Hamburg. Flughafen-Chef macht den größten Sprung. Das Gehalt der bestverdienenden Frau liegt Hunderttausende Euro unter dem des Spitzenreiters.

Die Chefs der öffentlichen Unternehmen in Hamburg haben im Jahr 2016 überdurchschnittlich gut verdient. Wie aus dem neuen „Vergütungsbericht 2016“ hervorgeht, den der Senat heute beschließen will und der dem Abendblatt exklusiv vorliegt, sind die Gehälter der Vorstandschefs und Geschäftsführer fast durchweg kräftig angestiegen. Das Papier hat durchaus politische Sprengkraft.

Den größten Sprung machte Flughafen-Chef Michael Eggenschwiler, dessen Bezüge von 367.448 in 2015 auf 409.135 in 2016 stiegen – ein Plus von mehr als 41.000 Euro oder gut elf Prozent. Kräftig zugelegt haben auch die Chefs von Hamburg Wasser (Wasserwerke und Stadtentwässerung): Die Bezüge des technischen Geschäftsführers Michael Beckereit stiegen um gut 16.000 Euro (5,4 Prozent) auf 313.968 Euro, die der kaufmännischen Geschäftsführerin Nathalie Leroy sogar um 35.000 Euro (14 Prozent) auf 281.987 Euro. Einen ähnlichen Sprung machte Alexander Loipfinger, Geschäftsführer von Hamburg Energie: Seine Bezüge stiegen um gut 33.000 Euro oder 20 Prozent auf 193.055 Euro. Ebenfalls kräftig gestiegen sind die Gehälter von HafenCity-Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg (plus 12.000 auf 312.000 Euro) und HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner (plus 14.000 auf 201.000).

Tariflöhne stiegen 2016 nur um 2,4 Prozent

Der Gehaltsboom in den Chefetagen erfasste auch die Kulturbetriebe: So durfte sich Thalia-Intendant Joachim Lux über ein Plus von fast 15.000 Euro (7,5 Prozent) auf 209.291 Euro freuen. John Neumeier, Chef des Hamburg Balletts, legte gar um 30.000 Euro (16,6 Prozent) auf 210.000 Euro zu.

Kommentar: Fragwürdige Entwicklungen

Zum Vergleich: Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) haben sich die Tariflöhne in Deutschland 2016 nur um 2,4 Prozent erhöht. Wie das Statistikportal Statista errechnet hat, ist das Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmer von 32.486 auf 33.396 Euro gestiegen.

Klaus-Dieter Peters – der mit Abstand bestbezahlte Manager

„Die Steigerungsraten stehen in keinem Verhältnis mehr zueinander“, kritisierte Hamburgs DGB-Chefin Katja Karger. „Es ist niemandem zu vermitteln, warum die Belegschaft gerade mal zwei bis drei Prozent Gehaltserhöhung bekommt, während die Chefs sich zehn oder mehr Prozent gönnen.“ Auch SPD und Grüne in der Bürgerschaft sehen manche Gehaltsentwicklung mit Sorge und hatten den Senat beauftragt, einen „Vergütungsrahmen“ zu entwickeln, der nun in Arbeit ist.

Mit Abstand bestbezahlter Manager der Stadt war Klaus-Dieter Peters, bis Ende 2016 Vorstandschef der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) mit 942.632 Euro, gefolgt von drei weiteren HHLA-Vorständen, die alle zwischen 650.000 und 700.000 Euro verdient haben. Auf Platz zwei unter den Unternehmens-Chefs liegt Burkhard Göke, ärztlicher Direktor des UKE. Zu seinem Grundgehalt von 455.000 Euro kommen noch variable Vergütungen von bis zu 110.000 Euro hinzu.

Gehalt des Chefs der Stadtreinigung sank

Rüdiger Siechau gehört einer kleinen Minderheit an. Der Geschäftsführer der Hamburger Stadtreinigung hat 2016 mit 253.302 Euro fast 4000 Euro weniger verdient als im Vorjahr (257.683). Das Schicksal teilte er mit Hinrich Habeck, Geschäftsführer des städtischen Gesundheitswirtschaft-Clusters Life Science Nord, dessen Einkommen von 133.249 auf 131.687 Euro zurückging.

Bei vielen der fast 100 aufgeführten Unternehmen gingen die Chefgehälter um fünfstellige Beträge nach oben. Dabei handelt es sich jeweils um die Gesamtvergütung, also Grundgehalt plus variable Vergütung und geldwerte Vorteile wie etwa Dienstwagen. Die zum Teil erhebliche Altersversorgung ist in diesen Summen noch gar nicht enthalten.

Abstand zu Verdienst der Belegschaft wird begrenzt

Brisant ist das insofern, als SPD und Grüne es sich zum Ziel gesetzt haben, die Gehälter in den städtischen Chefetagen zu begrenzen. Wie berichtet, hatte die rot-grüne Koalition erst im September in der Bürgerschaft beschlossen, dass der Senat einen „Vergütungsrahmen“ entwickeln soll, der das Verhältnis vom Chefgehalt zum einfachen Arbeitnehmereinkommen auf eine vernünftige Basis stellen soll. Ein erster Vorschlag liegt dazu vor.

