Hamburg. Zum 25. Geburtstag der Techno-Pop-Band gibt’s ungewöhnliche Versionen ihrer Hits, gespielt von Klassik-Pianistin Olga Scheps.

„Welches Stück spielt sie denn eigentlich gerade?“ Leichte Irritation unter den dicht gedrängten Journalisten in der Spirio Lounge des Klavierhauses Steinway gegenüber der Elbphilharmonie. Während draußen ein kalter Wind pfeift, entfalten sich drinnen warme Klänge, doch welches Stück genau Pianistin Olga Scheps vorträgt, können nicht mal die anwesenden Mitarbeiterinnen der Plattenfirma adhoc beantworten. Eine Scooter-Nummer, klar, aber welche? Klingt einfach so gar nicht nach dem üblichen Stampf-Stampf-Stampf, eher nach Schumann. Seltsam. Aber sehr schön.

„4 A. M.“ war’s, klären Scheps und Scooter-Frontmann H. P. Baxxter, der auch zum Pressetermin gekommen ist, später auf. „Ganz schön melancholisch, oder? Richtig toll, und nicht so dahingespielt wie die Sachen von Richard Clayderman“, freut sich der wie immer dezent gebräunte, alterslose Blondschopf (Jahrgang 1964) über diese ziemlich ungewöhnliche Version der partyerprobten Härter-schneller-lauter-Nummer.

Und plötzlich klingt Scooter wie „richtige“ Musik

25. Geburtstag feiert die Hamburger Techno-Pop-Dampfwalze dieser Tage, Anlass für eine opulente „100% Scooter“-Box mit fünf CDs, LP, Kassette und 112-seitigem Fotobuch. Für Fans ein Fest, aber nicht der einzige Grund, für diesen vergleichsweise frühen Pressetermin (H.P. Baxxter: „Ich war gestern noch beim HSV und bin eigentlich ein Nachtmensch, normalerweise mache ich vor zwölf Uhr nichts.“).

Komponist Sven Helbig, Gründer der Dresdner Sinfoniker, hat elf Scooter-Klassiker neu arrangiert – für klassisches Klavier. Und an dem saß im Osnabrücker Aufnahmestudio und sitzt jetzt in der Hamburger Steinway Lounge Olga Scheps. Weltklasse-Pianistin, sonst eher für Chopin, Schubert oder Rachmaninow zuständig, nun einerseits auf Technokurs, andererseits aber auch wieder nicht, denn unter ihren Händen klingen Nummern wie „How Much Is The Fish?“, „Mary Got No Lamb“ oder „Marie (I Like It Loud)“ plötzlich so gar nicht mehr nach Großraumdisco und Stroboskop-Gewitter. Sondern nach „richtiger“ Musik. Scooter im Großen Saal der Elbphilharmonie? Mit diesen Arrangements überhaupt kein Problem.

Olga Scheps hat früher auch Scooter gehört

Als Jugendliche habe sie natürlich auch Scooter gehört, erzählt Olga Scheps. Und H. P. Baxxter sekundiert, Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ hätten ihn schon als Schüler elektrisiert – jedenfalls in der Rockversion von Emerson, Lake & Palmer. Auch Deep Purple, eine Band, die bisweilen Hardrock mit Klassik verband, sei einer seiner Jugendlieben. Ohnehin gelte: „Man fühlt es, oder eben nicht!“. Was interessieren da noch Genregrenzen?

Bei ihren klassischen Recitals werde sie künftig auch Scooter im Repertoire haben, sagt Olga Scheps. „Aber du kannst nach einer Chopin-Komposition doch nichts von uns spielen“, entfährt es H. P. Baxxter und er schaut dabei sogar ein wenig erschrocken. „Klar, ist doch streng genommen auch Klassik“, erwidert die 31-Jährige, die ebenso wie Martha Argerich, Maurizio Pollini oder Hélène Grimaud zum Kreis der renommierten „Steinway Artists“ gehört, die hier am Kaiserkai von der Fotowand lächeln. „Die Klangsprache ist eine andere, aber der Inhalt ist der selbe.“

Nach den fünf Scooter-„Klassikern“, die an diesem Morgen live gespielt werden, ist das kaum zu bestreiten. Auch wenn nicht jeder gleich weiß, was er da eigentlich hört.

Olga Scheps: "100 % Scooter - Piano Only" Das Album erscheint am 15. Dezember separat sowie als Teil des Scooter-Jubiläumsalbums "100 % Scooter (25 Years Wild & Wicked)"

Scooter live Fr 16.2., 20.00, Barclaycard Arena, ausverkauft;