Hamburg. Verspätungen und Ausfälle am Hauptbahnhof Hamburg. Sorge um Frachter in der Nordsee. Facebook warnt User. Der Live-Blog.
Er heißt "Herwart": Der zweite schwere Herbststurm nach "Xavier" hat Hamburg und Norddeutschland kräftig durcheinandergewirbelt und schwere Schäden angerichtet. Alleine in der Hansestadt rückte die Feuerwehr zu rund 1000 sturmbedingten Einsätzen aus, der Fischmarkt war überflutet, die Hafencity ernsthaft betroffen. Dabei zeigte sich das Wetter in Hamburg am Montag besonders sonnig – als könne es die Folgen des Sturms überstrahlen.
Wetter in Hamburg
Am Dienstag soll es wieder regnen (62 Prozent Wahrscheinlichkeit), die Temperaturen liegen zwischen 7 und 10 Grad. Am Reformationstag, dem diesjährigen Feiertag zu Ehren Luthers, sinkt die Regen-Wahrscheinlichkeit auf 35 Prozent – und es wird wärmer: bis zu 14 Grad.
Hier klicken: Sturmbilanz des Wochenendes
Drei Menschen kamen im Norden durch "Herwart" ums Leben. Die Deutsche Bahn stellte am Sonntag ihren Fernverkehr im Norden und Osten Deutschlands vollständig ein. Und auch zu Wochenbeginn hat der Sturm weiter Auswirkungen auf den Bahnverkehr im Norden.
Abendblatt.de hält Sie über Sturm "Herwart" und seine Folgen auf dem Laufenden.
Havarierter Frachter: Bergung kann bis zu drei Tage dauern
Die Bergung des vor der Nordsee-Insel Langeoog auf Grund gelaufenen Frachters kann noch bis zu drei Tage dauern. Das sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel am Montagabend nach einem Besuch des Havariekommandos in Cuxhaven. Ein Bergungsunternehmen aus den Niederlanden sei an Bord und erstelle einen Plan, um das Schiff zu befreien, sagte der Grünen-Politiker. Dieses Konzept werde dann vom Havariekommando geprüft. Er könne keinen genauen Zeitpunkt nennen, wann es los gehe.
Das Havariekommando hatte eigentlich geplant, den auf Grund gelaufenen Frachter noch am Montagabend zu bergen. Doch die Wassertiefe sei zu gering, hieß es bereits am Nachmittag. Ursprünglich sollten Schlepper den Schüttgutfrachter „Glory Amsterdam“ mit dem Abendhochwasser von der Sandbank befreien. Die 225 Meter lange „Glory Amsterdam“ war am Sonntag während des heftigen Sturms auf eine Sandbank getrieben.
Strecke von Hamburg nach Berlin wieder frei
"Fast alle" Strecken konnten nach dem Sturm am Montag wieder freigegeben werden, teilte die Bahn mit. Die wichtige Pendlerstrecke von Hamburg nach Berlin soll um 15 Uhr wieder aufgenommen worden sein. Intercity-Züge auf der Strecke Hamburg-Berlin-Dresden-Prag verkehrten zwischen Berlin und Hamburg bis Dienstag aber nicht. Bis Dienstagmorgen fallen nach Bahn-Angaben auch die Fernzüge zwischen Hamburg und Westerland auf Sylt aus. Normalität sollte dann ebenfalls wieder auf der Strecke Hamburg-Kiel einkehren. Auch von Hamburg via Rostock nach Stralsund sollen von Dienstagmorgen an wieder Züge fahren.
Für den Regionalverkehr meldete die Bahn, dass der Zugverkehr von Hamburg bis Büchen zwar eingestellt war, aber von Aumühle nach Büchen wieder erfolgte. Die Linie RE6 verkehrte nur zwischen Westerland und Itzehoe, nicht aber bis Hamburg. Zusätzlich wurden die Züge des Sylt-Shuttle-Plus für Reisende freigegeben. Auch die Strecke von Hamburg nach Neumünster war nur auf der Teilstrecke ab Neumünster befahrbar.
In Niedersachsen konnten die Metronom-Regionalzüge der Linien RE3 und RB31 zwischen Hamburg, Lüneburg und Uelzen sowie der Linie RE5 Hamburg-Stade-Cuxhaven wieder regulär betrieben werden, wie die Metronom-Gesellschaft mitteilte.
Eine vom Deutschen Wetterdienst angekündigte Sturmflut an der Ostseeküste verlief am Montag weitgehend glimpflich. In Lübeck und Ostholstein seien keine größeren Schäden gemeldet worden, sagte ein Polizeisprecher.
