Hamburg. In der Stadt wurde vor 60 Jahren die erste Internationale Schule überhaupt eröffnet. Für Bildung zahlen Eltern dort eine hohe Gebühr.

Der Unterschied zu öffentlichen Schulen wird bereits vor dem Tor deutlich. Denn das ist verschlossen. Hinein kommt nur, wer sich ausweist und den Sicherheitsmann von seinem Anliegen überzeugt. Dann ist der Besucher zwar auf dem Schulgelände, aber längst nicht im Gebäude. Auch am Haupteingang, der einzigen von außen zu öffnenden Tür, müssen sich Gäste am Empfang melden, bevor es weitergeht. Die Internationale Schule am Hemmingstedter Weg in Osdorf beherbergt eben einige Sprösslinge angesehener Unternehmer und Diplomaten. Zwar ist laut Schulleitung noch nie etwas passiert. Aber zur Sicherheit dieser Kinder sind die Schutzmaßnahmen nötig und bei den internationalen Schulen weltweit Standard.

So verschlossen die Schule für Außenstehende wirken mag, so sehr bemüht man sich im Inneren, die Schüler zur Offenheit zu erziehen. Internationale Verständigung ist eines der Hauptbildungsziele der privaten Lehreinrichtung. Es geht darum, eine Atmosphäre für die Schüler zu schaffen, in der sie zu Weltbürgern heranwachsen können – so das Credo der Schule. Ein international anerkannter Abschluss ist da selbstverständlich; genauso wie die Vermittlung von Werten der Vereinten Nationen. An der Internationalen Schule lernen die Kinder Deutsch allerdings als Fremdsprache, „Umgangssprache“ ist Englisch.

Bildung steht an erster Stelle

In diesem Jahr beging die Internationale Schule in Hamburg ihren 60. Geburtstag. Damit ist sie die älteste in Deutschland und die einzige in Hamburg. Das wurde kürzlich auch groß gefeiert – mit Eltern, Schülern, Lehrern und Ehemaligen. Rund 770 Schüler aus derzeit 52 Nationen besuchen die Lehreinrichtung. Diese gliedert sich in den Kindergartenbereich von drei bis fünf Jahren, die Junior School (erste bis fünfte Klasse) und die Secondary School (sechste bis zwölfte Klasse). 108 Lehrer aus aller Welt unterrichten an der Schule, die als teuerste der Stadt gilt. Eltern, die ihre Kinder hierher bringen, müssen in der Regel tief in die Tasche greifen. Zwischen 10.000 und 20.000 Euro beträgt die Schulgebühr pro Jahr. Darin sind Kosten wie die Aufnahmegebühr nicht enthalten.

Nitesh Seth schreckt das nicht. „Für uns steht die Bildung unserer Kinder an erster Stelle“, erklärt der Unternehmer mit indischen Wurzeln, der mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern Amayra (11) und Anahira (5) in Hamburg lebt und einen in der Stadt angesiedelten Familienbetrieb leitet. „Jeder Cent, den wir hier ausgeben, ist es wert“, sagt er. Für ihn und seine Frau steht im Vordergrund, dass ihren Kindern später alle Türen offenstehen, sie sich in der Welt zurechtfinden können und wohlfühlen werden. Genau das hat Seth aus seiner Zeit an der Internationalen Schule in Hamburg für sich mitgenommen. „Ich habe gelernt, die Welt als Einheit zu sehen“, sagt er. Er sehe Menschen, keine Vorurteile.

Hamburg als Tor zur Welt

Durch die vielen Nationen, die an der Schule vertreten sind und deren Kultur gelebt und gefeiert wird, sind ihm die Gepflogenheiten anderer Länder nicht fremd. Davon profitiert er heute bei seinen Auslandsgeschäften. Ein praktisches Beispiel: Durch die International Fair, bei der Schüler und Eltern typische Speisen ihrer jeweiligen Heimatländer zubereiten und für den guten Zweck verkaufen, kann ihn im Ausland so schnell keine Delikatesse beim Geschäftsessen mehr überraschen. Am diesem Sonnabend, 18. November, feiert die Schule ihre Vielfalt wieder mit dieser besonderen Messe.

„Das Besondere an unserer Schule sind die Schüler, die ihre Traditionen mit uns teilen“, erklärt Andrew Cross. Der 51 Jahre alte Kanadier leitet seit 2016 die Schule in Hamburg und betont die Verbundenheit mit dem Standort. „Wir verstehen uns als Partner der Stadt“, sagt er. Denn Hamburg als Tor zur Welt müsse sich international aufstellen, und die Schule könne dabei helfen, dass beispielsweise ausländische Unternehmer mit ihren Familien herkämen und sich wohlfühlten.

Offene Atmosphäre

Auch die Familie von Jakob von Uexküll zog es einst vom schwedischen Uppsala in die Hansestadt. Wenn es um den Leitgedanken der Schule geht, dann ist von Uexküll wohl so etwas wie ein Musterschüler. Der 73-Jährige hat nach seinem Schulabschluss die Welt bereist und sich intensiv für ihr Wohl eingesetzt. Von Uexküll ist Begründer des Alternativen Nobelpreises, mit dem Menschenrechtler und Umweltaktivisten in den vergangenen 37 Jahren ausgezeichnet wurden. 2007 gründete er zudem den Weltzukunftsrat, der sich für ein verantwortungsvolles, nachhaltiges Denken und Handeln im Sinne zukünftiger Generationen einsetzt.

Nachdem er drei Jahre lang ein Gymnasium in St. Georg besucht hatte, kam von Uexküll im Alter von 14 Jahren auf die Internationale Schule, die damals noch in Harvestehude beheimatet war. Vier Jahre lang, bis zu seinem Abschluss und seinem anschließenden Studium in Oxford, blieb er an der Schule – eine für ihn prägende Phase seines Lebens. „Die Zeit an der Internationalen Schule öffnete meinen Blick für die Welt. Sie inspirierte mich, international tätig zu werden“, sagt er heute. Die Atmosphäre sei, geprägt durch die vielen Nationalitäten, offen gewesen. Schon früh wurde über große Zusammenhänge diskutiert. Er kann sich noch gut an die Geburtstagsfeten in den Konsulaten erinnern. Vor allem die lateinamerikanischen Partys seien die besten gewesen, so von Uexküll.

Steigende Schülerzahlen

Nach der Schule verstreuten sich die Kameraden von einst über die Welt. Zu einigen, wie Andrew Ranicki (Sohn von Marcel Reich-Ranicki und Professor der Mathematik an der Universität Edinburgh), hat er aber noch Kontakt. Die Verbundenheit zu Hamburg und zur Schule ist geblieben. Bei der kürzlich gefeierten 60-Jahre-Veranstaltung war er dabei. Die schönste Rückkehr war für ihn aber, als er vor 13 Jahren in Hamburg den Weltzukunftsrat ausrufen konnte. Von Uexküll: „Da schloss sich für mich ein Kreis.“

Die Geschichte der Schule begann im September 1957 mit 50 Kindern aus zwölf Ländern im „Timberlake House“ (ehemalige Sloman-Villa) am Harvestuder Weg. Aufgrund steigender Schülerzahlen zog die Schule 1959 nach Hamburg-Othmarschen zunächst in die Waitzstraße und 1973 dann in den Holmbrook.

Seit 2010 ist sie im Hemmingstedter Weg zu finden. Auf dem 41.000 Quadratmeter großen Gelände in Osdorf befindet sich das Schulgebäude samt großer Mulifunktionsaula, Sporthalle, fünf Bibliotheken, einem Kunstrasenplatz, einem Fotostudio und vielem mehr.