Hamburg. Nach vierjähriger Bauzeit stehen beide Teile der Langenfelder Autobahnbrücke. Noch dieses Jahr soll der Verkehr dort achtspurig rollen.

Er hat: keine Chance. Gegen den Baustellenkrach kommt Frank Horch nicht an. Fast jedes Wort des Hamburger Verkehrssenators wird vom Lärm verschluckt. Die Kakophonie aus Trennschleifern, Bahnquietschen und Verkehrsgetöse lässt nur Satzfetzen des senatorabelen Lobgesangs zu den Ohren der Umstehenden durchdringen. Da ist von einer „großen Herausforderung“ und einer „Baustelle bei laufendem Betrieb“ die Rede, von „höchster Konzentration“, von „Meilensteinen“ und von „hervorragender Arbeit“. Womit das Wichtigste zum Bau der Langenfelder Brücke als Teilstück der Autobahn 7 eigentlich gesagt ist.

Am Montag wurde unterhalb der mächtigen Stahlkonstruktion „Brückenhochzeit“ gefeiert, und zwar schon zum zweiten Mal. Denn gut ein Jahr nach der Freigabe des östlichen Brückenteils spannt sich nun auch der westliche Abschnitt der späteren A-7-Fahrbahn auf 400 Metern Länge durch Stellingen. Der Brückenrohbau über die Hauptverkehrsstraße Binsbarg sowie 18 Bahngleise ist damit so gut wie geschafft. Grund genug für die Hamburger Verkehrsbehörde und das ausführende Bundesunternehmen Deges, diesen „Meilenstein im Terminplan beim Ausbau der A 7“ öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen.

Stahl ersetzt Beton

Die neu konstruierte Autobahnbrücke ist mit 53 Metern nicht nur eine der breitesten des Landes, sie ist mit sieben Meter hohen Schallschutzwänden auch anwohnerfreundlicher als das alte Modell. Zudem gilt sie als Maßstab des gesamten achtspurigen A-7-Ausbaus zwischen dem Hamburger Elbtunnel und dem Dreieck Nordwest. Denn im Oktober, wenn die Fahrbahn auf der Brücke fertig asphaltiert ist, soll der Verkehr zwar zunächst nur einspurig anrollen. Zum Ende des Jahres wird dieser Abschnitt aber den 150.000 täglichen Autofahrern erstmals das anvisierte Fahrgefühl auf einer achtspurigen Strecke vermitteln.

„Eine große Nummer“ sei die Brücke deshalb, sagt Deges-Projektleiter Martin Steinkühler. Zumal der Ausbau samt Stand- und Beschleunigungsspuren eigentlich sogar zehnspurig sei. Im Gegensatz zu der alten Betonbrücke besteht die neue Konstruktion aus Stahl. In den vergangenen Wochen wurden neben den Eisenbahngleisen nach und nach einzelne Abschnitte der Stahltröge zusammengeschweißt und von beiden Seiten mithilfe mehrerer Gleitlager über die Schlucht geschoben.

„Wie auf Bananenschalen“

So näherten sich die langsam wachsenden Stahlkonstruktionen von Norden und Süden her an. „Wie auf Bananenschalen“ seien die 1000 Tonnen allmählich in Position gerutscht, sagte Projektleiter Steinkühler. Bis sich am Montag schließlich beide Teile zur Vollendung trafen. Im Tagesverlauf wurden die Enden auf ihre endgültige Position abgesenkt und miteinander verschweißt – insgesamt tragen die Brückenpfeiler nun 3200 Tonnen.

Die Bauarbeiten für das 115 Millionen Euro teure Projekt hatten im Sommer 2014 begonnen und werden bei laufendem Autobahn-, Stadt- und Bahnverkehr ausgeführt. Bis zu 100 Arbeiter gleichzeitig werkeln an dem Bauwerk. Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) nannte es im Bauschlamm unter der Brücke stehend eine „höchst anspruchsvolle Aufgabe“. Er freue sich, „dass mit dieser ingenieurstechnischen Meisterleistung ein weiterer Meilenstein in der für Hamburg und den Norden so wichtigen Erweiterung der A 7 erreicht worden“ sei.

Lärmschutzwände gegen den Krach

Der Baufortschritt beweise laut Senator, dass die Autobahnerweiterung in Hamburg trotz komplexer technischer Rahmenbedingungen zügig umgesetzt werden könne. Die Arbeiten würden auf bundesweites Interesse stoßen, es handele sich schließlich um den „Autobahnausbau des 21. Jahrhunderts“. Der müsse sowohl dem wachsenden Verkehr auf der Straße genügen, als auch organisatorisch bei fast durchgängiger Belastung der umliegenden, hochfrequentierten Infrastruktur gelingen.

Zumal bei der Zielsetzung des Ausbaus die Anwohner in unmittelbarer Nähe der Autobahn nicht vergessen werden. Künftig sollen durchgängige Lärmschutzwände den Krach der Autos abschotten. Damit soll die Nachbarschaft der Brücke vor allzu starker Belästigung bewahrt werden und die Stellinger ruhiger schlafen lassen.

Stark befahrener Autobahnabschnitt

Die A 7 gehört an dieser Stelle zu den am stärksten befahrenen Autobahnabschnitten Deutschlands. Noch rollt der gesamte Verkehr über den schon fertiggestellten Ostteil der Brücke. Dabei ist die Konstruktion in luftiger Höhe nur ein Puzzleteil im noch bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts andauernden Autobahnausbaus.

Neben der Fahrbahnerweiterung um jeweils eine Spur auf der rund 70 Kilometer langen Strecke bis zum Bordesholmer Dreieck entstehen auf Hamburger Gebiet drei Lärmschutztunnel in Schnelsen, Stellingen und Altona. Sie sollen den Verkehr einerseits über­dachen und Anwohner vor Lärm schützen, andererseits die bisher von der Autobahn zerschnittenen Stadtteile wieder verbinden. Zwischen Hamburg-Nordwest und Bordesholm ist der Ausbau zur Hälfte fertig. Die Kosten dafür betragen 735 Millionen Euro.

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