Niedrige Zinsen machen die Geldanlage schwierig. Expertentipp: Sparpläne mit einfachen und günstigen Fonds. Wie es funktioniert.

Die niedrigen Zinsen lassen immer mehr Hamburger nach Alternativen suchen. Doch kann man an der Börse so sparen wie mit einem Tagesgeldkonto, auf das man jeden Monat 150 Euro überweist? Wie lassen sich regelmäßig kleinere Beträge an der Börse investieren? Wie findet man die richtigen Finanzprodukte? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen.


Werden die Zinsen nicht bald wieder steigen?
Auf dem Sparbuch und dem Tagesgeldkonto gibt es fast keine Zinsen mehr. Sparer müssen ihr Geld für zehn Jahre fest anlegen, um jedes Jahr gut ein Prozent Zinsen zu kassieren (siehe Grafik) In jedem Fall liegen die Erträge sicherer Sparanlagen unter der aktuellen Inflationsrate von 1,60 Prozent.

„Spürbare Zinssteigerungen, die auch beim Privatanleger ankommen, sind noch lange nicht zu erwarten“, sagt Bernd Schimmer, Chefanlagestratege der Haspa. Nach seiner Einschätzung werde es noch Jahre dauern, bis sich die Europäische Zentralbank von ihrer Niedrigzinspolitik verabschiede. „Wer eine Rendite erzielen will, kommt an der Aktienanlage nicht vorbei“, sagt Schimmer.


Was benötige ich, wenn ich in Aktien investieren möchte?
Ein Wertpapierdepot bei einer Bank ist notwendig. Hier sollte man von Anfang an auf die Kosten achten. Viele Direktbanken wie die ING-DiBa bieten kostenlose Depots an. „Außerdem muss man sich bewusst sein, dass die Aktienanlage risikoreicher ist als ein Tagesgeldkonto“, sagt Doris Kappes von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Das Geld, das man in Aktien investieren will, muss man übrig haben und für mehrere Jahre nicht benötigen.“ Die Verbraucherschützer raten zu einem Anlagehorizont von mindestens fünf bis zehn Jahren. Niemals sollte man sein gesamtes frei verfügbares Geld in den Aktienmarkt investieren. „Zwei bis drei Nettomonatsgehälter sollten für unvorhergesehene Ausgaben auf dem Tages­geld-­ konto verbleiben“, sagt Kappes.


Aktien laufen schon lange erfolgreich, ist ein Einstieg jetzt nicht zu riskant?
Verbraucherschützer und Bankexperten sind sich hier einig: Der Zeitpunkt, zu dem mit regelmäßigem Aktiensparen begonnen wird, ist egal. „Selbst wenn die Kurse kurz nach dem Start des Sparplans einbrechen sollten, ist das keine Katastrophe“, sagt Schimmer. „Denn für die gleiche Sparrate kauft man dann mehr Fondsanteile, von denen man bei einer künftigen Aufwärtsentwicklung wieder profitiert.“ Verbraucherschützerin Kappes verweist auf die regelmäßigen Einzahlungen, die die üblichen Schwankungen an der Börse ausgleichen. „Man darf nur nicht die Nerven verlieren“, sagt Kappes.


Wie kann ich einfach und regelmäßig in Aktien investieren?
Die Stiftung Warentest rät zu ganz speziellen Fonds, sogenannten ETFs. Diese Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds, bilden einzelne Aktienindizes ab, etwa den Deutschen Aktienindex (DAX) oder den Weltaktienindex MSCI World. Schon mit einem Fondsanteil hat man also anteilsmäßig sehr viele Aktien erworben und damit eine breite Risikostreuung. Die Fonds entwickeln sich so wie die Börsenindizes, die sie abbilden – in guten wie in schlechten Börsenzeiten. Solche Fonds benötigen deshalb keinen Fondsmanager wie die aktiv gemanagten Fonds, weil sich ihre Zusammensetzung nur ändert, wenn im Index ein Wert ausgetauscht wird.

Welche Vorteile haben diese Fonds?
Weil sie ohne aktives Management auskommen, sind sie sehr kostengünstig. Die jährlichen Verwaltungskosten liegen in der Regel zwischen 0,20 und 0,50 Prozent. Bei aktiv gemanagten Fonds werden bis zu 1,50 Prozent fällig. Auch die Anschaffungskosten sind deutlich günstiger. Ausgabeaufschläge von bis zu fünf Prozent gibt es bei den ETFs nicht.


Schneiden aktiv gemanagte Fonds nicht besser bei der Rendite ab?
Die Kostenvorteile werden durch einen eventuell höheren Anlageerfolg der aktiv gemanagten Fonds kaum aufgehoben. „Es ist in effizienten Märkten wie in Europa oder den USA sehr schwierig, besser als der Markt abzuschneiden“, sagt Andreas Beck, Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau. Langfristig gelingt es aktiv gemanagten Fonds kaum, immer an der Spitze zu bleiben.


