Hamburg. Die WM wird im Tennisstadion am Rothenbaum gespielt. Hamburg gewährt bis zu 3,5 Millionen Euro Zuschuss zum Budget.
Der Blick aus dem 20. Stock des 88 Meter hohen Atlantic-Hauses auf die Elbphilharmonie und den Hamburger Hafen mag Ary S. Graça Filho in dem Gefühl bestärkt haben, dass es die richtige Entscheidung war, die Beachvolleyball-Weltmeisterschaft 2019 nach Hamburg zu vergeben.
Sie soll im nächsten Jahr vom 28. Juni bis 7. Juli im Tennisstadion am Rothenbaum gespielt werden und wird nach 2005 in Berlin zum zweiten Mal in Deutschland ausgetragen, zum achten Mal in Folge in Europa. Die kalifornischen Metropolen Los Angeles, Olympia-Ausrichter 2028, und San Diego waren die Konkurrenten.
Viel Lob für Hamburg
„Ich habe schon sehr viel gehört über diese wunderschöne Stadt und dieses reiche Land, und ich muss sagen, nichts davon war übertrieben“, sagte der Präsident des Volleyball-Weltverbandes FIVB bei seinem Premierenbesuch in Hamburg.
Der 74 Jahre alte Brasilianer, der wegen Korruptionsvorwürfen als Präsident des heimischen Volleyballverbandes zurücktreten musste, sieht vor allem die ökonomischen Chancen der WM-Vergabe: „Der deutsche Markt ist exzellent und für unsere Sportart hochinteressant. Vielleicht können wir hier wie in Brasilien zur Nummer zwei hinter dem Fußball aufsteigen.“
Turnier kostet rund acht Millionen
Rund acht Millionen Euro dürfte die zehntägige Veranstaltung kosten, das Preisgeld beträgt eine Million US-Dollar, momentan 809.000 Euro. Die Stadt wird bis zu 3,5 Millionen Euro zum WM-Budget zuschießen. Sportsenator Andy Grote hält das für „eine gute Investition“, um Hamburg in der (Sport-)Welt zu präsentieren. Der WM-Zuschlag sei ein weiterer großer Erfolg für die ActiveCity, „eine Bestätigung für uns als Beachvolleyball-Hauptstadt Deutschlands“, sagte der SPD-Politiker.
Kommentar: Hamburg ist eine vorbildliche Sportstadt
Im Vergleich zu den Preisen, die derzeit für eine Ruder-WM als städtische Zugabe (sieben Millionen Euro) aufgerufen werden oder jenen 4,5 Millionen Euro Steuergeldern, die 2017 in die Amateurbox-WM in der Sporthalle Hamburg flossen, scheint eine weit publikumswirksamere Beachvolleyball-WM geradezu ein Schnäppchen.
„Hamburg ist international der Beachvolleyball-Hotspot“
Fast 70.000 Zuschauer drängten sich im vergangenen August bei kostenlosem Eintritt auf der Tennisanlage am Rothenbaum beim Finale der weltweiten Major-Tour. Während des Endspiels der Frauen, das die Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst vom HSV gewannen, fanden mehr als 10.000 Besucher keinen Einlass ins Stadion und mussten die Begegnung auf zwei Videowänden vor der Südtribüne verfolgen.
Die Begeisterung der Hamburger überzeugte auch den österreichischen Beachvolleyball-Impresario und Tour-Manager Hannes Jagerhofer, der sich vor zwei Jahren noch nicht traute, ein Turnier der Weltserie in Hamburg auszutragen, vor allem nicht in einem Tennisstadion. Er wollte im Hafen aufschlagen. Jetzt sagt er: „Hamburg ist international der Beachvolleyball-Hotspot, nicht Rio de Janeiro, nicht die USA.“ In Brasilien und Kalifornien stehen die Wiegen des Strandspiels.
Freier Eintritt auch bei der WM am Rothenbaum
Auch bei der WM 2019 wird kein Eintritt verlangt, lediglich für die Medaillenspiele am Final-Wochenende sollen rund 1000 Tickets verkauft werden, um auswärtigen Besuchern Sitzplatzgarantien zu geben. Die wirtschaftlichen Auswirkungen für die ausrichtende Stadt sind dennoch beachtlich.
Jagerhofer (55) legte eine gerade veröffentlichte Untersuchung der von ihm organisierten Beachvolleyball-WM im August 2017 in Wien vor, die etwa 180.000 Zuschauer auf eine Donauinsel lockte. Die direkten ökonomischen Effekte durch Hotelübernachtungen, Restaurantbesuche oder Einkäufe beliefen sich dort auf geschätzte 46,3 Millionen Euro.
Ohne Olympiabewerbung keine Beachvolleyball-WM
„In Hamburg wollen wir diese Ergebnisse toppen“, sagte Jagerhofer. Das Hamburg Major 2016 (städtischer Zuschuss: eine Million Euro) und das World Tour Final 2017 (800.000 Euro) hätten gezeigt, „was hier möglich ist“. Jagerhofer tritt auch in Hamburg als WM-Veranstalter und -Vermarkter auf. Ausrichter und Chef der lokalen Organisation bleibt Frank Mackerodt (54), der sich auf das Team von Frank Ehrich (50/Agentur Comtent) stützt.
„Die WM 2019“, sagt Mackerodt, „wäre ohne Hamburgs (gescheiterte) Olympiabewerbung für 2024 nicht möglich gewesen, weil wir sonst nie den Zuschlag für die Referenzveranstaltung im Jahre 2016 erhalten hätten.“ Mit dem Erfolg des damaligen Turniers hatte sich die Stadt in der Beachszene einen Namen gemacht.
Ein Problem ist der Zustand des Tennisstadions
Bleibt der Zustand des Tennisstadions am Rothenbaum: Der Club an der Alster, Pächter des dortigen Areals, will mittelfristig die Arena abreißen, sollten die Mitglieder den Umbauplänen in diesem Frühjahr zustimmen. Das Dilemma: So lange der Verein keine Entscheidung trifft, ergibt die Instandsetzung des Stadions wenig Sinn. Die Bausubstanz ist in Ordnung, aber wenigstens die Sitzschalen müssten erneuert, das mobile Dach gesäubert werden, will Hamburg mit der WM seine Visitenkarte abgeben.
Strittig scheint zudem, wer die Kosten dafür übernähme. Der Deutsche Tennisbund (DTB) wäre nach den bestehenden Verträgen wohl dazu verpflichtet, hat aber kaum Geld. Anfang Februar will Mackerodt mit dem Club an der Alster und dem DTB diese Themen verhandeln – und die Miete für die Nutzung der Anlage. Zwischen 250.000 und 300.000 Euro sind für die Beachvolleyball-WM im Gespräch.