Hamburg. Aufstockung der Stellen in Hamburg geht Opposition nicht weit genug. Notstand bei Terminen für Neugeborene in vielen Praxen.
Babyboom, Attestflut, aufwendige Untersuchungen: Nachdem es in Hamburger Kinderarzt-Praxen zu erheblichen Terminstaus bis hin zu Aufnahmestopps gekommen war, hat die Kassenärztlichen Vereinigung (KV) am Mittwoch nach einer umfassenden Analyse vier zusätzliche Kinderarztstellen in den besonders gebeutelten Bezirken Bergedorf, Harburg, Nord und Mitte angekündigt. Der Linken in der Bürgerschaft geht das aber nicht weit genug.
„Es ist gut, dass die KV den Mangel an Kinderärzten erkannt hat“, sagt dazu Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft. "Aber der Ausbau um vier Kassensitze ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein." Bundesweit habe Hamburg mit Abstand den schlechtesten kinderärztlichen Versorgungsgrad, sagt Celik.
Neue Ärzte sollen finanziell unterstützt werden
Es brauche deshalb flächendeckend und in allen Bezirken mehr Kinderärzte, insbesondere in finanziell schwachen Stadtteilen. "Da darf sich der Senat nicht aus der Verantwortung stehlen", mahnt Celik. "Er sollte finanzielle Anreize zur Gründung von neuen kinderärztlichen Praxen schaffen oder kommunale Versorgungszentren gründen, um die Situation in schlecht versorgten Stadtteilen möglichst schnell zu verbessern.“
Wie berichtet, liegen die Gründe für den Notstand in den Kinderarztpraxen einerseits an der stark gestiegenen Geburtenzahl. Seit 2011 ist sie von gut 17.000 auf aktuell 25.500 Babys im Jahr gewachsen. Andererseits habe sich das Spektrum der Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche erweitert. „Dadurch“, hatte Dirk Heinrich, Vorsitzender der KV Hamburg gesagt, „benötigen die Pädiater immer mehr Zeit pro Kind – die Zeitkapazität ist dadurch irgendwann erschöpft.“ Auch häufig geforderte Atteste würden Zeit kosten.
Grüne begrüßen vier Kinderärzte zusätzlich
Zuletzt hatte diese Verkettung in zehn Prozent der Hamburger Praxen zu einem Aufnahmestopp für Neugeborene geführt, Termine für verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen wurden nicht mehr vergeben, Eltern mussten bisweilen lange Wege in Kauf nehmen. Deshalb werden jetzt vier neue Stellen zu den insgesamt 172 Kinderärzten der Stadt geschaffen. Auch für Heinrich sei das nur Stückwerk, er forderte eine Niederlassungsfreiheit für Kinderärzte.
Die koalierenden Grünen wiederum begrüßen die Ad-hoc-Maßnahme der KV: Christiane Blömeke, gesundheitspolitische Sprecherin, sagte: „Die Untersuchung der KVH spiegelt die Erfahrung vieler Eltern. Sie finden keine Aufnahme in einer nahe gelegenen Kinderarztpraxis." Daher sei es dringend notwendig, dass zusätzliche Kinderarztsitze in Hamburg vergeben werden. "Die Erhebungsmethode dieses Sonderbedarfs ist bislang einmalig in der Bedarfsplanung. Ich freue mich sehr, dass die KVH an dieser Stelle aktiv geworden ist und mit den Kassen neue Wege geht. Dieser Ansatz sollte weiter verfolgt werden.“