Wie baut man sich einen Aktien-Sparplan zusammen?
Jeder Sparplan sollte aus mindestens zwei verschiedenen ETFs bestehen, um die eigene Risikobereitschaft abzubilden. Dazu werden Aktien- und Anleihe- ETFs gemischt (siehe Grafik). Bei den Empfehlungen zur Risikobereitschaft haben wir uns an Vorgaben der Stiftung Warentest gehalten. Danach besteht ein ausgewogenes Depot zu 50 Prozent aus Aktien und Staatsanleihen der Euro-Zone. Die Fonds aus beiden Anlageklassen können beliebig miteinander kombiniert werden. So können auch mehr als zwei Fonds bespart werden, sofern die Gewichtung eingehalten wird. Die Zuordnungen in der Grafik sind nur Vorschläge. Zuletzt wird der monatliche oder auch vierteljährliche Sparbeitrag den ETFs zugeordnet, beim ausgewogenen Depot also jeweils die Hälfte der angenommenen Summe von 150 Euro.


In welche Aktien und Anleihen investieren die Fonds aus der Tabelle?
Zur Auswahl stehen breit anlegende Aktienfonds und Rentenfonds aus Euro-Staatsanleihen. Die ETFs zum Welt­aktienindex MSCI World, der von der Stiftung Warentest favorisiert wird, enthalten 1650 Aktien aus 23 Industrie­ländern. Dazu gehören viele bekannte Firmen wie Apple, Microsoft und General Electric. Zu 60 Prozent bestimmen amerikanische Dividendentitel den Fonds. Wem das zu viel USA ist, der kann einen ETF auf den Index Stoxx Europe 600 verwenden. Investiert wird in die 600 größten börsennotierten Firmen Europas. Es gibt sehr viele ETFs, die diese beiden Aktienindizes abbilden, also können auch andere gewählt werden. Die beiden Anleihe-ETFs investieren in Euro-Staatsanleihen. Die größten Anleihepositionen kommen aus Deutschland, Frankreich und Italien.


Wo bekomme ich ETF-Sparpläne?
Günstige Anbieter für solche Sparpläne sind Comdirect und die Consorsbank, also Direktbanken. Bei Hamburger Filialbanken werden Kunden kaum Erfolg haben, wie eine Umfrage des Abendblatts zeigt. Hamburger Volksbank, Sparda-Bank Hamburg und PSD Bank Nord bieten keine ETF-Sparpläne an, ebenso die Haspa. Für das kommende Jahr plant die Sparkasse eine Vermögensverwaltung auf der Basis von ETFs. Die Deutsche Bank verweist auf ihre Online-Investmentplattform Maxblue, und die Commerzbank bietet die ETF-Sparpläne mit Beratung nur Kunden mit einem bestimmten Depot an. Wer also persönliche Beratung für seinen ETF-Sparplan möchte, hat es schwer. So ist es nicht verwunderlich, dass 126 Milliarden Euro in ETFs in Deutschland investiert sind, aber davon nur zwölf Milliarden Euro von Privatanlegern stammen. „Der überwiegende Teil des Geldes kommt von professionellen Anlegern“, so Frank Bock vom Fondsverband BVI.


Wie hoch muss eine Sparrate sein?
Viele Anbieter werben mit Mindest­beträgen ab 25 Euro. Allerdings gilt das als Mindestbetrag für einen ETF. Wer also zwei ETFs besparen möchte, benötigt mindestens 50 Euro. Wenn der ETF teurer als die Sparrate ist, erwirbt man nur einen Bruchteil davon.


Welche Kosten entstehen mit einem ETF-Sparplan?
Die Stiftung Warentest geht von durchschnittlichen monatlichen Kosten von 2,50 Euro plus 0,4 Prozent der Sparrate aus. Wer monatlich also 150 Euro anlegt, müsste aufs Jahr gerechnet 37,20 Euro dafür zahlen.


Was muss man während der Laufzeit des Sparplans tun?
„Einmal im Jahr sollte man überprüfen, ob die prozentuale Aufteilung von Aktien und Zinsanlagen noch stimmt“, sagt Kerstin Baur von der Stiftung Warentest. Weicht der Anteil eines Bausteins um mehr als 20 Prozent von der gewünschten Gewichtung ab, ist eine Anpassung empfehlenswert. Dann sollte man für einige Zeit beide Sparraten auf den Depotwert einzahlen, dessen Gewicht zu gering ist, bis die Aufteilung wieder stimmt.


Welche Rendite kann man bei einem solchen Sparplan erwarten?
Nach den Berechnungen der Stiftung Warentest haben die drei Depots unter konsequenter Verwendung eines ETF auf den MSCI World Index in den Jahren 1997 bis 2017 folgende Renditen pro Jahr erzielt. Defensives Depot: 3,4 Prozent, ausgewogenes Depot: 4,6 Prozent und offensives Depot: 5,6 Prozent.