Hamburg. Investitionen in die neuen Digitalwährungen gelten als sehr risikoreich. Was hinter den Kryptowährungen steckt.
Je mehr Schlagzeilen die Kryptowährung Bitcoinmacht, desto größer wird das Interesse an ihr. Das hat vor allen mit der ungewöhnlichen Wertentwicklung zu tun: Der Kurs des Bitcoins ist seit Jahresbeginn 2017 von rund 1000 Dollar auf 20.000 Dollar (rund 16.800 Euro) gestiegen, um danach auf weniger als 14.000 Dollar abzustürzen. Inzwischen hat sich der Bitcoin wieder etwas erholt. Das erinnert an die Zeiten des Neuen Markts, als sich Technologieaktien innerhalb weniger Monate vervielfachten. Was steckt hinter der neuen elektronischen Währung? Ist es das neue Gold? Kann man als Privatanleger darin investieren, und wie risikoreich ist es? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Kryptowährungen. Bitcoin ist nur ihr bekanntester Vertreter.
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Was ist ein Bitcoin?
Es ist eine digitale Währung, die elektronisch geschaffen und verwahrt wird. Anders als der Euro oder der Dollar wird sie nicht von einer zentralen Notenbank herausgegeben, sondern dezentral von einer Vielzahl von Menschen rund um den Globus geschaffen, die dazu die Rechenkapazität ihrer Computer vernetzen. Diese Rechenleistung verschlingt viel Energie, deshalb sitzt rund die Hälfte der Rechenzentren für den Bitcoin in China, wo Strom besonders günstig ist. Die Währung unterliegt keiner staatlichen Kontrolle. „Sie kann nicht beliebig vermehrt werden wie das Papiergeld“, sagt Ingo Fiedler, Experte für Kryptowährungen an der Universität Hamburg. „Im Moment werden alle zehn Minuten 12,5 Bitcoins geschaffen, vom Sommer 2019 an werden es nur noch 6,25 Bitcoins sein.“
Wie begrenzt
ist die Menge an Bitcoins?
Mehr als 21 Millionen Bitcoins soll es nicht geben. Bis Mitte November 2017 waren schon 16,7 Millionen Stück geschaffen worden.
Wer hat den Bitcoin erfunden?
2008 hat Satoshi Nakamento das System der Bitcoins vorgestellt. Doch niemand weiß, wer das ist. Die erste Notierung im August 2010 lag bei 0,08 Dollar.
Warum ist der Bitcoin-Kurs so
stark gestiegen?
„Der im Moment große Hype um Bitcoins und die exorbitanten Kurssteigerungen beruhen auf einer starken Nachfrage auf der einen Seite und der Begrenzung der Währung auf maximal 21 Millionen Bitcoins“, sagt Fiedler. Die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot. Kursschwankungen von zehn bis 20 Prozent an einem Tag sind keine Seltenheit. Das ist völlig unüblich für eine Währung und erinnert eher an eine spekulative Aktie. Doch mit einem realen Gegenwert ist der Bitcoin nicht unterlegt. Schon jetzt ist es möglich, an amerikanischen Börsen auf die künftige Wertentwicklung der Währung mit sogenannten Futures zu wetten. Im ersten Halbjahr will auch die US-Technologiebörse Nasdaq nachziehen. Das verleiht der neuen Währung zusätzliches Gewicht und heizt die Spekulation an.
Was ist das Neue an der Währung?
Kryptowährungen können das Bezahlen im Internet verändern. Die Bestellung des Kunden erreicht den Händler jetzt schon direkt. Aber die Bezahlung erfolgt nur indirekt über Zahlungsdienstleister wie Paypal, Paydirekt oder per Rechnung mit anschließender Überweisung. „Neu ist, dass Währungen im Internet direkt ausgetauscht werden können. Das kann die Transaktionskosten wesentlich senken“, sagt Fiedler. „Bisher war der Datenaustausch im Internet aber davon gekennzeichnet, dass der Absender stets eine Kopie behält. Für Bezahlvorgänge ist das natürlich unakzeptabel. Die meisten digitalen Währungen umgehen dieses Problem mit einer speziellen Software, die als Blockchain bekannt wurde.“ Es ist eine Art von dezentraler Buchhaltung, die sicherstellt, dass ein Bitcoin oder eine andere Währung nicht zweimal ausgegeben werden kann. „Doch die heftigen Kursausschläge in der Wertentwicklung sprechen gegen eine Etablierung als Onlinewährung“, sagt Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank. Kaum ein Händler habe Interesse daran, den Preis seiner Waren täglich neu anzupassen. Noch ist völlig offen, ob und welche Kryptowährungen sich als alternatives Zahlungsmittel durchsetzen werden.
Wie hoch kann der Kurs der
Bitcoins noch steigen?
