Hamburg. Handelskammer-Präsidium findet nach langer Suche neue Hauptgeschäftsführerin. Diese hatte ihren bisherigen Job frühzeitig verloren.
Die Handelskammer Hamburg hat eine neue Hauptgeschäftsführerin. Nach Informationen des Abendblatts hat sich das Präsidium der Kammer in einer Sondersitzung am Montagmittag auf die Anstellung von Christi Degen verständigt. Degen soll den Posten im Dezember übernehmen.
Sie war bis Ende April Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Oberfranken in Bayreuth, bis sie dort überraschend gehen musste. Eine offizielle Bestätigung der Personalie gab es nicht. Nach Informationen des Abendblatts soll Degen aber heute offiziell benannt werden. Sie übernimmt die Nachfolge des langjährigen Kammer-Chefs Hans-Jörg Schmidt-Trenz, von dem sich die neue Führung nach den Plenarwahlen im Mai getrennt hat.
Degen bekommt viel weniger Geld
Schmidt-Trenz war sein hohes Gehalt von 500.000 Euro im Jahr vorgehalten worden. Zudem verkörperte er die „alte“ Kammer, von der sich die neuen Machthaber der Wahlgruppe „Die Kammer sind Wir!“ lösen wollen. Christi Degen soll deutlich weniger Geld bekommen als Schmidt-Trenz. Das Gehalt soll sich am Jahresverdienst eines Wirtschaftssenators inklusive Pensionsansprüchen orientieren. Zuletzt stand ein Gehalt von 150.000 bis 180.000 Euro im Raum.
Früheren Angaben zufolge spricht Degen fließend Englisch, Spanisch und Französisch. Ihre berufliche Karriere begann die 52 Jahre alte Rheinländerin 1991 als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Köln. Anschließend leitete sie das Zentrum für Internationale Beziehungen an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Uni. Ab 2010 war sie drei Jahre lang Geschäftsführerin bei der IHK Köln, danach Geschäftsführerin der F.A.Z. Executive School in Frankfurt. Am 1. August 2014 übernahm Degen die Geschäftsführung der IHK Oberfranken.
Ihren bisherigen Job hat die neue Chefin vorzeitig verloren
Allerdings nicht für lange: Im April dieses Jahres trennte sich die IHK von ihr. Wie sie selbst Medien gegenüber sagte, kam die Abberufung überraschend. Ihr Vertrag wäre noch bis 2019 gelaufen. Ein Treppenwitz der Geschichte ist, dass Degen wie auch Schmidt-Trenz ihre Posten unmittelbar nach Kammerwahlen verloren haben. Offenbar gefiel dem neuen Präsidium in Bayreuth Degens Kurs nicht, der sich zum Teil mit den Vorstellungen der Rebellen in der Hamburger Kammer um Präses Tobias Bergmann deckt.
Dem „Nordbayerischen Kurier“ sagte Degen, dass sie die IHK modernisieren und mehr auf Unternehmernutzen und Kundenorientierung ausrichten wollte. Dabei wollte sie die Wirtschaftsvertretung auf weniger Themen konzentrieren, aber mehr der insgesamt knapp 50.000 Mitglieder der IHK Oberfranken ansprechen.
Für das Präsidium der Handelskammer Hamburg endet mit der Bestellung von Degen eine monatelange Suche, die nicht ohne Pannen abgelaufen war: Zunächst wollte Präses Bergmann bereits Anfang Oktober einen Nachfolger für Schmidt-Trenz präsentieren. Dann hieß es November – auch das klappte nicht, weil der Kandidat plötzlich absprang, auf den man sich verständigt hatte. Nun soll das Plenum in seiner Sitzung am 8. Dezember die Anstellung von Degen formal beschließen. Doch auch um ihre Berufung hat es innerhalb des Präsidiums bis zum Schluss Streit gegeben. Denn noch am Wochenende hatte ein anderer Bewerber als Sieger gegolten.
Kammermitarbeiter verunsichert
Beruflich erwartet Degen ein schwerer Job, denn die Kammer steckt in einem tiefgreifenden Strukturwandel, den Degen künftig vorantreiben muss: Die geplante Reform der IHK Nord oder der Austritt aus derselben, die in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen sorgten, sind dabei nur ein Thema. Das Präsidium um Bergmann will die Aufgaben der Kammer entflechten und ihr öffentliches Auftreten reduzieren. Schließlich soll sich die Arbeit der Kammer einmal selbst finanziell tragen, sodass die Pflichtbeiträge der Mitglieder abgeschafft werden können.
Als eine ihrer ersten Aufgaben wird sich Degen mit den rund 260 Beschäftigten der Kammer befassen müssen. Viele von ihnen haben den Weggang von Schmidt-Trenz als Verlust empfunden. Zudem sind die Kammermitarbeiter verunsichert, weil sie nicht wissen, wie viele Arbeitsplätze Bergmanns Strukturreform kosten wird.
Wind hat sich gedreht
Wohin der neue Kurs der Handelskammer führt, kann Degen schon am kommenden Freitag beobachten: Dann wird der Bundesverband für freie Kammern (Bffk) erstmals in der Handelskammer auftreten und den Mitgliedern des Plenums ein Fortbildungsseminar anbieten. Worum es geht, ist klar: Der Bffk ist ein Zusammenschluss von kleineren Betrieben und Freiberuflern, die die Zwangsmitgliedschaft in Kammern ablehnen. In der Vergangenheit war der Bffk noch so etwas wie das Feindbild der Handelskammer Hamburg. Daran sieht man, wie sich der Wind in der Wirtschaftsvertretung der Hansestadt seit den Wahlen zum Plenum in diesem Frühjahr gedreht hat.