„Damit soll ein Beitrag geleistet werden, um zu große Spreizungen bei den Einkommen zwischen Unternehmensspitze und Belegschaft zu vermeiden“, bekräftigten die beiden Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, Andreas Dressel und Anjes Tjarks. Zu den Details des Vergütungsberichts äußerten sie sich zwar nicht, stellten aber klar: „Transparenz ist gerade im Bereich der öffentlichen Unternehmen ein wichtiges Anliegen – aus Sicht der Bürgerschaft, aber auch aus Sicht aller Bürgerinnen und Bürger, die dieses Gemeinwesen und damit auch die öffentlichen Unternehmen finanzieren und ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen.“

Grund für Gehaltssprung nicht immer erkennbar

Daher wolle man den Vergütungsrahmen für die städtischen Manager­gehälter Schritt für Schritt auf den Weg bringen: „Einerseits muss es darum gehen, das Gerechtigkeitsempfinden in unserer Stadt zu berücksichtigen“, so Dressel und Tjarks. „Andererseits wollen wir natürlich auch die besten Köpfe an den Spitzen unserer Unternehmen. Das werden weiter unsere Leitlinien sein.“

Bei einigen im Vergütungsbericht ausgewiesenen Gehaltssteigerungen liegt die Erklärung auf der Hand, etwa bei Karen Pein: Sie hatte die Geschäfte der IBA Hamburg (Projektentwicklung) bis 2015 gemeinsam mit Uli Hellweg geleitet, ist seit 2016 aber alleinige Geschäftsführerin – daher stiegen ihre Bezüge von 81.913 auf 127.592 Euro.

Mitunter ist der Grund für einen Gehaltssprung allerdings nicht so klar erkennbar. Dass der Chef des Hamburger Flughafens, Michael Eggenschwiler, dessen Unternehmen derzeit vor allem mit dem Chaos bei der Abfertigung von sich reden macht, finanziell so deutlich zugelegt hat, könnte Anlass für Diskussionen bieten.

So sagt Hamburgs DGB-Chefin Katja Karger: „Dass bei den hohen Gehaltssteigerungen ausgerechnet Hamburger Unternehmer dabei sind, die in den vergangenen Monaten durch miese Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlung der Beschäftigten aufgefallen sind, ist der größte Hohn.“ Wie berichtet, hatten sich Mitarbeiter der Firma Groundstars, eine Tochtergesellschaft des Flughafens, in einem offenen Brief an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) über die schlechten Arbeitsbedingungen beschwert und klargestellt: „Wir sind nicht schuld am Kofferchaos!“

Für die Gewerkschaft sind die hohen Gehälter ein Reizthema

Auch vor diesem Hintergrund sieht Karger die Entwicklung kritisch: „Die großzügigen Gehälter der Manager und Managerinnen sind ein absolutes Reizthema in der Bevölkerung, gerade weil sie sich immer mehr von der Wirklichkeit der Beschäftigten entkoppeln“, sagte die DGB-Chefin. „Zwar langt die Privatwirtschaft noch mehr zu als die öffentlichen Unternehmen, aber gerade Letztere tragen eine andere Verantwortung gegenüber der Bevölkerung.“

Zumal die Chefs dieser Unternehmen nicht selten zusätzlich über eine fürstliche Altersversorgung verfügen. So erhielt der Spitzenverdiener der städtischen Firmen, HHLA-Vorstandschef Klaus-Dieter Peters, zusätzlich zu festen und variablen Bezügen von mehr als 940.000 Euro noch 376.000 Euro an Altersversorgung überwiesen. Und das war noch nicht einmal der Höchstwert: Bei Vorstandskollege Stefan Behn – wie Peters mittlerweile ausgeschieden – lagen die Versorgungszuschüsse mit 688.000 sogar über den Bezügen von 680.000 Euro.

Diese Leistungen schwanken jedoch extrem. So ging die Altersversorgung bei HVV-Chef Lutz Aigner von 245.000 in 2015 auf 88.000 Euro in 2016 zurück, während sie bei Hochbahn-Vorstand Jens-Günter Lang von 148.000 auf 377.000 anstieg. Bemerkenswert: Ex-Hochbahn-Chef Günter Elste hatte in 2015 noch 500.000 Euro Altersversorgung erhalten, sein Nachfolger Henrik Falk in 2016 gar nichts.

Aus der Finanzbehörde hieß es, dass es eine neue Regelung für die Altersvorsorge von Führungskräften gebe. Wurde früher ein nach Dienstjahren gestaffeltes Ruhegeld gezahlt, erhielten Führungskräfte seit rund einem Jahr zwecks privater Altersvorsorge einen Aufschlag auf ihr Gehalt von bis zu 25 Prozent. „Zahlungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden dann nicht mehr geleistet.“