Hamburg . Zudem erhielt der 23-jährige Angeklagte eine Bewährungsstrafe. Bei der Attacke auf den Reitsalon wurden zwei Kinder verletzt.
Das Ponykarussell auf dem Hamburger Dom war gut besucht. Wie so oft standen Kinder Schlange, um eine Runde auf dem Rücken eines der Tiere drehen zu können. Doch plötzlich rannten mehrere Männer auf die Tiere zu, mit Flatterband in den Händen und rudernden Armen. Die Tiere scheuten, Kinder wurden abgeworfen. Zwei Mädchen erlitten zum Teil schwere Verletzungen.
So hatte sich eine Sechsjährige in einem Steigbügel verfangen, war mitgeschleift worden und schlug mehrfach mit dem Kopf an die äußere Umrandung der Manage. Eine Zehnjährige wurde an Rücken und Arm verletzt. Wegen dieser Aktion vom 1. April vergangen Jahres musste sich am Donnerstag ein 23 Jahre alter Mann vor dem Amtsgericht verantworten.
Angeklagter wollte politisches Zeichen setzen
Die Staatsanwaltschaft wirft Finn-Ole R. gefährliche Körperverletzung vor. Als einziger der Aktivisten hatte der junge Mann damals festgenommen werden können. Seine mindestens zwei Mittäter konnten fliehen. Was er getan hat, tue ihm „unglaublich leid“, sagte der Angeklagte zum Prozessauftakt. „Ich habe nicht gewollt, dass Menschen, geschweige denn Kinder, zu Schaden kommen.“ Er habe ein politisches Zeichen setzen wollen. Das Ponykarussell sei in seinen Augen „scheußlicher als jede Geisterbahn“, sagte er und sprach von einer „Abscheulichkeit“, weil die Tiere jeden Tag stundenlang im Kreis laufen müssten. „Ich wollte etwas tun, um die Tierquälerei zu beenden.“
Bei seiner Aktion habe er nicht durchdacht, dass die Ponys durchgehen und Menschen zu Schaden kommen könnten. „Das war der vielleicht größte Fehler meines Lebens“, sagte Finn-Ole R. Er engagiere sich seit zwei Jahren politisch, „auch für Tiere“, betonte der der gelernte Mediengestalter. Ob er in einer Organisation tätig ist, wollte er nicht sagen. Jedenfalls würden auch Pferde ungerecht behandelt, betonte er, „zum Beispiel Polizeipferde. Ich bin dagegen, dass man Tieren bestimmte Aufgaben aufzwingt.“
Verletztes Mädchen erscheint nicht beim Prozess
Der Vater der verletzten Sechsjährigen, der im Prozess für seine Tochter als Nebenkläger auftritt, erklärte, er sei für Engagement und für Protest. „Aber nicht gegen Menschen und ganz sicher nicht gegen Kinder!“ Er sei überzeugt, so der 62-Jährige, dass Finn-Ole R. die Absicht hatte, Kinder zu verletzen, um eine Schließung des Ponykarussells zu erreichen. „Sie können nicht stolz sein auf das, was Sie getan haben. Ein kleines Mädchen ist verletzt worden!“
Ob sie zum Prozess mitkommen wolle, hatte ihr Vater die heute Siebenjährige gefragt. „Ist der Mann auch da“, fragte das Mädchen laut seiner Schilderung angstvoll. Und als es hörte, dass sie ihm dort begegnen würde, lehnte sie ab. „Der Arzt sagte, dass ich fast meinen Rücken gebrochen hätte“, habe das Mädchen gesagt. „Und dann würde ich jetzt im Rollstuhl sitzen.“
Die Männer waren einem Zeugen schon vorher aufgefallen
Zeugen hatten beobachtet, wie der Angeklagte und zwei weitere Männer zunächst am Rande des Ponykarussells warteten. „Mir fielen die Männer vorher schon auf, weil sie irgendwie nicht ins Bild passten“, sagte ein Polizeibeamter, der privat auf dem Dom war. „Alles andere waren Familien mit fröhlichen, erwartungsfrohen Kindern.“ Erst als Kinder auf die Tiere aufgestiegen waren und die Ponys schon eine Runde gegangen waren, seien die drei Männer losgestürmt – mit rudernden Armen und Geschrei.
Ähnlich schildern es auch weitere Zeugen. Mehrere Kinder seien von den scheuenden Ponys abgeworfen worden, ein Mädchen verfing sich mit ihrem Fuß im Steigbügel und wurde mitgeschleift. „ Sie schlug mit dem Kopf mehrfach gegen die Eisenumrandung der Manage. Ich dachte: Hoffentlich kriegt die keinen Schädelbruch“, so der Polizist. Er habe den flüchtenden Angeklagten verfolgt und zu Boden gebracht. „Er hatte das genau vorbereitet. Sie hatten gewartet, bis die Kinder auf den Ponys sitzen.“
Angeklagter muss 2000 Euro Schmerzensgeld zahlen
Eine Mutter, die damals mit ihrem elf Jahre alten Sohn auf dem Dom gewesen war, gab an, der Junge bekomme „die Bilder nicht aus dem Kopf“. Und ein Vater, dessen damals zehn Jahre alte Tochter beim Sturz vom Pony Verletzungen am Rücken und am Arm erlitten hatte, berichtete, das Mädchen, das früher Pferde liebte, wolle jetzt mit den Tieren nichts mehr zu tun haben. „Mein Kind war beinahe am Tod“, sagte der 52-Jährige an den Angeklagten gewandt. „Wer so etwas macht, kann keine Liebe zu Menschen oder Tieren haben.“
Die Richterin verhängte schließlich, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Darüber hinaus muss Finn-Ole R. an die beiden verletzten Mädchen jeweils 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Richterin: "Es hätte zu Querschnittslähmungen kommen können"
„Es war sicherlich nicht Ihr Ziel, dass Kinder verletzt werden", sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Sie gehe jedoch davon aus, dass der Angeklagte eine Schädigung der Kinder „zumindest billigend in Kauf genommen hat“, betonte die Vorsitzende. „Sie wissen, wie derartige Tiere reagieren, dass sie scheuen können. Und Sie sind gezielt erst losgelaufen, als die Kinder schon auf den Ponys saßen.“ Wesentlich schwerere Verletzungen, als es hier gegeben hat, hätten die Folgen sein können. „Es hätte zu Querschnittslähmungen kommen können. Und wie schnell bricht ein Genick!“ Der Angeklagte habe eine Verletzung der Kinder als „Kollateralschaden hingenommen. Das ist eine derart gefährliche Aktion. Die kann und darf kein Tierschutz rechtfertigen.“