Hamburg. Die USA hatten drei Millionen Dollar Kopfgeld auf Musa A. ausgesetzt. Die Verteidigung verweist auf die aktuelle Lage in der Türkei.

Als Musa A. von Justizbeamten hereingeführt wird, brandet frenetischer Applaus in Gerichtssaal 237 auf. Mehr als 50 Unterstützer des mutmaßlichen Führungsfunktionärs der linken türkischen Extremistengruppe DHKP-C begrüßen den Angeklagten mit Sprechchören in ohrenbetäubender Lautstärke. „Freiheit für Musa A.“, rufen sie und „USA – internationale Völkermordzentrale“. Musa A. lächelt milde und hebt grüßend die Hand. Keine Frage: Für die Zuschauer steht hier kein Täter vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, sondern ein Opfer – ein zu Unrecht verfolgter und kriminalisierter Aktivist.

Musa A. war am 2. Dezember 2016 von Spezialeinheiten in St. Georg verhaftet worden. Zuvor hatten die USA ein Kopfgeld von drei Millionen Dollar auf den Mann ausgesetzt, in der Türkei zählte er zu den meistgesuchten Terroristen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft habe sich die DHKP-C zu zahlreichen Selbstmordattentaten und Anschlägen in der Türkei bekannt, darunter auch zum Sprengstoffanschlag auf die US-Botschaft in Ankara 2013.

Vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes legt die Bundesanwaltschaft dem 56-Jährigen seit Donnerstag „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ zur Last. Die DHKP-C (revolutionäre Volksbefreiungsfront) wolle mittels eines bewaffneten Kampfes in der Türkei ein marxistisch-leninistisches Regime errichten, so der Vertreter der Bundesanwaltschaft.

Verteidigung beantragt Einstellung des Verfahrens

Spätestens von 2008 an sei Musa A. für die Region Europa verantwortlich gewesen, die der Terrorgruppe als „Rückfront“ und „sicherer Rückzugsraum“ diene. Unter anderem habe er sich um die Geld- und Waffenbeschaffung gekümmert und 2012 jenen Mann getroffen, der sich ein Jahr später vor der US-Botschaft in Ankara in die Luft sprengte.

Eine der zwei Verteidigerinnen von Musa A. beantragte am Donnerstag, das Verfahren einzustellen, da keine wirksame Verfolgungsermächtigung des Bundesjustizministeriums vorliege. Die erteilte Ermächtigung zur Strafverfolgung der DHKP-C als terroristische Vereinigung im Ausland berücksichtige nicht die aktuelle Entwicklung in der Türkei, die eine „verwerfliche Politik“ betreibe. „Der türkische Staat agiert selbst terroristisch“, sagte Anwältin Fatma Sayin.

Der Senat will bis zur nächsten Sitzung über den Antrag entscheiden. Ein Urteil wird nicht vor dem 6. August erwartet.