Wetter-Rekorde in Hamburg und im Norden
Der Sturm „Herwart“ hat den feuchten Trend des durchnässten Oktobers beim Wetter in Hamburg und im Norden noch einmal bestätigt. Wie die Oktober-Bilanz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigt, hat es in Hamburg mit 120 Litern pro Quadratmeter doppelt so viel geregnet wie im langjährigen Oktober-Mittel. Allerdings war auch dieser Oktober wieder zu warm: Deutschlandweit lag er bei 11,1 Grad und damit um 2,1 Grad höher als der Durchschnitt der Referenzperiode von 1961 bis 1990. Hamburg hatte 12,1 Grad im Mittel statt sonst üblichen 9,8 Grad. In Hamburg schien die Sonne 85 Stunden und damit 12 Stunden weniger als im Schnitt. Schleswig-Holstein war mit knapp 130 Litern regenreichste Region Deutschlands. In Krempel bei Rendsburg fielen binnen 24 Stunden 64,1 Liter!
Deutscher Wetterdienst bei Twitter
Bahn: So werden Tickets erstattet
Wenn ein Zug wie jetzt beim Sturm ausfällt, bekommen Bahnkunden den kompletten Ticketpreis erstattet. Auch bei Sparpreis-Tickets sei das kostenlos, sagte ein Sprecher der Bahn. Hier wären bis einen Tag vor dem ersten Geltungstag der Fahrkarte eigentlich 19 Euro als Gebühr fällig. Hat sich ein Zug wegen des Unwetters lediglich erheblich verspätet, muss die Bahn einen Teil des Ticketpreises erstatten. 25 Prozent des Fahrpreises gibt es ab 60 Minuten Verspätung und 50 Prozent ab 120 Minuten. Entscheidend für die Berechnung ist die Ankunftszeit am Zielort. Das Argument, dass ein Unwetter höhere Gewalt ist und die Deutsche Bahn und Co. daher nicht zahlen müssen, gilt nicht. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden (EuGH, Rechtssache C-509/11).
Youtube: Spektakuläre Landungen im Sturm
Wegen des Sturms musste am Wochenende ein Airbus A380 der Lufthansa anstatt in Frankfurt in Stuttgart landen. Die Maschine kam aus Houston. Planespotter haben bei Youtube spektakuläre Landungen im Sturm veröffentlicht. Nach der missglückten Landung eines Privatflugzeugs am Flughafen Bremen ist der Flugverkehr am Montagmorgen wieder freigegeben worden. Am Sonntagabend waren ankommende Maschinen nach Angaben einer Sprecherin des Airports an umliegende Flughäfen umgeleitet worden. Das Privatflugzeug - eine Cessna Citation 550 Bravo - war nach Angaben des Flughafens beim Landeanflug von der Start- und Landebahn abgekommen und 15 Meter entfernt im Gras ohne größere Schäden stehen geblieben. Die drei Besatzungsmitglieder der in Russland registrierten Maschine seien unverletzt.
Wangerooge: Strand wird im Frühjahr aufgeschüttet
Der bei der Sturmflut weggespülte Strand auf der Nordseeinsel Wangerooge soll erst im Frühjahr wieder aufgeschüttet werden. „Wir befinden uns mitten in der Sturmflutsaison“, sagte der stellvertretende Kurdirektor Christian Pollmann. Deshalb mache es keinen Sinn, die Schäden von Sturmtief „Herwart“ sofort auszubessern. Die Sturmflut hatte in der Nacht zum Sonntag etwa 80 Prozent des Badestrandes auf Wangerooge weggespült. Pollmann schätzt, dass im Frühjahr mindestens 80.000 Kubikmeter Sand aufgeschüttet werden müssen. Kosten: 400.000 Euro.
Wegen Sturm-Folgen: Gemeinde zeigt Regiobahn an
Nach der Entgleisung mehrerer Güterwaggons während des Sturms „Herwart“ in Holzsußra (Kyffhäuserkreis) hat die Gemeinde Anzeige gegen das Eisenbahnunternehmen Regiobahn Thüringen (RbT) erstattet. Es gehe dabei um die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, sagte Holzsußras Bürgermeister Steffen Lupprian (SPD) am Montag. Zuvor berichtete der MDR. Da es bereits in der Vergangenheit einen ähnlichen Fall gegeben hatte, liegt nach Ansicht Lupprians der Verdacht nahe, dass die leeren Waggons nicht ausreichend gesichert waren. Das Sturmtief hatte am Sonntag mehrere Waggons aus den Gleisen an einen Bahnübergang gehoben. Sie blockieren noch immer eine Landstraße.
