Hamburg. Rückgang wird an Messstellen deutlich. Senat verweist auf einen langfristigen Anstieg. CDU erklärt das Projekt für gescheitert.
Das ist ein herber Dämpfer für den Plan des Senats, Hamburg zu einer echten „Fahrradstadt“ zu machen: Obwohl Rot-Grün massiv in den Ausbau des Radverkehrs investiert, ist die Gesamtzahl der an den Messstellen registrierten Fahrradfahrer in diesem Jahr gesunken. Das ergibt sich aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Thering.
Dabei zeigt sich an den unterschiedlichen Messstellen ein unterschiedliches Bild. So ist das ermittelte Radverkehrsaufkommen an fünf der 13 Langzeit-Zählpegel gestiegen, an denen jeweils an einem Stichtag zwischen April und Oktober (außerhalb der Ferien) von 6 bis 19 Uhr gemessen wurde. An den übrigen ist es zurückgegangen.
Mehr Radfahrer als 2016 wurden demnach an Kennedy- und Lombardsbrücke, Willy-Brandt-Straße, Meßberg und Schöneberger Straße gezählt. Zum Teil sehr deutliche Rückgänge gab es an der Bahrenfelder Chaussee, an der Hoheluftchaussee, Dammtorstraße, August-Krogmann-Straße, Wandsbeker Allee, Wandsbeker Marktstraße, Washingtonallee und Horner Landstraße.
An diesen Messstellen gab es Steigungen
An den 25 sogenannten „Kurzzeitpegeln“, an denen jeweils an einem Tag zwischen 7 und 9 sowie 13 und 18 Uhr gemessen wurde, sind die Ergebnisse ebenfalls sehr unterschiedlich. So ging das Fahraddaufkommen an 16 dieser Zählstellen gegenüber 2016 zurück, an neun nahm es zu.
Steigerungen gab es etwa an Frohmestraße, Hudtwalckerstraße, Kleiner Schäferkamp, Saseler Chaussee, Stadtbahnstraße oder Lohbrügger Markt. Weniger Radler wurden dagegen unter anderem gezählt an Elbchaussee, Schulauer Weg, Wendlohstraße, Beim Schlump, Hammer Straße oder Tonndorfer Hauptstraße.
38 Pegelmessstellen zählen Radfahrer
Rechnet man alle Daten aus den 38 Pegelmessstellen zusammen, so ergibt sich ein Rückgang von 53.164 gezählten Fahrradfahrern bei den Messungen im Jahr 2016 auf nur noch 51.575 in 2017. Rückläufig war auch die Summe der Radler, die von der fest installierten Zählsäule an der Gurlitt-Insel (An der Alster) registriert wurden.
Da die Zahlen für 2017 bisher lediglich für Januar bis November vorliegen, lässt sich ein Vergleich mit den Vorjahren nur für diesen Zeitraum anstellen. Dabei sank die Zahl von 2.022.691 Radlern in 2016 (Januar bis November) auf nur noch 1.947.229 im selben Zeitraum 2017.
Schon 2016 hatte die Säule an der Alster einen Rückgang gegenüber 2015 gemessen. Rechnet man dies bei der Gesamtbetrachtung mit ein, so lässt sich nach den neuen Zahlen bereits für 2016 ein Rückgang der Hamburger Radfahrer-Zahlen gegenüber 2015 feststellen.
SPD-Verkehrsstaatsrat sieht Aufwärtstrend
Angesichts dieser für Rot-Grün problematischen Daten ist nun der Kampf um ihre Deutung entbrannt. Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) verweist auf die positive langfristige Entwicklung: „Die Zählungen aus den Jahren 2011 bis 2017 sprechen für sich und zeigen auf, dass sich ein Wandel im Verkehrsverhalten zu mehr Radnutzung vollzieht.“
Vergleiche man die Pegelmessungen von 2011 und 2017, ergebe sich ein klarer Aufwärtstrend. Laut Senatsantwort auf die CDU-Anfrage wurden 2011 an den Pegeln 34.050 Radfahrer gezählt, 2017 waren es (trotz des Rückgangs gegenüber 2016) bereits 51.575 – ein rasanter Anstieg von 51 Prozent in sechs Jahren.
Dieser Trend werde sich mit dem Ausbau der Radwege fortsetzen, so Rieckhof. „Allein die umwerfende Reaktion auf die derzeitige Bürgerbefragung zum StadtRad-Ausbau zeigt, wie wichtig die Förderung des Radverkehrs für die Hamburger ist.“
CDU will Verkehrskonzept vorlegen
CDU-Verkehrspolitiker Thering bewertet die Zahlen völlig anders. Der Rückgang zeige, „dass SPD und Grüne in die falsche Richtung radeln“. Bei seinem „parteipolitischen Prestigeprojekt Fahrradstadt“ vergesse der Senat, „dass Hamburg als Millionenmetropole, Hafenstandort und Logistikdrehkreuz des Nordens“ nicht mit in der Regel deutlich kleineren „Fahrradstädten“ zu vergleichen sei.
„Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass gerade Senioren und Familien mit Kindern ihr Fahrrad lieber stehen lassen, als sich die Straße mit einem 40-Tonnen-Lkw zu teilen und sich somit unnötigen Gefahren auszusetzen. Hamburg braucht endlich ein gesamtstädtisches Verkehrskonzept statt abgehobener Verkehrserziehung.“
Die CDU habe „als einzige Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft bereits im Mai 2016 ein eigenes Radverkehrskonzept vorgelegt, welches auf Anreize, Förderung und Dialog setzt“, so Thering. „Rechtzeitig zur Bürgerschaftswahl 2020 werden wir ein gesamtstädtisches Verkehrskonzept vorstellen.“