Hamburg. Umweltsenator Jens Kerstan kritisiert Airlines. Bei absehbaren Verspätungen müssten Flüge auch einmal ausfallen.

Am Donnerstag wurde am Flughafen Hamburg der 1000. verspätete Nachtflug dieses Jahres gezählt. Zuletzt habe es eine solche hohe Zahl von zu späten Starts oder Landungen vor zehn Jahren gegeben, teilte die Umweltbehörde am Freitag mit. In Hamburg gilt von 23 Uhr an ein Nachtflugverbot – allerdings werden „unvermeidbare“ Verspätungen gestattet. „Die Entwicklung geht bei den Nachtflügen in die komplett falsche Richtung“, kommentierte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) die neuen Zahlen.

Kerstan kritisierte, dass die Fluggesellschaften trotz einer „Pünktlichkeitsoffensive“ keine Verbesserung für die Nachtruhe der Anwohner erreicht hätten. Die Umweltbehörde werde jetzt jeder einzelnen Verspätung auf den Grund gehen, kündigte er an. Bei absehbaren Verspätungen müssten Flüge auch einmal ausfallen, fordert der Senator und bekommt dafür Lob von der Bürgerinitiative für Fluglärmschutz. „Gut ist, dass der Umweltsenator erstmalig die Vermeidbarkeit von Fluglärm in der gesetzlich geschützten Nachtruhe anerkennt“, sagt Initiativen-Sprecher Martin Mosel.

Flughafen will Gespräche mit Airlines führen

Flughafenchef Michael Eggenschwiler kündigte unterdessen an, „das Gespräch mit den betroffenen Fluggesellschaften zu intensivieren“. Der CDU-Verkehrspolitiker Dennis Thering forderte indes den Senat auf, mit dem „Herumeiern“ in Sachen Fluglärm aufzuhören und auf die Beschwerden der Anwohner mehr einzugehen – was auch wichtig für die Akzeptanz des Flug­hafens sei.

Tatsächlich dürfte dieser neue Negativrekord bei den Nachtflügen jetzt auch die Diskussion um ein erweitertes Nachtflugverbot beflügeln. Eine von der Umweltorganisation BUND gestartete Volkspetition will erreichen, dass das Nachtflugverbot sogar um eine Stunde erweitert wird, sodass es bereits um 22 und nicht um 23 Uhr wirksam ist. Nur ein konsequentes Verbot sei die richtige Antwort auf die hohe Zahl zu später Flüge, argumentierten die Umweltschützer.

Davor aber warnen die Liberalen in der Bürgerschaft. Eine Einschränkung der Flughafen-Betriebszeiten schade dem Standort Hamburg, argumentiert Michael Kruse, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion. Eine Verlegung des Nachtflugverbots auf 22 Uhr hätte „gravierende wirtschaftliche Auswirkungen“. Die Gefahr sei, dass dann einzelne Flugzeuge nicht mehr in Hamburg stationiert würden. Das aber würde pro Flugzeug einen Verlust von etwa 36 Arbeitsplätzen bei den Bodenverkehrsdiensten bedeuten. Wirtschaftsvertreter sind derselben Meinung. „Eine weitere Einschränkung der Erreichbarkeit Norddeutschlands mit dem Flugzeug würde uns ein weiteres Stück von der wirtschaftlichen Entwicklung im Süden abhängen“, sagt beispielsweise Uli Wachholtz von der Vereinigung der Unternehmensverbände Hamburg und Schleswig-Holstein.