Hamburg. Hamburger Optikerkette steigert Umsatz und Gewinn, eröffnet weitere Filialen und schüttet an seine Anteilseigner mehr Geld aus.
Ein höherer Brillenabsatz 2017 trotz vier Verkaufstagen weniger als im Vorjahr, mehr Umsatz und Gewinn, sogar die Dividende steigt – und trotzdem reagierte die Aktie der Hamburger Optikerkette Fielmann auf diese Nachrichten zunächst mit einem Wertverlust von annähernd zwei Prozent auf nur noch 66,70 Euro.
Allerdings kamen die Anleger nach knapp 30 Handelsminuten offensichtlich zu einer anderen Einschätzung der vorläufigen Geschäftszahlen des Unternehmens für das vergangene Jahr, denn der Kurs kletterte dann – entgegen der allgemeinen Börsentendenz – in positives Terrain.
Das Unternehmen zahlt nun1,85 Euro je Aktie aus
Wie es scheint, sieht der Vorstand des europäischen Marktführers unter den Optikern, seit der Gründung im Jahr 1972 geführt von Günther Fielmann, angesichts eines Finanzvermögens von zuletzt knapp 350 Millionen Euro auch weiterhin keine andere Verwendung für den Gewinn, als ihn auf die Anteilseigner zu verteilen: Zum 13. Mal in Folge steigt die Dividende, diesmal von 1,80 auf 1,85 Euro je Aktie.
Insgesamt schüttet das Unternehmen 155,4 Millionen Euro an seine Eigner aus, rund 90 Prozent des Überschusses. Dabei fließt der größte Teil an die Familie von Günther Fielmann, die direkt und über eine Stiftung knapp 72 Prozent der Aktien hält.
Die Familien Fielmann ist selbst größter Anteilseigner
„Die meisten Analysten hatten auf eine noch etwas höhere Dividende gehofft“, erklärte Peter Steiner, der für das Bankhaus Lampe die Aktie des Konzerns im Blick hat. Das könnte auch ein Grund für die anfängliche Enttäuschung der Börsianer nach Bekanntgabe der Fielmann-Unternehmensdaten sein.
Dabei zeigten auch alle anderen wesentlichen Zahlen einen Anstieg. Der Absatz nahm um 1,5 Prozent auf 8,11 Millionen Brillen zu, der Konzernumsatz kam um 3,7 Prozent auf 1,39 Milliarden Euro voran. Der Vorsteuergewinn verbesserte sich um 3,1 Prozent auf voraussichtlich 249 Millionen Euro. Doch der Jahresüberschuss stieg nur um gut ein Prozent auf 173 Millionen Euro. Denn eine steuerliche Betriebsprüfung führte nach Angaben des Unternehmens zu einer Änderung des Systems der Verrechnungspreise zwischen den Landesgesellschaften, was die Steuerquote hochtrieb.
„Das wirkte sich in den Zahlen für das vorige Jahr vergleichsweise deutlich aus, weil die Anpassung rückwirkend für die Jahre seit 2014 vorgenommen und im Abschluss 2017 verbucht wurde“, sagte ein Fielmann-Sprecher. Für 2018 und die folgenden Jahre werde der Effekt der leicht erhöhten Steuerquote wesentlich geringer sein.
19 neue Niederlassungen im vergangenen Jahr
Mit der Eröffnung von 19 weiteren Niederlassungen im vergangenen Jahr – 723 waren es Ende Dezember – hat Fielmann aber auch die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des kontinuierlichen Wachstumskurses geschaffen. Allein in Italien, wo der Konzern erst seit 2015 aktiv ist, kamen sieben weitere Filialen hinzu. Damit sind es dort nun zehn, mittelfristig werden 20 angepeilt.
Verantwortlich für die Expansion in Italien ist Günther Fielmanns 28-jähriger Sohn Marc, Vorstandsmitglied seit Anfang 2016. Der Marketingchef des Unternehmens ist der designierte Nachfolger des Firmengründers.
Günther Fielmann wird ausscheiden – mit 80 Jahren
Dessen Vorstandsvertrag war im April 2017 um weitere drei Jahre verlängert worden. Wenn er planmäßig ausscheidet, wird Günther Fielmann somit bereits 80 Jahre alt sein. „Ich verantworte die Philosophie und die Umsetzung“, hatte er dazu gesagt. „Ich mache das jetzt seit 45 Jahren, und bisher sind wir ganz gut damit gefahren.“
Zwar kritisierte Aktionärssprecher Josef Gemmeke von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in der Hauptversammlung im vorigen Jahr den „zögerlichen Abschied“ des Unternehmensgründers, räumte aber gleichzeitig ein, der Konzern habe dadurch „bisher keinen Schaden genommen“. Solange die Optikerkette keine gravierenden Managementfehler macht, kann sie mittel- bis längerfristig von einem gewissermaßen automatischen Marktwachstum profitieren: Mehr und mehr kommen die geburtenstarken Jahrgänge in die Filialen und kaufen die vergleichsweise teuren Gleitsichtbrillen.
Analysten loben die Aktie als besonders unabhängig von der Konjunktur
„Wir sehen Fielmann als eine der am wenigsten konjunkturabhängigen Aktien unter denen, die wir beobachten“, sagt Peter Steiner, Analyst beim Bankhaus Lampe. Viele Jahre lang hat sich das Papier besser entwickelt als der Aktienmarkt insgesamt, Fielmann war der Liebling der Börsianer.
Für die zurückliegenden zwölf bis 18 Monate gilt das allerdings nicht mehr. Der Kurs ist hinter den Bewegungen der Indizes DAX und MDAX zurückgeblieben und die große Mehrheit der Analysten hat die Aktie auf die „Halten“-Liste gesetzt. Angesichts des konjunkturellen Aufschwungs in vielen Ländern erschien das konstante, aber langsame Wachstum der Hamburger wohl schlicht als zu gering und zu langweilig. Allenfalls konnten sich die Fielmann-Aktionäre mit der ordentlichen Dividendenrendite von zuletzt 2,85 Prozent trösten.
Unternehmen bleibt "gut positioniert", heißt es bei Experten
Auch die Zahlen von Donnerstagmorgen rissen die Analysten nicht aus ihrer Lethargie. Umsatz und Gewinne hätten seine „vorsichtigen Erwartungen verfehlt“, erklärte Oliver Metzger, Aktienexperte bei der Commerzbank. Er ließ das Kursziel unverändert bei 76 Euro. Bereits am Dienstag hatte die Privatbank Hauck & Aufhäuser das Kursziel für Fielmann von 74 Euro auf 73 Euro gesenkt und die Einstufung auf „Halten“ belassen. Das Unternehmen bleibe gut positioniert, um vom demografischen Trend und der Nachfrage nach hochprofitablen Mehrstärkenbrillen zu profitieren, hieß es dazu. Diese Faktoren kämen aber in der Bewertung der Papiere bereits zum Ausdruck.
Nicht einmal die Prognose des Konzerns für 2018 lieferte nun Anlass für eine grundlegende Neubewertung. Der einzige Satz zum Ausblick war so lakonisch, wie man es von Günther Fielmann gewohnt ist: „Wir sind zuversichtlich, auch im laufenden Geschäftsjahr unsere Marktanteile auszuweiten.“