Hamburg. Ein Projekt in Hohenfelde gibt ihnen zumindest vorübergehend ein Zuhause. Für die, die nirgends aufgenommen werden.
Sie fahren oft bis zur Endhaltestelle, denn dort fühlen sie sich sicherer als unter einer Brücke oder auf einer Parkbank mitten in der Innenstadt. Wenn das Geld reicht, kaufen sie eine Fahrkarte und schlafen im Nachtbus. Manchmal wird ihnen von Männern ein Bett angeboten – aber nicht aus Nächstenliebe, sondern weil die Männer im Gegenzug sexuelle Dienste verlangen.
Neues Zuhause am Berliner Tor
Obdachlose Frauen in Hamburg sind Gewalt oftmals schutzlos ausgeliefert. An diesem Ort allerdings soll das anders sein: „Hier fühle ich mich sicher“, sagt Sarah und nippt an ihrem Kaffee. Sie und neun weitere Frauen haben auf dem Campus am Berliner Tor im Stadtteil Hohenfelde ein vorübergehendes Zuhause gefunden.
Auf einem Parkplatz im Schatten eines riesigen Hochhauses stehen zehn graue Container. Der Caritasverband hat das Projekt bereits 1993 ins Leben gerufen. Es ist eines der wenigen Angebote speziell für obdachlose Frauen und deutschlandweit einzigartig, denn es verbindet unter anderem Lehre und Praxis in ganz spezieller Weise – angehende Sozialarbeiter, die an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) studieren, kümmern sich die ganze Woche über abwechselnd um die Bewohnerinnen.
Eine Wohnung zu finden ist fast unmöglich
Ein warmes Bett, Privatsphäre und Sicherheit – für die Frauen, die hier leben, ein Glücksfall. Am Wochenende frühstücken alle gemeinsam in einem Container, der als Büro, Küche und Aufenthaltsraum fungiert. Es riecht nach Kaffee und frischen Brötchen. „Im Schnitt wohnen die Frauen hier etwa drei Jahre“, sagt Andrea Hniopek, die bei der Caritas die Abteilung Existenzsicherung leitet und zudem als Dozentin an der HAW arbeitet. „Wir nehmen vor allem Frauen, die sonst nirgendwo aufgenommen werden oder woanders rausgeflogen sind“, erklärt sie.
Viele der Bewohnerinnen haben mit schweren Schicksalsschlägen zu kämpfen. Sarah etwa muss als Kind nach einem Unfall ein Bein amputiert werden. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, landete die 39 Jahre alte Slowakin schließlich im Alter von 15 Jahren in der Prostitution. Sarah ist Transgender. Sie wurde im Körper eines Mannes geboren, fühlt sich aber als Frau.
Genau wie ihr geht es etwa der Hälfte der Bewohnerinnen in der Unterkunft. Bevor sie in das Containerprojekt kam, lebte sie jahrelang auf der Straße. „Nun habe ich mein eigenes Bett“, sagt sie und zeigt stolz ihre sieben Quadratmeter, auf denen noch ein kleiner Tisch und ein Schrank Platz finden.
Es sei sehr schwierig, die Frauen in Wohnungen unterzubringen, sagt Andrea Hniopek. Hilfsbedürftige Menschen bekämen die Wohnungsknappheit und steigende Mieten besonders zu spüren.
Im Rahmen des Winternotprogramms erstattet die Stadt der Caritas die Betriebskosten der Einrichtung von November bis März. Alle weiteren Kosten, die das Jahr über entstehen, müssen über Spenden finanziert werden.