fest. Das macht deutlich, dass das Agieren des Bürgermeisters vor, beim und nach dem G20-Gipfel ihn massiv an Glaubwürdigkeit bei den Hamburgern gekostet hat.
Das derzeit zentrale Thema ist für die Hamburger allerdings das bezahlbare Wohnen. Auf die Frage nach den wichtigsten politischen Problemen aus der Sicht der Bürger nennen 64 Prozent „Bezahlbares Wohnen“. Das zeigt, dass Scholz und die SPD mit ihrem Wohnungsbauprogramm seit 2011 voll auf das für die Menschen wichtigste Thema gesetzt haben. Zugleich belegt es aber auch, dass das Problem der steigenden Mieten in den Augen der Hamburger nicht ansatzweise gelöst ist.
Die SPD käme in Hamburg nur noch auf 28 Prozent
Als weitere wichtige „Probleme“ entschieden sich die befragten Hamburger für die Stichworte Flüchtlinge/Ausländer (27 Prozent), Kriminalität/innere Sicherheit (25 Prozent), Schulen/Kitas (20 Prozent) und die Verkehrssituation (18 Prozent).
Insgesamt hatte die Umfrage, wie berichtet, einen massiven Einbruch der SPD in der Gunst der Hamburger Wähler gezeigt. Die Partei käme jetzt nur noch auf 28 Prozent – ihr historisch schlechtestes Ergebnis und gut 20 Prozent weniger als 2011. Vom Niedergang der SPD und ihres Bürgermeisters profitieren alle anderen Bürgerschaftsparteien. Die CDU käme gegenüber ihrem historisch schlechtesten Wahlergebnis von 15,9 Prozent bei der Wahl 2015 jetzt auf 22 Prozent. Die Linke würde von 8,5 Prozent auf 14 Prozent wachsen, die AfD von 6,1 auf zehn Prozent. Die FDP legt nur leicht von 7,4 auf acht Prozent zu. Und die seit 2015 mitregierenden Grünen gewinnen ebenfalls und steigen von 12,3 Prozent bei der Bürgerschaftswahl auf jetzt 15 Prozent.
Die einstigen Volksparteien werden immer schwächer
Damit zeigt sich auch in Hamburg ein bundesweit zu beobachtender Prozess: Die einstigen Volksparteien werden immer schwächer, die Ränder des demokratischen Spektrums dagegen stärker. Nach dieser Umfrage würde es in Hamburg nur noch sehr knapp für eine Große Koalition reichen (zusammen 50 Prozent). Eine ebenfalls nur knappe Mehrheit gäbe es für eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP (51 Prozent). Auf die klarste Regierungsmehrheit käme laut der Umfrage ein rot-rot-grünes Bündnis aus SPD, Grünen und Linken (57 Prozent). Schwarz-Gelb, Jamaika oder Schwarz-Grün wären ohne Mehrheit.
Die Zahlen zeigen, dass auch die zunächst relativ hohe Zufriedenheit mit dem seit 2015 regierenden rot-grünen Senat nachgelassen hat. Waren im April 2016 noch 61 Prozent mit der Arbeit von Rot-Grün zufrieden und 33 Prozent unzufrieden, so sind nicht einmal zwei Jahre später nur noch 47 Prozent mit dem Senat zufrieden. Genauso viele Befragte, ebenfalls 47 Prozent, sind dagegen unzufrieden mit der Arbeit der Hamburger Regierung. Parallel hat auch die Zufriedenheit mit Bürgermeister Scholz abgenommen. Waren 2016 noch 69 Prozent der Hamburger mit seiner Arbeit zufrieden, so sind es derzeit nur noch 51 Prozent.
Noch schlechter bewerten die Hamburger den CDU-Fraktionschef
Keine Vorschusslorbeeren geben die Hamburger dem wahrscheinlichen Scholz-Nachfolger Andreas Dressel. Nur 32 Prozent der Befragten sind mit dessen bisheriger Arbeit als SPD-Fraktionschef zufrieden, 35 Prozent sind unzufrieden. 33 Prozent kennen den voraussichtlich nächsten Bürgermeister nicht oder wollen sich kein Urteil über seine bisherige Arbeit erlauben.
Noch schlechter bewerten die Hamburger allerdings die Arbeit des Oppositionsführers und CDU-Fraktionsvorsitzenden André Trepoll. Nur 20 Prozent zeigten sich mit seiner Arbeit zufrieden, 44 Prozent unzufrieden. 36 Prozent sagten, dass sie Trepoll entweder nicht kennen würden oder seine Arbeit nicht beurteilen könnten. Für die Umfrage hat Policy Matters nach eigener Auskunft zwischen dem 23. Februar und dem 2. März 1065 Hamburger Wahlberechtigte befragt.
Kann Andreas Dressel den Abwärtstrend der SPD aufhalten ?
Die Hamburger SPD hatte für ihre schlechten Werte vor allem den Bundestrend verantwortlich gemacht. Die zuletzt abgeschlagene CDU wittert derweil ihre Chance. „Für uns sind die Werte der Startschuss für die kommenden Wahlauseinandersetzungen“, sagte Landeschef Roland Heintze. „Die Ideenlosigkeit des rot-grünen Senats rächt sich nun. Seit dem G20-Gipfel sind die Hamburger zunehmend enttäuscht, nicht nur beim Thema Sicherheit sondern auch vielen anderen ungelösten Problem.“ Skeptisch zeigte sich der CDU-Chef auch mit Blick auf den vermutlich neuen Bürgermeister. „Dass Andreas Dressel als möglicher Scholz-Nachfolger den Abwärtstrend aufhalten kann, bezweifle ich“, so Heintze. „Ein Moderator ist noch lange kein guter Bürgermeister.“