Hamburg. Bundespolitik nach Jamaika-Aus im Zentrum der Mitgliederversammlung. Es ging zudem um Personalpolitik.

Die Grünen sind eine erstaunliche Partei: Die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition in Berlin sind geplatzt und die Machtperspektive auf Bundesebene ist es auch, trotzdem ist die Stimmung so gut wie seit Langem nicht mehr. „Wir haben viel Zuspruch bekommen seit dem Jamaika-Aus. Und noch viel schöner ist, dass die Umfragen für uns nach oben zeigen“, sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank auf der Landesmitgliederversammlung der Grünen in der Louise Schroeder Schule. „Die Grünen stehen, wenn es darauf ankommt.“ Das sei die Botschaft der Sondierungen gewesen.

„Wir haben in den Sondierungen an Stärke gewonnen. Wir haben Haltung gezeigt und um die besten Ideen gerungen“, befand auch die Gastrednerin, die Brandenburger Grünen-Bundestags­abgeordnete Annalena Baerbock, die an den Gesprächen in Berlin teilgenommen hatte. „Es gab die Chance auf gesellschaftliche Veränderungen. Dass diese Chance genommen wurde – da sind wir zu Recht alle stinkesauer auf die FDP“, sagte Baerbock, die die Liberalen „auf einem rechtspopulistischen Europakurs“ sieht. „Aber wir müssen aufpassen. Wir werden nicht wegen der Sondierungen gewählt werden. Die Leute wollen wissen, was wir gegen den Klimawandel tun“, mahnte Baerbock.

„Cem Özdemir an die Spitze stellen“

„Unsere Themen waren extrem präsent. Wir werden im Bundestag die einzige Oppositionspartei sein, die nicht auf Populismus setzt“, sagte Landeschefin Anna Gallina. Strategisch haben sich viele Grüne bereits festgelegt. „Die FDP bekommt jetzt die Quittung für ihre taktischen Spielchen. Die haben die Mitte verloren, da liegt eine gute Chance für uns“, sagte Fegebank. „Die FDP wendet sich gegen sich selbst. Nichtstun ist auch Machtmissbrauch“, befand auch Bürgerschaftsfraktionschef Anjes Tjarks.

Es ging zudem um Personalpolitik. „Ich finde, dass wir Cem Özdemir an die Spitze stellen müssen. Er ist der mit Abstand beliebteste Politiker der Grünen“, forderte Fegebank mit Blick auf die Grünen-Bundestagsfraktion. Tjarks sprach sich ebenfalls dafür aus, dass der Realo Özdemir, der nicht wieder als Bundesvorsitzender kandidieren will, „eine wichtige Rolle spielen“ müsse. Derzeit sind Anton Hofreiter vom linken Flügel und Katrin Göring-Eckardt von den Realos die Fraktionschefs. Mit Baerbock und dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck haben allerdings am Wochenende zwei weitere Realos ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz angekündigt.

Antrag gegen Islam-Staatsvertrag abgelehnt

Knapp eine Stunde diskutierten die Grünen über den Leitantrag „Vom Ihr zum Wir. Vielfalt ist unser Schatz“. Die Position einiger Grüner, sich in dem Antrag für ein Kopftuchverbot auszusprechen, setzte sich nicht durch. Abgelehnt wurde von der deutlichen Mehrheit der Mitglieder auch der Antrag, den Islam-Staatsvertrag vorerst auszusetzen. Dabei ging es darum, dass Mitglieder des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) an einer Demonstration teilgenommen haben, auf der die Vernichtung Israels gefordert wurde.