Hamburg . Rekord bei neuer Anlage auf Finkenwerder. CDU kritisiert „Abzocke“ und fordert Mindestabstand zwischen Tempolimit-Schild und Blitzer.
Die CDU fordert neue Regeln für Blitzer in Hamburg. Danach soll es künftig einen Mindestabstand zwischen fest installierten Radaranlagen und den Verkehrsschildern geben, die auf das an dieser Stelle gültige Tempolimit hinweisen. Hintergrund: Im vergangenen Jahr hat die Stadt am meisten Geld mit einem neuen Blitzer auf Finkenwerder eingenommen, der nur wenige Meter hinter dem Tempolimit-Schild steht. Die Vermutung der CDU: Die Fahrer können sich nicht mehr rechtzeitig auf das Tempolimit einstellen, und die Stadt macht besonders viel Gewinn.
Mit der Anlage an der Ecke Finkenwerder Straße/Vollhöfner Weiden wurden bis Ende November 2017 mehr als 1,2 Millionen der rund 8,5 Millionen Euro eingenommen, die die Stadt in den ersten elf Monaten 2017 insgesamt für Geschwindigkeitsüberschreitungen an stationären Blitzern kassierte. Auch gab es dort bis Ende November die mit großem Abstand meisten Anzeigen, nämlich insgesamt 58.418. Das ist der Rekord unter den 28 vom Senat aufgeführten Anlagen – und das, obwohl der Blitzer auf Finkenwerder erst am 29. Mai 2017 eingeweiht wurde und damit sehr viel kürzer in Betrieb war als die meisten anderen stationären Geräte in der Stadt.
Nur 68 Meter zwischen Tempolimitschild und Blitzer
Die Anlage steht mit gerade einmal 68 Metern Abstand sehr nah an dem Tempolimitschild – näher als alle anderen Blitzanlagen in Hamburg. All das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Dennis Thering. Die CDU unterstellt dem Senat Absicht – und das Ziel, die Autofahrer an dieser Stelle bewusst „abzocken“ zu wollen.
„Ein Blitzer direkt hinter einem geschwindigkeitsregelnden Verkehrsschild, an einer abschüssigen Stelle und an einem Ort, der bisher nicht als Gefahrenschwerpunkt bekannt ist, zu installieren, ist reine Abzocke und hat mit Verkehrssicherheit rein gar nichts zu tun“, sagt Thering. Die CDU fordert daher nun in einem Bürgerschaftsantrag vom Senat, „analog zu den Regelungen der übergroßen Mehrheit der übrigen Bundesländer einen einheitlichen Mindestabstand für die Distanz zwischen stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen und den entsprechenden geschwindigkeitsregelnden Verkehrsschildern zu definieren“.
Senat hält Entfernung für ausreichend
In seiner Antwort auf die CDU-Anfrage hatte der Senat geschrieben: „Zwischen den jeweiligen geschwindigkeitsregelnden Verkehrszeichen und den Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen liegt eine ausreichende Entfernung.“ Zudem habe ein „Kraftfahrer seine Geschwindigkeit grundsätzlich so einzurichten, dass er bereits beim Passieren eines die Geschwindigkeit regelnden Verkehrszeichens die vorgeschriebene Geschwindigkeit einhalten kann“. Stationäre Blitzer müssten zudem so platziert werden, „dass der technische Erfassungsbereich der Anlage allein eine Strecke abdeckt, für die eine einheitliche Geschwindigkeitsbegrenzung gilt“.
CDU-Mann Thering räumt zwar ein, dass „rücksichtslose Raser eine erhebliche Gefährdung für sich selbst und vor allem für andere Verkehrsteilnehmer darstellen“. Dies gelte in Hamburg umso mehr, da die Stadt durch eine Studie der Versicherer zur deutschen „Raserhauptstadt“ erklärt worden sei. Geschwindigkeitskontrollen seien für die Verkehrssicherheit wichtig. „Ein Selbstzweck oder eine billige Einnahmequelle für den Stadtsäckel dürfen sie aber keinesfalls sein“, so Thering. „Leider hat man in den letzten Jahren immer wieder den Eindruck, dass SPD und Grüne die Geschwindigkeitsüberwachung eher als billige Einnahmequelle sehen.“
419.849 Fahrzeuge von stationären Geräten geblitzt
Laut der Senatsantwort auf die CDU-Anfrage sind von Januar bis November 2017 insgesamt 419.849 Fahrzeuge wegen überhöhter Geschwindigkeit an den 28 stationären Geräten geblitzt worden. Nach dem einträglichsten Blitzer an der Finkenwerder Straße folgten die Anlagen an der Stresemannstraße 147 mit Einnahmen von mehr als 1,1 Millionen Euro und die an der Stresemannstraße 70 mit rund 640.000 Euro. Die stationären Geschwindigkeitskontrollen an der Kieler Straße 221 brachten mit mehr als 588.000 Euro (stadtauswärts) und mehr als 361.000 Euro (stadteinwärts) ebenfalls hohe Beträge ein. An der Rennbahnstraße wurden bis Ende November rund 441.000 Euro eingenommen, an der Neuen Elbbrücke stadteinwärts rund 404.000 Euro.
Insgesamt 15 Anlagen fielen im Laufe des vergangenen Jahres (bis November) zeitweise aus. Allein in sechs Fällen war Sachbeschädigung die Ursache. Außerdem wurden sechs Geräte durch modernere Technik ersetzt. In den meisten Fällen fielen die Blitzer nur für kurze Zeit aus. Ausnahme war die Radaranlage an der Ecke Kollaustraße/Papenreye. Sie war das gesamte erste Halbjahr 2017 außer Betrieb und wurde erst im Juli wieder scharf geschaltet.
Die Bußgeld-Top-Ten der stationären Blitzanlagen
Standort | Fahrtrichtung | Einnahmen in Euro |
Finkenwerder Straße / Völlhöfner Weiden | Finkenwerder | 1.202.291,05 |
Stresemannstraße 147 | stadtauswärts | 1.112.513,84 |
Stresemannstraße 70 | stadteinwärts | 639.896,70 |
Kieler Straße 221 | stadtauswärts | 588.379,44 |
Rennbahnstraße, gegenüber 101 | Wandsbek | 441.068,41 |
Neue Elbbrücke l. Fahrbahnrand | stadteinwärts | 403.509,89 |
Kieler Straße 221 | stadteinwärts | 361.314,62 |
Wandsbeker Chaussee / Richardstraße | stadtauswärts | 337.650,84 |
Amsinckstraße, Lichtmast 56 | stadtauswärts | 238.630,39 |
Friedrich-Ebert-Damm, Höhe Ebeersreye | stadtauswärts | 229.807,68 |