Hamburg. In jedem Hamburger Bezirk sollen spezielle Klassen eingerichtet werden. Ende August geht’s schon los.

Wenn gleich zwei Senatoren zur Landespressekonferenz im Rathaus erscheinen, was eher selten ist, spricht das für die Zusammenarbeit der Behörden – und für das Projekt. Schulsenator Ties Rabe (SPD) und Sportsenator Andy Grote (SPD) hatten dann auch Besonderes zu verkünden. Hamburg stellt die schulische Förderung von Sporttalenten auf sieben neue Beine. Wenn möglich, dann schon vom nächsten Schuljahr an, das Ende August beginnt, soll im Verbundsystem Schule/Leistungssport“ in jedem Bezirk eine „Partnerschule des Nachwuchsleistungssports“ entstehen.

Bis zum 1. August können sich Schulen beim Sportreferat der Schulbehörde bewerben. Erste Kandidaten sind das Gymnasium Heidberg in Langenhorn, bereits „Partnerschule des Leistungssports“ und „Eliteschule des Fußballs“, sowie die Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg. Der Arbeitskreis Schule/Leistungssport mit Vertretern der beiden Behörden, des Sportamts, des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein (OSP) und des Hamburger Sportbundes (HSB) entscheiden über die Anträge. Voraussetzungen des Zuschlags für vier Jahre sind entsprechende Räumlichkeiten, Sportanlagen, ein positiver Beschluss der Schulkonferenz und – als „weiche“ Bedingung – bestehende Kooperationen mit Vereinen und Verbänden. Angestrebt wird zunächst die Einrichtung von Sportklassen in den Klassen fünf, sechs, sieben und acht. In der Oberstufe soll bis auf Weiteres ein Wechsel auf die „Eliteschule des Sports“ am Dulsberger Alten Teichweg erfolgen.

Junge Talente professionell trainieren

„Unser Ziel ist es, Talente bestmöglich zu fördern, ohne dass ihre schulischen Leistungen darunter leiden“, sagte Grote. Um irgendwann international konkurrenzfähig zu werden, müssten Talente schon in jungen Jahren mit professionellem Aufwand trainieren. Das war bislang an herkömmlichen Schulen nur unter erschwerten Bedingungen möglich. „Erfolgreiche Leistungssportler sollen auch erfolgreiche Schüler sein. Dieser besonderen Herausforderung können sie sich nur stellen, wenn Schulen und Sportfachverbände eng verzahnt zusammenarbeiten“, ergänzte Rabe.

Die Schulbehörde zahlt den acht „Partnerschulen des Spitzensports“ insgesamt 600.000 Euro für den organisatorischen Mehraufwand. Das entspricht 0,75 Lehrerstellen für die sieben Bezirkssportschulen, 1,5 Stellen für die „Eliteschule des Sports“, der Dach- organisa­tion des Verbundsystems. Vor- nehm­lich Lehrer mit hochwertigen Trainer­lizenzen dürften nun neu eingestellt werden.

Partnerschulen des Leistungssport

„Partnerschulen des Leistungssports“ sollen Talenten den Schulalltag erleichtern, den Aufwand für Sport und Schule aufeinander abstimmen, Wege verkürzen, mehr Zeit für die nötige Regeneration schaffen. Training ist als Fach in den Stundenplan integriert, Klausuren können für Wettkämpfe und Trainingslager verlegt oder in aller Welt unter Aufsicht geschrieben werden. „Niemandem wird irgendetwas geschenkt. Die Abituraufgaben sind für alle gleich“, sagt Christian Andresen (38), seit 2008 Sportkoordinator am Alten Teichweg. Mit Schule und Training kommen Talente immer noch auf eine 50- bis 60-Stunden-Woche.

„Dass Sport und Schule am Alten Teichweg optimal koordiniert sind, hat mir aber sehr geholfen“, sagt Jacob Heidtmann. Der deutsche Schwimmmeister über 400 Meter Lagen schaffte es 2016 als erster Absolvent der „Eliteschule des Sports“ zu Olympischen Spielen. Sein Beispiel soll jetzt überall in Hamburg Schule machen.

Sportbund testet Grundschüler auf Bewegungstalent

Für den Hamburger Sportbund „schließt sich die Lücke zwischen der Talentsichtung und -förderung bis zur vierten Klasse und der nun intensiveren Spitzenförderung in den weiterführenden Schulen“, sagte Bernard Kössler, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des HSB. Der Sportbund testet in der zweiten oder dritten Klasse jährlich fast alle Hamburger Grundschüler auf ihr Bewegungstalent. Etwa 1000 werden danach in Trainingsgruppen gefördert, ohne dass eine Spezialisierung auf bestimmte Sportarten erfolgt. Die soll erst im Alter von elf oder zwölf Jahren einsetzen.

Die Entscheidung, Kinder in den Sportklassen anzumelden, bleibt den Eltern vorbehalten, Vereine und Verbände geben aber ihre Empfehlungen. Jedes Talent soll gefördert werden, die besten infrastrukturellen Voraussetzungen bietet Hamburg – neben Fußball – in den hiesigen Schwerpunktsportarten (Beach-)Volleyball, Hockey, Rudern und Schwimmen.

Kritik zu den Plänen kommt von der Opposition. „Solange an Hamburgs Schulen die dritte Sportstunde pro Woche nicht verlässlich gegeben wird, erscheint ein solches Konzept wie Zuckerguss auf einem schimmeligen Tortenboden“, klagt Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion der Partei Die Linke.