Auch das noch: Demo hält Busse auf
Wegen einer Demonstration kommt es derzeit an der Mönckebergstraße und im weiteren Innenstadtbereich zu Verzögerungen im Busverkehr. Darauf weist der VHH hin. Die Polizei sprach von 50 Teilnehmern mit zwei Motti: "Weg mit Atomkraft" und "Weg mit Hartz IV".
Im Video: Hafencity überflutet
Warnung: Hamburger sollen Wälder meiden
Wie schon nach dem Sturm „Xavier“ warnt die Hamburger Forstbehörde auch nach „Herwart“ vor dem Betreten der Wälder. Das Sturmtief habe die Gefahrensituation in den Wäldern noch einmal verschärft, teilte die Behörde am Montag mit. Besucher wurden eindringlich gebeten, die Hamburger Wälder bis auf weiteres nicht zu betreten. Neben Bäumen, die umgeworfen oder geknickt wurden, seien weitere, nicht unmittelbar sichtbare Gefahren entstanden, hieß es. So drohten schief stehende Bäume umzukippen, Kronen- oder Astabbrüche könnten ohne Vorwarnung auf die Wege fallen.
Bahn, Metronom etc.: Diese Links müssen Sie kennen
Auf diesen Internetseiten können Sie sich über die Züge der Deutschen Bahn, die Bahnhofstafeln, den Metronom und weitere wichtige Institutionen zum Sturm und seinen Folgen informieren. Einfach auf den Link klicken.
Deutsche Bahn extra zum Sturm "Herwart und den Folgen
Deutsche Bahn: Bahnhofstafel Hamburger Hauptbahnhof
HVV Störungsmeldung: inoffizieller Twitter-Kanal
Deutscher Wetterdienst bei Twitter
Hamburger Hauptbahnhof gesperrt
Der Hamburger Hauptbahnhof war am Montagmorgen kurz nach 9 Uhr komplett für die S-Bahnen gesperrt. Grund war ein Polizeieinsatz. Abendblatt-Reporter sprachen von einem weiteren Chaos im Berufsverkehr, das sich zu den Verspätungen und Ausfällen wegen des Sturms "Herwart" gesellte. Auch wenn die Sperrung für die S-Bahnen nach weniger als einer Stunde behoben war, lief der Verkehr erst langsam wieder an.
Die Bahn hat derweil die Strecke von Hamburg nach Puttgarden wieder freigegeben. Allerdings waren anders als zunächst verbreitet auch auf der Strecke von Hamburg nach Bremen Richtung Ruhrgebiet, Rhein-Main und Süddeutschland viele Intercitys und ICE noch nicht unterwegs, wie die Bahnhofstafel am Hamburger Hauptbahnhof gegen 10 Uhr zeigte.
Facebook aktiviert "Safety Check"
Facebook hat den Sicherheitscheck für seine Nutzer aktiviert. Wer im Norden wohnt und sich am Montagmorgen anmeldete, hatte in den Statusangaben einen Hinweis von Facebook, dass der "Safety Check" aktiviert wurde. Über diese Funktion kann man sich als "sicher" bei seinen Freunden melden und mehr über die Lage nach dem Sturm erfahren.
Halloween-Haus nicht rechtzeitig geschmückt
Dauerregen und Sturm haben das Schmücken des Halloween-Hauses in Isernhagen bei Hannover erschwert. "Wir werden nicht alles aufbauen können", sagte Hausbesitzerin Ulrike Horn. Sie hat den Brauch vor etwa 15 Jahren in den USA entdeckt und bastelt seither jedes Jahr neue unheimliche Dekorationen. Die Leuchten sind ausschließlich LED-Lampen.
"Glory Amsterdam": Neuer Rettungsversuch am Abend
Erst am Montagabend soll gegen 19.30 Uhr der nächste Versuch unternommen werden, den havarierten 225-Meter-Frachter „Glory Amsterdam“ vor Langeoog zu bergen. Das teilte das Havariekommando mit. Die Uhrzeit hängt mit dem Hochwasser zusammen. Die "Glory Amsterdam" hat gut 1800 Tonnen Schweröl und 140 Tonnen Marinediesel als Betriebsstoffe an Bord. Bisher wurde kein Schadstoffaustritt festgestellt. Nach bisherigen Erkenntnissen sind die 22 an Bord befindlichen Menschen unverletzt. Vier Mitarbeiter des Havariekommandos unterstützten die Besatzung bei den Vorbereitungen des Rettungsversuchs. Ein Flugzeug des Havariekommandos fliege zudem in regelmäßigen Abständen über den Frachter.
