Hamburg. Investor und Generalplaner trennen sich. Wer hat nun die Nutzungsrechte am Dachgarten-Projekt auf dem Heiligengeistfeld?
Es ist eines der spektakulärsten Bauprojekte in der Stadt und soll mindestens 30 Millionen Euro kosten: Der grüne Dachgarten samt Hotel, Sporthalle und Park auf dem Feldstraßenbunker ist zwar im Juni von der Bürgerschaft beschlossen worden, doch nun tobt nach Abendblatt-Informationen hinter den Kulissen ein heftiger Streit um die Urheber- und Nutzungsrechte. Fast vier Jahre lang haben Interpol als Architekten und Generalplaner und Thomas Matzen als Eigentümer an einem Strang gezogen. Nun sind sich die ehemaligen Partner nicht mehr grün.
Dieses Dach hat es in sich. Der 38 Meter hohe Weltkriegsbunker auf dem Heiligengeistfeld soll pyramidenartig um fünf Stockwerke und damit um rund 20 Meter aufgestockt werden. In dem Aufbau sollen eine Sport- und eine Kulturhalle Platz finden, dazu zwei Gästehäuser mit je 60 bis 80 Zimmern inklusive Künstlerappartements sowie ein Fitnessclub, Stadtteilflächen und ein Bunkermuseum. Der üppig begrünte Dachgarten soll über eine bepflanzte Außenrampe erreichbar und für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Vor sechs Monaten Baugenehmigung erteilt
Entstanden ist die Idee im Spätsommer 2013. „Wesentlicher Bestandteil des Konzepts war die Erschließung von außen durch ein grünes Parkband in Form einer Rampe – und damit die öffentliche Nutzbarmachung des Aufbaus und Dachparks als Stadtteilgarten“, sagt Urheber Mathias Müller-Using, Geschäftsführer von Interpol. Sein Unternehmen beschäftigt sich mit der Entwicklung von kreativen Projekten in den Bereichen Architektur, Digitale Anwendungen und Stadtplanung.
Das Konzept polarisiert. Aus einem scheußlichen Mahnmal wird eine zusätzliche Grünfläche samt dringend benötigter Sporthalle für den Stadtteil, zudem prima fürs Klima, sagen die Befürworter. Hamburgs wichtigsten Bunker mit einem grünen Hut zu verniedlichen, sei in höchstem Maße geschichtsfeindlich, monieren die Gegner, die zudem eine weitere „Eventisierung“ des nicht eben veranstaltungsarmen Viertels befürchten. Vor sechs Monaten erteilte der Bezirk dem Garten auf dem Bunker die Baugenehmigung. Damals arbeiteten Interpol und Investor noch Hand in Hand. „Wir haben Herrn Matzen das architektonische und das Nutzungskonzept im November 2013 vorgestellt, und es wurde mit Begeisterung aufgenommen“, sagt Mathias Müller-Using.
Grundlagenermittlung abgeschlossen
Anschließend stellte Interpol das Projekt auch Hamburgs damaligem Oberbaudirektor Jörn Walter vor, der es ebenfalls begrüßte. Nach Erstellung einer Machbarkeitsstudie und des ganzheitlichen architektonischen Entwurfs wurden einzelne Fachplaner mit der technischen Umsetzung für Begrünungskonzepte, Tragwerk, Brandschutz und 3-D-Modell beauftragt. Mittlerweile befindet sich das Bauvorhaben in der Leistungsphase 5 und 6, also nach der Grundlagenermittlung, Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung bereits in der Ausführungsplanung und Vorbereitung der Vergabe.
Nach Abendblatt-Informationen erhielt Interpol im Juni dieses Jahres die Kündigung des mit dem Eigentümer geschlossenen Architekten-, Projektentwicklungs- und Vermarktungsvertrags. Auf Nachfrage bestätigen beide Parteien die Kündigung. „Wir haben uns vom Planungsbüro Interpol getrennt“, sagt Henry Otterbein, Geschäftsführer von EHP, der Verwaltungsgesellschaft von Matzen Immobilien.
Erfahrene Ausführungsarchitekten
„Allerdings ist es generell nicht unüblich, dass bei größeren Bauprojekten erfahrene Ausführungsarchitekten nach Ablauf der Planungsphase engagiert werden, um die weitere Bauphase zu betreuen.“ Otterbein verweist auf die bestehende Baugenehmigung, welche hiervon unberührt bleibe. „Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass das Projekt platzen wird, und es spricht aus unserer Sicht auch nichts gegen eine planmäßige Realisierung. Wir befinden uns derzeit dabei, die finalen Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchzuführen, und planen nach wie vor mit einer Fertigstellung im Jahr 2019.“
Mathias Müller-Using widerspricht vehement: „Wir sind die Urheber des Gesamtkonzepts, haben das Nutzungskonzept entwickelt und sind mit den gesamten Architektur- und Planungsleistungen beauftragt. Wir haben die Verwertungs- und Nutzungsrechte an unseren Leistungen nicht übertragen. Daher liegen die Rechte an unseren Planungsleistungen noch immer bei uns. Und da bleiben sie auch, bis wir vollständig bezahlt wurden.“ Zusätzlich müsse Interpol sicherstellen, dass der Entwurf so umgesetzt wird, wie es vereinbart und von der Stadt genehmigt wurde.
Jetzt droht gerichtliche Auseinandersetzung
Völlig offen ist, ob sich die ehemaligen Vertragspartner bald vor Gericht treffen werden, oder ob der Streit, bei dem es nach Abendblatt-Informationen um einen hohen einstelligen Millionenbetrag geht, außergerichtlich beigelegt werden kann. Was sagt die Stadt, die den Erbbaurechtsvertrag mit Matzen bis ins Jahr 2116 verlängert hat?
„Es gibt einen Bürgerschaftsbeschluss zur Umsetzung des Projekts. Daran sind viele Bedingungen geknüpft, die der Investor zu erfüllen hat. Mit welchem Planungsbüro er das macht, ist seine Sache“, sagt ein Sprecher der zuständigen Finanzbehörde. Dagegen spricht aber, dass nach Abendblatt-Informationen der Erbbaurechtsvertrag vom 7. April 2017 an den Nachweis der Nutzungsrechte gekoppelt ist.