Hamburg. Sind Erdbewegungen die Ursache? Anwohner und Spaziergänger sind in Sorge. Politiker wollen eine schnelle Klärung.
Sie gehört zu den markanten Landmarken Blankeneses – und ist jetzt offenbar stark gefährdet: die steile Treppe vom Elbstrand hinauf zu Sagebiels Fährhaus. Sie ist total marode und an vielen Stellen abgesackt. Besorgte Anwohner und Spaziergänger haben sich jetzt an Bezirkspolitiker gewandt, auch das Bezirksamt ist mittlerweile alarmiert. Ihre Forderung: Die Treppe muss unbedingt gesichert werden, bevor ein Unglück geschieht.
Die Besichtigung vor Ort offenbart die Misere auf den ersten Blick. Viele der knapp 125 Stufen haben tiefe Risse, die schmalen Plateaus zwischen den einzelnen Treppenabschnitten sind total uneben. An einigen Stellen ist ein gefahrloses Weitergehen kaum noch möglich – zumal das Geländer abschnittsweise ebenfalls abgesackt ist.
Angst, dass der ganze Hang abrutscht
„Ich schaue mir schon den ganzen Sommer über an, wie die Treppe verfällt, jetzt wurde mir das Ganze zu heikel“, sagt Geigen- und Klavierlehrerin Katharina Apostolidis, die Bezirkspolitiker per E-Mail und Telefon alarmiert hat. „Wenn nicht bald etwas geschieht, sind die ersten schweren Unfälle nur eine Frage der Zeit, und man kann auch gar nicht ausschließen, dass die ganze Treppe irgendwann vom Hang abrutscht.“
Apostolidis weiter: „Muss es erst Verletzte geben? Ich glaube, das kann niemand wollen.“ Silvia Both, die an der benachbarten Flaßhoffs Treppe wohnt, bestätigt: „Als ich mit meinem Mann die Treppe im Oktober zuletzt hinunterging, wurde uns schlagartig klar, dass hier absolute Gefährdung besteht.“ Laut Both sei es aber auch schade um die Treppe, die bei Touristen beliebt ist und von vielen Punkten aus einen Traumblick über die Elbe bietet.
Politiker versprechen schnelle Hilfe
Die alarmierten Politiker versprechen schnelle Hilfe. Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Anne Krischok sagt: „Dank der Aufmerksamkeit einer Blankeneser Bürgerin habe ich davon erfahren und in der Angelegenheit umgehend das Bezirksamt kontaktiert. Der Eigentümer ist nun in der Pflicht, die Verkehrssicherheit wiederherzustellen.“ Und ihr Parteifreund, der Altonaer Bezirkspolitiker Hendrik Sternberg, ergänzt: „Wir haben das Thema aus aktuellem Anlass schon auf die Tagesordnung unserer Bezirksfraktionssitzung genommen. Ich bin sicher, dass wir in enger Zusammenarbeit mit dem Altonaer Bezirksamt schnell zu einer Lösung dieses Problems kommen werden.“
Doch allen Beteiligten ist auch klar: Mit einer einfachen Sanierung der Treppe ist es nicht getan. Denn die starken Verwerfungen deuten darauf hin, dass der Elbhang an dieser Stelle in Bewegung ist und zentimeterweise abrutscht. Die genaue Ursache ist bislang unklar, entsprechen gibt es jetzt auch weiterreichende Forderungen. Dazu Anne Krischok: „Bei den nun anstehenden Prüfungen muss natürlich auch die Stabilität des Hanges untersucht werden.“ Und der CDU-Bezirkspolitiker Sven Hielscher sagt: Die Verkehrssicherheit von Treppe und Weg muss wiederhergestellt werden, aber es gilt dann auch, die Ursachen zu klären. Es darf kein weiteres Abrutschen geben.“
Doch die Rechtslage ist nicht so einfach, weil die Treppe kein öffentlicher Grund, sondern Privatbesitz ist. Wie Martin Roehl, Sprecher des Bezirksamts Altona sagt, sei das Problem mit der Treppe im Amt bekannt, die Bauabteilung stehe auch mit dem Besitzer in Kontakt. Laut Roehl sei dieser auch darauf hingewiesen worden, dass er haftbar gemacht werden könne, sobald einem Besucher etwas auf der abschüssigen Treppe passiert.
Immobilienpaket „in anderen Händen“
Die Treppe und das fast 3500 Quadratmeter große Grundstück, auf dem Sagebiels Fährhaus steht, gehören dem Vernehmen nach nicht mehr den Nachfahren der Familie Sagebiel. Wie Alt-Eigentümer Dieter Sagebiel dem Abendblatt auf Nachfrage sagte, sei das Immobilienpaket mittlerweile „in andere Hände“ übergegangen.
Das Fährhaus hatte zuletzt Schlagzeilen gemacht, als es Ende November für Monate geschlossen wurde. Damals gab die Unternehmerfamilie Chen den Betrieb auf, die das Haus seit 1990 betrieben hatte. Monatelang wurde nach einem neuen Betreiber gesucht, zeitweise schien schon das endgültige Aus für das Traditionshaus gekommen zu sein. Erst im vergangenen Juni hatten dann Frank und Kerstin Buddenhagen zusammen mit einem Geschäftspartner die Gastronomie als neue Pächter übernommen und Sagebiels Fährhaus mit viel Schwung zu neuem Ansehen verholfen. Nach gründlicher Renovierung hatte das Haus mit veränderter Karte und „Lounge-Atmosphäre“ auch schnell wieder guten Zulauf.
Name Sagebiel erhalten
Ein „Königliches Fährhaus zu Blankenese“ lässt sich oben auf dem Elbhang schon im neunten Jahrhundert nachweisen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude dann fast nur noch als Gastwirtschaft genutzt. Zunächst führte es der langjährige Fährpächter Peter Mohrmann, dessen Witwe 1868 an den aus Niedersachsen stammenden Unternehmer Wilhelm Anton Conrad Sagebiel verkaufte. Ihm gelang durch Fleiß und zukunftsweisende Investitionen die Umgestaltung von der eher einfachen Gastwirtschaft zum gutbürgerlichen Restaurant. Nach Sagebiels Tod im Jahr 1889 übernahm dessen Sohn A. C. Ludwig das Haus. Er legte testamentarisch fest, dass der Name Sagebiel erhalten bleiben müsse.