Hamburg. Urheber und Investor haben ihren Streit beigelegt: Das Bauwerk auf St. Pauli wird aufgestockt und bekommt einen Dachgarten.

Hamburg bekommt ein neues architektonisches Wahrzeichen: Der Begrünung des Feldstraßenbunkers auf St. Pauli steht nichts mehr im Wege. Die beiden Konfliktparteien einigten sich vor Gericht, erfuhr das Hamburger Abendblatt am Rande des Neujahrsempfangs.

Zuletzt hatte ein Rechtsstreit die ambitionierten Pläne verzögert, ja gefährdet. Vier Jahre lang hatten die Generalplaner von Interpol Studios und der Investor Thomas Matzen gemeinsam für die Begrünung des Bunkers gekämpft; nach der politischen Entscheidung für das Großprojekt aber kam es zum Knall.

Im Juni hatte der Eigentümer Matzen den Architekten-, Projektentwicklungs- und Vermarktungsvertrag mit Interpol überraschend gekündigt. Der Streit landete vor Gericht und wurde nach zwei durch Interpol erwirkte einstweiligen Verfügungen nun noch vor Weihnachten im Rahmen eines Vergleichs beigelegt.

Eigentümer zahlt 2,5 Millionen Euro an Interpol

„Die Einigung umfasst die Übertragung der Nutzungsrechte der durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte genehmigten Planung gegen Zahlung des uns als Architekten und Projektentwicklern zustehenden Honoraranspruchs“, heißt es bei Interpol.

Auch Henry Otterbein, Geschäftsführer der Matzen-Immobilienmanagementfirma EHP, bestätigte dem Abendblatt den Vergleich. „Die Parteien haben sich vor Weihnachten geeinigt.“ Nach Informationen des Hamburger Abendblattes zahlt Matzen an Interpol 2,5 Millionen Euro.

Mathias Müller-Using sagte dem Abendblatt: „Wir freuen uns, dass die Idee Wirklichkeit werden kann und unsere Urheberschaft sowie architektonische Planung respektiert und gewürdigt wird“, so der Geschäftsführer und Partner bei Interpol. „Nach unserem Kenntnisstand möchte Herr Matzen das Vorhaben nun zügig umsetzen.“

Müller-Using, der selbst in Blickweite des Weltkriegsbunkers wohnte, hatte im Herbst 2013 die Idee für das Projekt und mit dem Konzept der Interpol-Architekten den Besitzer Matzen bald überzeugt.

Garten, Sporthalle und Gedenkstätte

Teil des Konzeptes war stets nicht nur die spektakuläre Begrünung des Bunkeraufbaus, der als öffentlicher Park über mehrere Etagen für alle Anwohner nutzbar sein soll, sondern auch eine Investition in das Gebäude selbst.

Im Aufbau soll eine Halle für den Breitensport Platz finden, die der FC St. Pauli nutzen kann, sowie eine Weltkriegsgedenkstätte und subventionierte Gästewohnungen für Künstler. Weil dort zudem Hotelzimmer entstehen und die Halle auch für Veranstaltungen nutzbar sein wird, rechnet sich der Plan auch für den Investor.

Das Konzept überzeugte schnell die Politik. Die verstorbene Kultursenatorin Barbara Kisseler war eine frühe Befürworterin des Projektes, ebenso der damalige Oberbaudirektor Jörn Walter. Zunächst segnete die Bezirksversammlung nach einer kontroversen Debatte die Aufstockung ab, im Sommer stimmte die Bürgerschaft zu.

Frühzeitig wurden auch Anwohner und Interessierte des Projekts Hilldegarden an den Entwürfen beteiligt. Mehr als 50 Anwohner, Denkmalinteressierte und Stadtteilgärtner brachten ihre Ideen ein, veränderten die Planungen und übernehmen nun die Nutzung der öffentlichen Flächen und der Gärten.

Kritiker fürchten Gentrifizierungsschub

Trotzdem hielt sich im Stadtteil zum Teil erbitterter Widerstand. Kritiker fürchten einen weiteren Gentrifizierungsschub auf St. Pauli, zusätzlichen Verkehr und die Eventisierung des Stadtteils. Umstritten ist die Aufstockung des Betonkolosses von 38 auf 58 Meter stets auch bei Denkmalschützern.

Sie sehen das authentische Denkmal bedroht und wehren sich gegen die Veränderung des markanten Bunkers an der Feldstraße. Andere Kritiker zweifeln an der Umsetzung der bildmächtigen Pläne, die wie ein Dschungel auf dem Nazibau wirken.

Dieser Diskussionsprozess verzögerte das Projekt mehrfach. Ursprünglich sollten die Bauarbeiten schon 2016 starten, nun dürften sie nicht vor dem Sommer beginnen. Zusätzlich könnten die Engpässe bei den Baugewerken die Fertigstellung des Großprojekts nach hinten verschieben.

Projekt nicht vor Ende 2020 vollendet

Ursprünglich hatten die Planer eine Fertigstellung in 18 bis 24 Monaten veranschlagt. Inzwischen ist davon auszugehen, dass das Projekt, das weit über die Grenzen von St. Pauli und Hamburg hinaus strahlen dürfte, nicht vor 2020 vollendet wird. Die Investitionssumme liegt bei rund 30 Millionen Euro.

Rechtlich hingegen ist das Projekt längst in trockenen Tüchern: Seit April 2017 liegt die Baugenehmigung durch das Bezirksamt Mitte vor, die Stadt hat zudem den Erbpachtvertrag mit Thomas Matzen im Sommer bis 2067 verlängert.

„Wir freuen uns, dass die Begrünung des Bunkers und Schaffung eines öffentlichen Stadtteilgartens nun beginnen kann“, sagte Müller-Using. „Wir bedanken uns für die Unterstützung der Stadt, die maßgeblich dazu beigetragen hat, dieses außergewöhnliche Vorhaben, das Hamburg hoffentlich bald bereichern wird, zu ermöglichen.“

Was im Dachgarten wachsen soll

Den weiteren Planungsverlauf will Interpol so kritisch wie konstruktiv begleiten. „Die Einhaltung der genehmigten Planung und unverfälschte Umsetzung unseres schöpferischen Werkes ist im Rahmen des Urheberschutzes gesichert. Für eine begleitende Beratung und Überwachung der Umsetzung stehen unsere Architekten dem Bezirk und der Stadt auf Wunsch zur Verfügung“, sagte Müller-Using.

Der städtebauliche Vertrag zwischen dem Investor und der Stadt ist dabei sehr detailliert. Selbst die Bepflanzung des Dachgartens haben Landschaftsplaner schon geklärt: Robuste und heimische Gewächse sollen den Bunker begrünen. Dazu gehören Bergkiefern, Lebensbäume, Wacholder, Feldahorn, Efeu, Rhododendren, Kletterhortensien und Rosen. Der Feldstraßenbunker wird grün.