Hamburg/Hannover. Kurdische Demonstranten protestierten gegen die Angriffe der türkischen Armee. Polizei musste Reizgas bei “Rangeleien“ einsetzten.
Rund 1700 Menschen haben am Sonnabend in Hamburg gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien protestiert. Kurdische, türkische und deutsche Organisationen hatten zu dem Protest aufgerufen und forderten ein Ende der Gewalt und die Einstellung deutscher Rüstungsexporte an die Türkei. Die kurdischen Demonstranten und ihre Unterstützer protestieren gegen die Angriffe der türkischen Armee auf die kurdisch kontrollierte Region Afrin im Norden Syriens.
Die Demonstration war am frühen Nachmittag auf St. Pauli gestartet und zog quer durch die Innenstadt bis zum Gerhart-Hauptmann-Platz, wo sie gegen 17.15 Uhr beendet wurde. Laut Polizeilagedienst verlief die Protestaktion, die gegen 15.30 Uhr am Beatlesplatz begonnen hatte, überwiegend friedlich. Demnach kam es vereinzelt zu "Rangeleien zwischen Passanten und Demonstrationsteilnehmern". Um die Streitenden zu trennen, hätten Beamte Reizgas einsetzten müssen.
Während der Demonstation kam es zu Straßensperrungen und dadurch zu erheblichen Beeinträchtigungen im Straßenverkehr.
Auch in Niedersachen wird demonstriert
Auch in mehreren niedersächsischen Städten wurde demonstriert. In Hannover versammelten sich nach Polizeiangaben am frühen Nachmittag etwa 600 Menschen auf dem Opernplatz, in Göttingen kamen mehr als 250 Demonstranten zu einer Kundgebung in die Innenstadt.
Die türkische Luftwaffe fliegt seit dem 20. Januar Angriffe auf Afrin, gleichzeitig beschießen türkische Truppen und mit ihnen verbündete islamistische Milizen Ortschaften und vermutete kurdische Stellungen mit Panzern und Artillerie. Nach Medienberichten sollen bei der Offensive bereits mehrere hundert Menschen getötet worden sein, darunter auch viele Zivilisten.
Die „Operation Olivenzweig“ zielt auf die mit den USA verbündeten kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), die Ankara als PKK-Ableger und Terrororganisation einstuft. Es sollen auch Panzer aus deutscher Produktion eingesetzt worden sein. Die „Operation Olivenzweig“ hatte auch in Deutschland für Proteste gesorgt.
Türkei will kurdisch kontrollierte Region verhindern
Die Regierung in Ankara bezeichnet die in Nordsyrien dominierenden kurdischen "Volksverteidigungseinheiten" YPG als Ableger der in der Türkei verbotenen und bekämpften Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie will verhindern, dass an der türkischen Grenze in Nordsyrien eine kurdisch kontrollierte Region entsteht.
In Göttingen hatte unter anderem das örtliche "Zentrum der Jesiden" zu der Protestaktion aufgerufen. Dessen Sprecher Azad Onal sagte, nur dank der YPG habe der "islamische Staat" in Syrien und im Irak weitgehend militärisch besiegt werden können. Die YPG habe im August 2014 Zehntausende Jesiden vor dem IS-Terror geschützt und gerettet. Der türkische Machthaber Präsident Recep Tayyip Erdogan wolle "nun die YPG vernichten und nimmt die Region Afrin mit seiner Bevölkerung ins Visier". Andere Redner nannten es "niederträchtig", dass die Kurden von der Internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen würden.
600 Demonstranten in Salzgitter
In Hannover forderte eine Sprecherin des "Demokratischen Gesellschaftszentrum der Kurden in Deutschland" Menschenrechtsorganisationen zum Handeln auf: "Wir sind entsetzt über das Schweigen von Amnesty International, Human Rights Watch und der vielen anderen Menschenrechtsorganisationen", sagte sie. Die Türkei verstoße mit dem Angriff auf Afrin gegen das Völkerrecht, sie begehe Kriegsverbrechen und breche viele weitere internationale Abkommen.
Bereits in den vergangenen Tagen hatten Kurden in mehreren niedersächsischen Städten gegen die türkische Offensive demonstriert. Unter anderem waren am Freitagnachmittag rund 600 Menschen durch Salzgitter gezogen.