Hamburg. Jungunternehmer erhalten bis zu 50.000 Euro Eigenkapital. Konzerne wie Edeka, Tchibo und Beiersdorf fördern mit.
Es dürfte auch eine Frage der Generation sein: Für viele Menschen wird sich nicht auf den ersten Blick erschließen, welchen Nutzen eine App, die dazu gedacht ist, Teampartner für Computerspiele wie „League of Legends“ zu finden, für große Hamburger Unternehmen wie den Nivea-Hersteller Beiersdorf oder den Kaffeeröster J.J. Darboven haben soll.
Aus Sicht von Christoph Schepan ist das allerdings nicht erstaunlich, schließlich biete sich den Firmen ein Zugang zu einer Zielgruppe von vielen Millionen Menschen: „E-Sport wird eine richtig große Sache, bei den Wettkämpfen füllen sich die Hallen.“ Schepan ist Geschäftsführer des Next Commerce Accelerator (NCA); das ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Haspa, der HSH Nordbank und der Stadt Hamburg, das Start-ups und etablierte Firmen zusammenführt, um gemeinsam Geschäftsinnovationen im Bereich des elektronischen Handels zu entwickeln.
Beteiligungskapital von bis zu 50.000 Euro
Im Fall der Entwickler der App „MateCrate“ geht es aber keineswegs hauptsächlich um einen potenziellen Absatzmarkt für Hautcremes mit Blick auf die stark beanspruchten Hände von Intensiv-Computerspielern. Denn vor allem haben die Entwickler der App bewiesen, dass sie ein überzeugendes digitales Produkt zustande bekommen.
MateCrate ist eines von vier Start-ups, die Schepan und seine Kollegen aus rund 300 Bewerbern ausgewählt haben. Die vier Jungfirmen erhalten ein Beteiligungskapital von jeweils bis zu 50.000 Euro. Kapitalgeber sind die zehn NCA-Investoren. Neben der Haspa und der HSH Nordbank sind das die Handelskonzerne Tchibo und Edeka Nord, der Kosmetikhersteller Beiersdorf, der Kaffeeröster J.J. Darboven, das Hafenunternehmen HHLA, die Softwarefirma Novomind, die Bäckereikette Junge und ein großes Hamburger Handelshaus, das nicht genannt werden möchte.
Firmenkultureller Aspekt
Welchen Nutzen die Start-ups von den NCA-Aktivitäten haben, liegt auf der Hand: Außer der Kapitalspritze, für die NCA im Gegenzug eine Beteiligung von bis zu zehn Prozent erhält, lockt die Chance auf konkrete Aufträge von den Konzernen und womöglich auf eine weitere Kapitalbeteiligung, die mit einem der Investoren individuell vereinbart werden kann.
Andreas Mansfeld, der den Bereich Großkunden bei der Haspa leitet, fasst den Vorteil, den die etablierten Unternehmen aus der Teilnahme an NCA haben, so zusammen: „Wir bringen sie mit den besten Start-ups zusammen.“ Dies habe für die Haspa und ihre Partner auch einen firmenkulturellen Aspekt: „Wir alle wollen schneller werden. Durch die Begegnung mit den Jungunternehmern lernen wir andere Arbeitswelten kennen.“ Das beginne schon mit der Lokalität, so Mansfeld: „Hier bei NCA, im Betahaus mitten im Schanzenviertel, fühlt es sich anders an als in den gediegenen Besprechungsräumen von Firmenzentralen.“
Testphase läuft
Nur zwei der vier ausgewählten Start-ups sind bisher im engeren Sinn im Handelssektor aktiv: Die Altonaer Firma Sleekcommerce hat die hoch flexible Onlinehandels-Software Sleekshop entwickelt. Und Prelovee aus München bietet eine Internet-Suchmaschine, die in den diversen Online-Marktplätzen für Luxus-Secondhand-Mode nach ganz bestimmten Stücken Ausschau hält.
Das Team von Movemates hingegen organisiert über die gleichnamige App den Transport von sperrigen Gegenständen wie etwa Möbelstücken. Eine Testphase läuft, im Januar geht es richtig los. Die Hamburger Firma hat zumindest indirekt ebenfalls eine Verbindung zum Handel, wie NCA-Geschäftsführer Schepan erklärt: „Nicht alle kleineren Geschäfte haben einen eigenen Lieferservice, da kann die Movemates-App eine Lösung sein.“
Bewerbungsphase für nächste Runde im Januar
Bei den vier Start-ups, die seit Oktober gefördert werden, soll es nicht bleiben. Jedes halbe Jahr will NCA zusammen mit den Investoren etwa fünf Jungunternehmen auswählen. Die Bewerbungsphase für die nächste Runde beginnt im Januar, im April startet das Programm für die „Sieger“. Vorgesehen ist, diesmal verstärkt auch Kandidaten aus dem Ausland anzusprechen. „Wir erwarten, dass sich zumindest die Schlüsselpersonen der ausgewählten Firmen während des halben Jahres überwiegend hier vor Ort in Hamburg präsent sind“, sagt die NCA-Mitarbeiterin Ira Tittler. In der Regel bestehen die Teams aus insgesamt vier bis fünf Mitgliedern.
„Wir haben schon die Hoffnung, dass einige der auswärtigen Start-ups, mit denen die NCA-Investoren zusammenarbeiten, auch in Hamburg bleiben“, ergänzt Mansfeld. Die Haspa hat auf diesem Feld schon Erfahrung: Seit 2015 ist die Sparkasse als Partner des Next Media Accelerator, der mediennahe Start-ups fördert, mit dabei. Denn ganz gleich in welcher Branche, so Mansfeld: „Alle fragen sich: Was passiert morgen mit meinem Geschäftsmodell? Werde ich dann vielleicht ersetzt durch jemanden, den ich heute noch gar nicht auf dem Radarschirm habe?“ Für den NCA hätte man weit mehr als zehn Investoren finden können, sagt Mansfeld: „Das Interesse ist riesengroß.“