Hamburg. Flughafen musste nach Flucht eines jungen Albaners voll gesperrt werden. Waren die Sicherheitsmaßnahmen nicht ausreichend?

und Friederike Ulrich

Nichts ging mehr am Hamburger Flughafen – für gut eine Stunde weder Starts noch Landungen, nur die hektische Suche nach dem 22-jährigen Albaner Pjeter A., der aus dem angrenzenden Abschiebegewahrsam entkommen und möglicherweise über das Rollfeld geflüchtet war.

Die Passagiere in einem Dutzend Flugzeugen hingen buchstäblich in der Luft, ehe sie in Bremen oder Hannover zwischenlandeten – oder doch noch mit Verspätung in Hamburg ankamen. Der Vorfall vom Donnerstagabend schlägt nicht nur am Flughafen, sondern auch in der Verwaltung Wellen.

Jetzt, nach der nächsten Flucht, solle bei einem Ortstermin am Montag geprüft werden, wie sich die Sicherheit des Gewahrsamzentrums verbessern lasse. Das sagte Kerstin Graupner, Sprecherin der Innenbehörde. „Dieser Termin war aber bereits lange vor den Geschehnissen am Donnerstag angesetzt.“ Denn wie nun ebenfalls bekannt wurde, gelang bereits drei weiteren abgelehnten Asylbewerbern die Flucht aus der Gewahrsamstelle. Dort werden ausreisepflichtige Ausländer festgehalten, bei denen es Anlass zur Sorge gebe, dass sie sich einer Abschiebung entziehen wollen. Für den Betrieb wendet der Staat im Jahr mehr als zwei Millionen Euro auf, wie eine Kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Christiane Schneider ergab – deutlich mehr als bislang erwartet.

Großen Aufwand musste der 22-jährige Albaner jedoch nicht betreiben, um aus der Einrichtung zu fliehen. Rückblick: Am Donnerstagabend hebelt Pjeter A., der wegen Diebstahls und Drogendelikten polizeibekannt ist, mit einem 24-jährigen Komplizen aus Algerien mit einem Stuhl ein Fenster im Männertrakt der Anlage auf. Auch den Hof überqueren sie im Dunkeln unentdeckt; dabei hatte die Stadt als Lehre aus den bisherigen Ausbrüchen veranlasst, dass stets drei Wachleute der zuständigen Sicherheitsfirma den Außenbereich im Blick behalten sollen.

Der Zaun hat mit 2,50 Metern eine Höhe, für die eine „Räuberleiter“ ausreicht. „Wenn man ein junger Mann ist, ist das eben kein unüberwindbares Hindernis“, heißt es dazu aus dem Senatsumfeld. Pjeter A. lässt seinen Komplizen, der ihm eben noch Hilfestellung gab, zwar zurück, statt ihn hochzuziehen – als dieser gefasst wird, verrät er seinen Mittäter jedoch zunächst nicht. Erst gegen 20 Uhr wird am Donnerstag das Fehlen des Albaners bemerkt, daraufhin die großflächige Suche nach dem Mann eingeleitet. Auch am Freitag fehlte jedoch noch eine Spur, um den Mann fassen zu können. Wegen seines Ausbruchs erwartet den Mann keine zusätzliche Strafe – der Freiheitsdrang ist in den Augen des Gesetzgebers so natürlich, dass er den einzelnen Personen nicht vorzuwerfen ist. Beihilfe zum Ausbruch ist dagegen strafbar – deshalb dürfte auf den 24-jährigen Algerier ein Verfahren zukommen.

Leitartikel: Abschiebegewahrsam – weder sicher noch sinnvoll

Hätte die Flucht einfach verhindert werden können? In der Innenbehörde wird energisch betont, dass es sich bei der Anlage „eben um einen Gewahrsam und nicht um ein Gefängnis handelt“. Innerhalb des Areals dürfen sich die abgelehnten Asylbewerber frei bewegen. Der rechtliche Status habe auch Einfluss auf die konkrete Bauform der Anlage: So dürften die Fenster etwa nicht vergittert sein. Auch bei anderen Maßnahmen gegen Fluchtgefahr gebe es möglicherweise rechtliche Hindernisse. Details sollen nun geprüft werden. Als Sofortmaßnahme wurde die reguläre Anzahl der Wachleute in der Gewahrsamsstelle von acht auf zehn Personen verstärkt, zusätzlich sind immer zwei Verwaltungsmitarbeiter anwesend.

Durch die Sperrung des Airports könnten auch Forderungen der Fluggesellschaften auf die Stadt zukommen. Bislang seien aber keine entsprechenden Ansprüche gemeldet worden.