Eppendorf. Morgen wird der umgebaute Wellnessbereich des Holthusenbads im Stil der 20er-Jahre eröffnet. Das Abendblatt hat sich schon umgesehen.
Kino oder Sauna? Bei dem Wetter passt sowohl das eine als auch das andere. Das Holthusenbad an der Goernestraße nimmt einem jetzt die Entscheidung ab und ermöglicht beides gleichzeitig. „Lichtspielhaus“ heißt die 90-Grad-Sauna, in der man auf Holzbänken mit Lehnen Platz nimmt. An den Wänden hängen Motive aus Filmklassikern wie „Metropolis“, „Der blaue Engel“, „Dr. Mabuse“ und „Die Büchse der Pandora“. Der Vorhang öffnet sich, die Lichter ändern ihre Farbe, unter dem Sitz vibrieren Boxen, Film ab!
„Seereise“ heißt dieser, man sieht Segelschiffe, das weite Meer, viel Horizont. Dazu erklingt das Rauschen des Wassers, man hört Möwen, Seehunde, den Wind und merkt bei so viel Kühle zum Gucken und Hören gar nicht, wie einem heißer wird. Selten so erfrischt geschwitzt. „Wir berühren die Menschen nicht nur mit Hitze. Bilder und Musik haben eine extrem emotionale Wirkung auf unseren Körper“, sagt Sascha Hoffmann, der sogenannte Sauna-Headcoach der Bäderland Hamburg GmbH. Er und seine Kollegen lassen sich einiges einfallen, um aus einem simplen Saunagang ein Erlebnis zu machen.
Kleine Shows
Im „Lichtspielhaus“, das so aussieht wie ein Filmpalast der 20er-Jahre, zeigen sie unterschiedliche Kurzfilme und führen je nach Stimmung der Gäste auch selbst kleine Shows vor. Von „Asterix und Obelix“ bis „Der große Gatsby“, die Möglichkeiten sind grenzenlos. „Wir wollen die Gäste durch die neue Technik entführen“, sagt Hoffmann. Ins Reich von Eskapismus und Entspannung. Unterhaltungswellness auf höchsten Niveau. „Sogar Partys sind in dieser Sauna möglich, in der Mitte ist eine Tanzfläche, wir drehen die Musik richtig auf, und los geht’s.“ Die Motivation und die Ausrüstung des 40-Jährigen stimmen auf jeden Fall. Er benutzt keine simple Holzkelle für den Aufguss, nein, er hält eine Regenkelle, mit der er das Wasser feiner dosieren kann. Er schwenkt auch kein normales Handtuch durch den Raum. Seines ist halbrund geformt, damit kommt er dichter an die Gäste ran, und die Reflektoren an den Rändern sorgen für zusätzliches Disco-Feeling.
Neun unterschiedliche Saunen und Dampfbäder sind im Holthusenbad entstanden, alle im Stile der 20er-Jahre. Die „Kaffeestube“ beispielsweise sieht aus, als könnte man sich direkt einen Cappuccino bestellen. Es riecht auch so, den ätherischen Ölen sei Dank. Sie strömen via Raumbeduftungsanlage aus einer umfunktionierten Kaffeekanne. Würden Sie mir mal den Zucker reichen, bitte? Welch vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten sich hier ergeben. Süß! Eine andere Sauna wirkt mit ihren Stuckelementen, dem Kachelofen und der Dielenoptik bei den Fliesen wie ein Eppendorfer Wohnzimmer. Immer herein in die gute Stube. „Nein! Da steht ihr im frisch verfugten Bereich! Raus da!“, ruft ein Fliesenleger aufgeregt.
Für 1,7 Millionen Euro wird hier seit April geschuftet und gewerkelt. Noch werden die letzten Kacheln gespachtelt, Hölzer verschraubt, Kabel verlegt und Lichter installiert. Moin! Tach! Servus! Geht man durch die neuen Räume, kommt man aus dem Grüßen gar nicht mehr heraus. In der finalen Umbauphase sind unzählige Handwerker aus allen Teilen Deutschlands gleichzeitig vor Ort. Bis spätestens Freitagnachmittag muss alles fertig sein, ein Ding der Unmöglichkeit, flüstert man leise. „Nein, wir machen nachts durch, das passt schon“, sagt Badleiter Waldemar Jakobi. Mit seinen 31 Jahren eigentlich noch recht jung, doch mit dieser Baustelle fünf Jahre älter geworden, wie er lachend gesteht.
Renovierung erforderte gute Nerven
Ein denkmalgeschütztes, riesiges Bad zu renovieren, von dem es keine Baupläne gab, das erfordert gute Nerven. Da taucht dann beim Abriss einer Sauna plötzlich eine ältere Sauna auf, die zuvor abgebrannt und einfach zugebaut worden war. Da weiß man nicht, wo welche Leitung langgeht, da steht plötzlich ein 40-Tonner vor der Tür und stellt eine Ladung Holzteile auf den Gehweg.
Aber ein Haus, das schon zwei Weltkriege ohne jeden Schaden überlebt hat, das steckt auch solche Herausforderungen locker weg. Die „Badeanstalt Eppendorf“ entstand 1914, als viele Hamburger noch kein eigenes Bad hatten. Es war nicht nur eine wichtige hygienische Einrichtung, sondern seit 1927 – als ein beheizbares Außenbecken eingebaut wurde – das erste seiner Art in Europa: in einem Freibad selbst im Winter zu schwimmen, an der Goernestraße geht das seit 90 Jahren. Generationen von Schülern lernten hier Schwimmen. Ihren Namen erhielt die Warmbadeanstalt 1920 nach dem Senator Gottfried Holthusen, der in dem Jahr starb. Und die zeitlos schöne Backstein-Architektur verdankt sie dem bekannten Hamburger Baumeister Fritz Schumacher.
„Zurück zu den Wurzeln“
Das Holthusenbad galt stets als einer der schönsten Orte der Stadt. Mit dem Umbau knüpft es nun wieder an die ruhmreichen Gründerjahre an. „Zurück zu den Wurzeln“, nennt es Bäderland-Pressesprecher Michael Dietel. „Die Architektur und die Kultur der Goldenen 20er-Jahre passen perfekt in dieses wundervolle Gebäude.“ Wie sang Marlene Dietrich noch in „Der Blaue Engel“? „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Sauna eingestellt, denn das ist meine Welt und sonst gar nichts.“
Am heutigen Freitag von 15 bis 20 Uhr können sich Interessierte den neuen Saunabereich im Holthusenbad kostenfrei ansehen.
Am Sonnabend um 10 Uhr beginnt dann der reguläre Betrieb. Eine Tageskarte kostet 19 Euro, am Wochenende 20,50 Euro.