Hamburg. Die sehenswerte Ausstellung „Uri Korea“ wurde im Museum für Völkerkunde eröffnet. Besucher können auf unterhaltsame Art viel lernen.

Nur wenige Deutsche waren schon einmal in Korea. Wer aber die neue Ausstellung im Museum für Völkerkunde mit dem zunächst kryptischen Titel „Uri Korea“ besucht, der hat hinterher das Gefühl, in einer koreanischen Großstadt zu Gast bei einer Familie gewesen zu sein und hat auf unterhaltsame Art viel gelernt.

Die Ausstellung

„Uri Korea“ (Unser Korea) wurde von zwei Teams in drei Jahren erarbeitet. Wissenschaftler des National Folk Museums of Korea konzipierten den zeitgenössischen Teil, Susanne Knödel, als Kuratorin des Hamburger Völkerkundemuseums spezialisiert auf Ost- und Südasien, den historischen: mit 150 wertvollen Artefakten und Alltagsgegenständen der eigenen Sammlung.

Zitate im Vorraum weisen auf Gemeinsamkeiten zwischen Korea und Deutschland: „Wir leben in einem geteilten Land“ galt lange Zeit auch für die Deutschen, „Wir hoffen auf eine Erfolgsgeschichte durch Bildung“ gilt in beiden Ländern bis heute. Um Nord­korea geht es im zeitgenössischen Teil der Ausstellung übrigens gar nicht.

Frauenporträt, spätes 19./frühes 20.
Jahrhundert
Frauenporträt, spätes 19./frühes 20. Jahrhundert © NRICH/Museum für Völkerkunde Hamburg

Entlang wichtiger Kristallisationspunkte hat das koreanische Team die aktuelle Lebenswelt seines Landes so plastisch dargestellt, dass Besucher fast das Gefühl haben, sie seien vor Ort. Die Arbeitswelt wurde weitgehend ausgespart, die luftige Ausstellungsarchitektur ist einfach und anspruchsvoll.

Vorbei an einer Original-Garküche mit täuschend echt nachgemachtem Essen geht es in einen Mini-Supermarkt. Dort erklären kurze Videos, welcher Gegenstand wie benutzt wird, etwa ein Rückenkratzer, den die Koreaner früher „Hand des guten Sohnes“ nannten. Es folgt ein Restaurant mit vier Klingeln pro Tisch, eine Original-Karaokebox mit Paillettenhut oder Hippieperücke, eine Reihe U-Bahn-Sitze und ein Motorroller mit Lieferbox. In Korea, wo sehr viel, hart und lange gearbeitet wird, ist es ein Massenphänomen, sich das Essen nach Hause liefern zu lassen.

Vorbildlich: Das Geschirr wird zwei Stunden später wieder abgeholt. Sehr interessant ist eine fast komplett nachgebaute Privatwohnung mit Original-Kimchi-Kühlschrank. Der wichtige Nahrungsbestandteil wird in vielen Familien noch heute aus fermentiertem Chinakohl und Rettich zubereitet. Möbel und Geschirr zeugen von einem hoch entwickelten ästhetischen Verständnis und von erlesenem, an größtmöglicher Einfachheit orientiertem Geschmack. Interviews mit Koreanern und Deutschen über die Eindrücke voneinander runden diesen Teil schlüssig und hörenswert ab.

Von den historischen Stücken der bedeutenden hauseigenen Sammlung lassen sich viele Bezüge zur Gegenwart herstellen, etwa zum sozialen Aufstieg durch Bildung.

Das Land

Südkorea ist sehr dicht besiedelt und hat gut 51 Millionen Einwohner. In nur 20 Jahren ist das Land von einem der ärmsten Länder der Erde zu einer der größten Industrienationen geworden. Weltkonzerne wie Samsung haben dort ihren Sitz. 90 Prozent der Bevölkerung leben in Städten, Südkorea hat das höchste Bildungsniveau der Welt.

Höhepunkte

Die nachgebaute Privatwohnung ist der Knaller der Ausstellung. Besonders spannend sind die Küche mit Kimchi-Kühlschrank, Lagertopf und gedecktem Tisch und natürlich der echte Schreibtisch eines koreanischen Schülers: Sein Englischheft mit handschriftlichen Notizen ist aufgeschlagen, ein Lehrer erklärt auf einem Mini-Bildschirm bestimmte Formeln, und gegen den Prüfungsstress geht dieser Schüler regelmäßig in die Sauna.

Typischer koreanischer
Motorroller
zur Essens-Auslieferung
Typischer koreanischer Motorroller zur Essens-Auslieferung © National Folk Museum of Korea

Unter den historischen Objekten ist eine fantastische, im Ganzen sieben Meter hohe Landkarte des östlichen Königreiches herausragend, von der nur ein kleiner Teil ausgestellt ist. Sie ist nicht nur wunderschön gezeichnet, mit den Bergen als Meridian-Energiesystem, sondern sie ist auch wissenschaftsgeschichtlich interessant, weil Skalierungssysteme und die Topografie präzise darauf verzeichnet sind.

„Uri Korea. Ruhe in Beschleunigung“ Museum für Völkerkunde (U Hallerstr.), Rothenbaumchaussee 64, Eintritt 8,50/4,- Di–So 10.00–18.00, Do bis 21.00; bis Ende 2018. Restkarten gibt es noch für eine exklusive Hamburger-Abendblatt-Führung mit Catering am 29.1.18. Kosten: 40 Euro zuzügl. Gebühren, T. 040/30 30 98 98.