Hamburg. Mit nur 28 Prozent käme die Partei auf ihr schlechtestes Ergebnis. Zweifel an Nachfolger Andreas Dressel.
Das ist eine böse Überraschung für die SPD zum erwarteten Abschied ihres Bürgermeisters Olaf Scholz: In einer aktuellen Umfrage kommt die Partei in Hamburg nur noch auf einen Stimmenanteil von 28 Prozent – das wäre das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Bei der Bürgerschaftswahl 2015 hatte die SPD noch 45,6 Prozent erreicht. Nach der von der Wochenzeitung „Die Zeit“ in Auftrag gegebenen Umfrage des Instituts Policy Matters büßte auch Scholz selbst an Beliebtheit ein. Waren vor zwei Jahren noch 69 Prozent der Hamburger mit seiner Arbeit zufrieden, so sind es jetzt nur noch 51 Prozent.
Vom Niedergang der SPD und ihres Bürgermeisters profitieren alle anderen Bürgerschaftsparteien. Die CDU käme gegenüber ihrem historisch schlechtesten Wahlergebnis von 15,9 Prozent bei der Wahl 2015 jetzt auf 22 Prozent. Die Linke, die bei der jüngsten Bürgerschaftswahl 8,5 Prozent der Stimmen erhielt, liegt laut der Umfrage jetzt bei satten 14 Prozent. Die AfD steigt im Vergleich mit der Bürgerschaftswahl 2015 von 6,1 auf zehn Prozent. Die FDP legt nur leicht von 7,4 auf acht Prozent zu. Die mitregierenden Grünen gewinnen ebenfalls und steigen von 12,3 Prozent bei der Bürgerschaftswahl auf jetzt 15 Prozent.
Dem SPD-Fraktionschef und mutmaßlich neuen Bürgermeister Andreas Dressel traut nur jeder fünfte Hamburger das Amt zu. Die Mehrheit der Befragten gibt an, Dressel nicht zu kennen oder ihn nicht beurteilen zu können. Für die Umfrage hat Policy Matters im Auftrag der „Zeit“ zwischen dem 23. Februar und dem 2. März 1065 Hamburger Wahlberechtigte befragt.
SPD macht Bundestrend verantwortlich
Die SPD macht für ihr extrem schlechtes Abschneiden in Umfrage der „Zeit“ vor allem die Bundespolitik verantwortlich. „Der SPD-Bundestrend ist nun auch in Hamburg durchgeschlagen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bürgerschaftsfraktion, Dirk Kienscherf. „Wenn die SPD in letzten Umfragen im Bund bei um die 15 Prozent liegt, kann sie in Hamburg keine 40 Prozent erreichen. Die Entscheidung für eine Große Koalition beendet nun bald eine Phase, die viele Menschen nachvollziehbar auch verunsichert hat.“
Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks, machte außerdem den G20-Gipfel für die Ergebnisse verantwortlich. Dieser Gipfel habe „Hamburg nicht gut getan“. Rot-Grün müsse „Kurs halten und mit Ruhe und Gelassenheit an den wichtigsten Themen, der Bezahlbarkeit der Stadt und der Herstellung von bezahlbarem Wohnraum, arbeiten“.
FDP sieht Rot-Grün in Hamburg am Ende
CDU-Fraktionschef André Trepoll, dessen Partei auf 22 Prozent käme, sagte: „Das Vertrauen in Scholz war noch nie so niedrig. Ich kann verstehen, dass er schon länger mit seiner Flucht nach Berlin liebäugelt.“ Die CDU trennten nur wenige Prozent von der SPD. „Wir sind hochmotiviert zum Überholen anzusetzen. Der Blinker ist gesetzt.“ Die Linken-Landesvorsitzenden David Stoop und Zaklin Nastic werteten den Zuwachs als Ergebnis des „konsequenten Eintretens für die Grundrechte rund um den G20-Gipfel“ Aus der Umfrage werde deutlich, dass den Wählern besonders das bezahlbare Wohnen wichtig sei. Dieses Problem gingen SPD und Grüne nicht energisch genug an.
Für die FDP-Fraktionschefs Anna von Treuenfels-Frowein und Michael Kruse zeigt die Umfrage, dass Rot-Grün am Ende sei. Hamburg habe „mehr Fortschritt, Freiheit und Transparenz“ verdient. AfD-Fraktionschef Jörn Kruse wertete die „ Klatsche“ für die SPD als Konsequenz für „wankelmütige Politik“ gegenüber Linksextremisten bei G20 und eine „inkonsequente Haltung“ zur Roten Flora.
Die SPD will die Besetzung ihrer sechs Ministerien in der erneuten großen Koalition am Freitag beschließen und verkünden, wie am Mittwoch bekannt wurde. Um 8 Uhr wird die Parteispitze, das Präsidium, tagen, um 9 Uhr folgt dann der 45-köpfige Parteivorstand, für 10 Uhr ist eine Pressekonferenz geplant, teilte der Parteisprecher am Mittwoch mit.
Als Überraschungspersonalie wird Franziska Giffey gehandelt
Es wird davon ausgegangen, dass der bisherige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz Bundesfinanzminister und Vizekanzler wird. Mit Spannung wird erwartet, wer den Posten des Außenminister übernimmt – Amtsinhaber Sigmar Gabriel werden wegen seines zerrütteten Verhältnisses zu Scholz und der designierten SPD-Chefin Andrea Nahles kaum noch Chancen eingeräumt. Ihm könnte der bisherige Justizminister Heiko Maas nachfolgen.
Als Überraschungspersonalie für das Amt der Familienministerin wird die aus Ostdeutschland stammende Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln, Franziska Giffey, gehandelt. Außerdem wird die SPD die Ressorts Arbeit/Soziales, Justiz und Umwelt besetzen. Am 14. März soll Angela Merkel (CDU) im Bundestag zum dritten Mal zur Kanzlerin gewählt werden.