Hamburg. Am Heidi-Kabel-Platz geht im Ohnsorg-Theater „Allens Düütsch – oder wat?“ als am Ende gelungene Premiere über die Bühne.
Mit Klischees und Vorurteilen ist das ja so eine Sache: Eines lautet, man verstünde im Ohnsorg-Theater nichts, wenn man kein Plattdeutsch spräche. Intendant Michael Lang und Oberspielleiter Frank Grupe begegnen dem ganz bewusst – mit einem vermehrten Nebeneinander von Nieder- und Hochdeutsch.
Spielplan und Verfügbarkeit der Schauspieler wollen es, dass nach der gelungenen Uraufführung der Integrationskomödie „Plattdüütsch för Anfängers“ seit Sonntag eine weitere Inszenierung läuft, bei der es multikulturell, mehrsprachig und recht turbulent zugeht: „Allens Düütsch – oder wat?“
„Popeye für Arme“
Der Hauptmieter einer Studenten-WG, verkörpert von Christian Richard Bauer, heißt Sören Hansen und spricht selbstverständlich Platt. Als er in den Urlaub fährt, überträgt er die Wohnungshoheit an den Syrer Tarik (Vasilios Zavrakis): Der kann im Gegensatz zu seinen europäischen Mitbewohnern perfekt Deutsch, bei Bedarf sogar Platt. Ausgerechnet der von Abschiebung bedrohte Syrer sagt, wo’s langgeht und gibt das „Familienoberhaupt“, als sich ein Vertreter der Wohnungsgenossenschaft ankündigt, um die Verhältnisse der „Familie Hansen“ zu überprüfen.
„Wir spielen die Deutschen“, sagt die Französin Virginie – und erntet Lacher im Publikum. Laura Uhlig wandelt sich in ihrer Figur von der männerfixierten Mademoiselle im Hemdchen zur Hausfrau mit Lockenwicklern, Kittel und Zigarette. An ihrer Seite überzeugt der nun Bier trinkende Zavrakis als „Ehemann“ Tarik. Anton Pleva, als italienisches Muttersöhnchen Enzo im Fischerkittel ein „Popeye für Arme“, gibt einen der „Söhne“ der alles andere als perfekten Patchwork-Familie. Komödiantisch nur noch übertroffen von Michael Schusser als „Bruder“ Rudi, der als vermeintlicher Autist mit Wollmütze seinen Wiener Dialekt zügeln muss.
Ernste Facetten
Hier, im zweiten Akt, hat die Inszenierung von Ayla Yeginer an Tempo gewonnen. Hier versteht es die Jung-Regisseurin bei ihrem Ohnsorg-Debüt, den Schauspielern in Katrin Reimers’ Wohn-Kulisse Raum für Situationskomik zu gewähren und hinter den allesamt überzeichneten Euro-Studenten dennoch ernste Facetten herauszuarbeiten. Deren Deutsch mit ausländischen Akzenten fügt sich neben das Plattdeutsche. Für Letzteres stehen zwei Ohnsorg-Männer: Horst Arenthold gibt den typisch deutschen Nachbarn Schröder als gewichtigen Unsympathen, Manfred Bettinger überzeugend das „Prüforgan“ der Wohnungsgenossenschaft, das anfangs so grau wirkt wie sein Anzug, dann aber in der Multikulti-WG aufblüht: „Wie Düütschen sünd ok nich de betern Menschen“, räsoniert er.
Bettinger hat unter seinem bürgerlichen Namen Manfred Hinrichs auch die platt- und hochdeutsche Fassung „Allens Düütsch – oder wat?“ erstellt. Als „Achtung Deutsch!“ spielte das Stück von Stefan Vögel schon 2013 in der Komödie Winterhuder Fährhaus, im Jahr darauf bei den Privattheatertagen ebenfalls dort in einer Inszenierung des Altmeisters Jochen Busse.
Jetzt ist es bereits Vögels siebtes Stück am Ohnsorg. Weil der Österreicher inzwischen der meistgespielte deutschsprachige Komödienautor ist, wird es nicht das Letzte gewesen sein – wenn auch nicht sein stärkstes. Vögel, am Sonntag Ohren- und Augenzeuge der Premiere, nennt das Ohnsorg längst „sein zweites Zuhause“. Kein Klischee!
„Allens Düütsch – oder wat?“ bis 7.4., Ohnsorg-Theater, Heidi-Kabel-Platz 1, Karten zu 18,- bis 31,50 unter T. 35 08 03 21