Bahn: Hamburg-Berlin weiter gesperrt
Es fahren weiterhin keine Fernzüge auf den Strecken Hamburg-Kiel, Hamburg-Westerland, Hamburg-Lübeck-Puttgarden, Hamburg-Rostock-Stralsund sowie Berlin-Stralsund, wie die Bahn am Morgen mitteilte.
Auch auf der Strecke Dortmund-Bremen-Hamburg sind noch keine Fernzüge unterwegs. Für Reisen zwischen Hamburg und dem Ruhrgebiet werden die Verbindungen über Hannover empfohlen.
Kommentar: Die Bahn hat erneut versagt
Vom Montagmorgen an an sollen wieder Fernzüge auf den Strecken Hannover-Berlin, Hannover-Magdeburg und Münster-Norddeich fahren. Zwischen Hamburg und Berlin soll der Fernverkehr gegen 14 Uhr wieder aufgenommen werden.
Auf diesen Strecken könne es jedoch weiter Einschränkungen geben, hieß es. Und „Bitte informieren Sie sich nochmals vor Reiseantritt“ - via Bahn-App, Webseite oder Hotline 08000 996633.
Auch Regionalverkehr weiter eingeschränkt
Im norddeutschen Regionalverkehr verkehren die Züge RE1 zwischen Hamburg und Büchen, RE76 zwischen Hamburg und Kiel sowie RE81 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe nur eingeschränkt. Die Regional-Expresse 6 und 7 fuhren zunächst nicht nach Hamburg. Auf der Strecke Harburg-Buchholz richtete der Metronom einen Busersatzverkehr ein.
Bei den Linien der Hamburger S-Bahn kam es am Morgen noch immer zu Verspätungen von rund zehn Minuten.
Drittes Todesopfer im Norden
Herbststurm "Herwart“"hat einen dritten Menschen in Norddeutschland das Leben gekostet. Ein 56-Jähriger Mann aus Sachsen sei in der Nacht zum Montag im Krankenhaus verstorben, sagte ein Polizeisprecher am frühen Montagmorgen.
Der Mann war gemeinsam mit einer 48-jährigen Frau und einem 48-jährigen Mann auf dem Peenestrom in Mecklenburg-Vorpommern gekentert. Die 48-Jährige starb bereits am Abend im Krankenhaus. Der 48-jährige Mann wurde auch am Montagmorgen noch vermisst. Die Suche nach dem Mann sollte im Verlauf des Tages weitergehen. In Niedersachsen war zuvor ein Camper ertrunken, der vom Hochwasser der Sturmflut eingeschlossen wurde.
Frachter vor Langeoog havariert
In der Nordsee ist bei starkem Seegang durch Sturm vor Langeoog ein Frachter auf Grund gegangen. Sämtliche Rettungsversuche schlugen zunächst fehl. Die 225 Meter lange, unbeladene "Glory Amsterdam“ hatte sich am Sonntag in der Deutschen Bucht losgerissen. Nach bisherigen Erkenntnissen seien die 22 an Bord befindlichen Menschen unverletzt, hieß es vom deutschen Havariekommando, das die Einsatzleitung übernommen hat.
Nordbake vor Neuwerk zerstört
Sie galt neben dem Leuchtturm als Wahrzeichen der Nordseeinsel: Bereits vor mehr als zehn Jahren hatte Sturm "Kyrill" die Ostbake der Insel Neuwerk, die formell zum Bezirk Hamburg-Mitte gehört, zerstört. Nun ist offenbar auch die marode Nordbake unweit des Leuchtturms von Sturmtief "Herwart" zerstört worden. Sie galt als eines der ältesten Seezeichen an der deutschen Küste und wurde erstmalig um 1568 kartiert.
"Queen Mary 2" muss warten
Wegen des Sturms verzögert sich auch die für geplante Ankunft der "Queen Mary 2" in Hamburg. Wie die Cunard-Reederei auf ihrer Facebookseite aktuell mitteilte, wird sich daher auch die Einschiffung um 24 Stunden auf Montag verschieben. Zunächst wartete das Passagierschiff offensichtlich den Sturm in der Nordsee ab und dampfte mit geringer Geschwindigkeiten gegen die Windrichtung, wie auf Schiffsportalen im Internet zu sehen war. Aktuell ist die Queen Mary nach Abflauen des Sturm in die Elbe eingelaufen und wird gegen 21 Uhr Hamburg erreichen. Im Hamburger Hafen wurde der Schiffsverkehr am Sonntag nach Information der nautischen Zentrale zeitweise komplett eingestellt.