„Bei der weiteren Entwicklung der Bitcoins ist alles möglich“, sagt Fiedler. „Es ist eine sehr spekulative Anlagemöglichkeit, in die man nicht größere Teile seines Vermögens investieren sollte, und erst recht nicht auf Kredit.“ Die Entwicklung hängt neben dem spekulativen Charakter davon, welche Bedeutung der Bitcoin einmal erlangen kann. „Er könnte viel stärker steigen, wenn Konsumenten und Unternehmen ihn auf breiter Front einsetzen“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Auch wenn er das für wenig wahrscheinlich hält, rechnet er vor: Müssten die maximal 21 Millionen Bitcoins alle wirtschaftlichen Transaktionen in den sieben größten Industrieländern abwickeln, würde sein Kurs rechnerisch auf 257.000 Dollar steigen. Der für seine provokanten Prognosen bekannte Chefvolkswirt der dänischen Saxobank, Steen Jakobsen, erwartet 2018 rund 60.000 Dollar für den Bitcoin. Aber 2019 falle die Währung dann wieder auf 1000 Dollar zurück, weil China und Russland Kryptowährungen verbieten, so seine Einschätzung. Eine Spekulation mit Bitcoins oder anderen Kryptowährungen bleibt sehr risikoreich und kann bis zum Totalverlust des eingesetzten Geldes führen.
Wie viele Kryptowährungen
existieren bereits?
Es gibt gegenwärtig über 1300 Kryptowährungen. Wer in diese Währungen mit etwas „Spielgeld“ investieren will, sollte nicht nur auf den Bitcoin setzen. So sind die Konkurrenten von Bitcoin im vergangenen Jahr noch viel stärker gestiegen. Die Kryptowährung Dash schaffte es, 2017 ihren Wert zu verhundertfachen. Sie ähnelt in der Funktionsweise stark dem Bitcoin, doch die Transaktionsinformationen sind nicht wie beim Bitcoin für alle einsehbar. Ethereum hat im vergangenen Jahr um rund 8000 Prozent zugelegt. Das Digitalgeld ermöglicht es, intelligente Zahlungsmethoden zu konstruieren. So kann eine Zahlung automatisch ausgelöst werden, wenn die Ware beim Kunden eingetroffen ist. Ripple wird von den Banken als besonders interessant betrachtet. Die Währung kann auf über 100 Partner aus der Finanzindustrie verweisen. Die Währung gilt als eine Kreuzung zwischen Western Union und einem Währungsumtausch ohne die hohen Transaktionskosten.
Wie kann ich Bitcoins kaufen?
Die Währung kann an vielen Handelsplätzen wie Kraken oder Coinbase gekauft und verkauft werden. Der einzige Anbieter im Inland ist bitcoin.de. Die Handelsplattform bringt lediglich Käufer und Verkäufer zusammen. Nutzer müssen sich vor dem Handeln anmelden und legitimieren wie bei der Eröffnung eines Kontos. Wichtig ist, auf Gebühren und Zahlungswege wie Kreditkarte oder Sepa-Überweisung zu achten. Der Bitcoin kann auch in Teilstücken erworben werden. Er wird bis zur achten Stelle hinter dem Komma berechnet.
Wo wird die Währung nach dem
Kauf verwahrt?
Einige Börsen bieten an, die dort gekaufte Kryptowährung auch auf ihren Rechnern zu verwahren. Allerdings hat es auf Dienstleister, die Wallets, eine Art elektronischer Geldbörse, anbieten, schon erfolgreiche Hackerangriffe gegeben. Dort wurden Bitcoins gestohlen. Die Kryptowährung kann auch auf einem speziellen USB-Stick gespeichert werden, der dann wie das eigene Portemonnaie gehütet werden sollte.
Muss man Gewinne aus
den Kryptowährungen versteuern?
Die Gewinne fallen in Deutschland unter die Kategorie „private Veräußerungsgewinne“ und unterliegen nicht der Abgeltungssteuer. Steuerfrei bleiben die Gewinne, wenn sie erst nach mindestens einem Jahr Haltedauer realisiert werden. Liegt die Spanne zwischen Kauf und Verkauf darunter, greift der persönliche Steuersatz.
Können Kryptowährungen große
Währungen verdrängen?
„Der Staat hat ein großes Interesse daran, sein Geldsystem aufrechtzuerhalten“, sagt Krämer. Eher ist mit Sanktionen und Verboten zu rechnen, als dass die Kryptowährungen Euro und Dollar verdrängen. „Denn der Staat profitiert von den Gewinnen seiner Notenbank“, sagt Krämer. Krisensituationen kann mit zusätzlicher Geldschöpfung und dem Aufkauf von Staatsanleihen begegnet werden, wie die Europäische Zentralbank während der Euro-Krise gezeigt hat. Was die Kryptowährungen dem Verbraucher und dem Spekulanten bringen, wird sich erst noch zeigen.