Hamburg . Mit viel Geld werden die Hamburger Fitness-Studios aufgerüstet – auch mit Sprintstrecke auf Kunstrasen. Welche Idee dahintersteckt.

Die Crosstrainer sind besonders beliebt, auch auf den Laufbändern arbeiten an diesem Vormittag schon einige an ihrer Fitness. Ein Stück weiter macht eine junge Frau Gleichgewichtsübungen auf einem Wackelbrett. An einem anderen Gerät, einer sogenannten Brücke, kann man sich an Sprossen von einer Seite auf die andere hangeln. Das hat ein wenig etwas von einem Spielplatz für Erwachsene. Aber nur auf den ersten Blick.

„Wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hier reinkäme, würden die Spieler alles finden, was sie für ihr Training brauchen“, sagt Samir Vincevic. Athletic Area nennen sie den neu gestalteten Bereich im Meridian Spa & Fitness in Eppendorf. Es gibt sogar eine Sprintstrecke auf grünem Kunstrasen.

Vor einigen Tagen hat der Fitness-Bereich in dem Center an der Quickbornstraße auf mehr als 3500 Quadratmetern neu eröffnet. „Wir schaffen unterschiedliche Erlebnisatmosphären je nach Bedarf“, sagt Christin Lüdemann, die Anfang 2017 zusätzlich zu Vincevic und dem geschäftsführenden Gesellschafter Leo Eckstein in die Leitung der Kette mit bundesweit acht Niederlassungen eingestiegen ist.

Sechsstellige Investitionen – auch im Meridian Wandsbek

Neben dem athletischen gibt es die Trainingsbereiche Classic und Spirit, die sich sowohl durch die Art der Geräte als auch durch das Ambiente unterscheiden. Dafür investierte das Unternehmen einen sechsstelligen Euro-Betrag. Noch in diesem Jahr soll die Renovierung im Wandsbeker Center starten.

Der neue Schwerpunkt lässt sich auch im neuen Namen ablesen: Aus Meridian Spa wurde Meridian Spa & Fitness. „Der Begriff Spa betont vor allem den Entspannungsgedanken“, sagt Lüdemann, die zuvor beim Kosmetikkonzern Beiersdorf unter anderem die Nivea-Häuser aufgebaut hat. Das Eppendorfer Center etwa verfügt über einen großzügigen Saunabereich mit Pool und japanischem Garten sowie diversen Massage- und Beautyangeboten zusätzlich zum Fitnessbereich. „Wir wollten eine Gleichgewinnung unserer beiden Teile“, so die stellvertretende Geschäftsführerin.

Tatsächlich wird den Deutschen ihre Fitness immer wichtiger. Und die Hamburger sind besonders sportbegeistert. 331.000 Männer und Frauen trainierten 2016 in einem der knapp 300 Studios in der Hansestadt. In Relation zur Einwohnerzahl sind das 18,5 Prozent. Das ist der höchste Wert für ein Bundesland, ergab eine Studie des Arbeitgeberverbandes deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV), der Unternehmensberatung Deloitte und der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. Deutschlandweit liegt die Quote bei 12,3 Prozent. Insgesamt stieg die Zahl der Mitglieder in Fitnessstudios erstmals über zehn Millionen.

McFit ist der Fitness-Primus

Dabei ist die McFit-Gruppe mit mehr als 1,1 Millionen Mitgliedern in 168 Centern der unangefochtene Primus der boomenden Branche mit einem Gesamtumsatz von 5,05 Milliarden Euro. Das Konzept dahinter: große Anlagen, funktionale Ausstattung, günstige Monatstarife. Auch in Hamburg zählen die Ketten (mit mehr als fünf Betriebsstätten) zu den Wachstumstreibern. 2016 waren 179.400 Hamburger Kunden einer Fitnesskette, das ist mehr als die Hälfte aller Mitglieder. Mit 17,4 Prozent fiel das Plus gut dreimal so hoch aus wie der Gesamtzuwachs. „Discounter erreichen dank des günstigeren Preises mehr Kunden, sind aber zugleich ein Marktöffner für Angebote mit höheren Mitgliedsbeiträgen“, sagt DSSV-Sprecher Dustin Tusch.

Digitalisierung in Fitness-Studios

Parallel hat sich in den vergangenen Jahren die Technisierung und Digitalisierung in den Studios fortgesetzt. Über neue computergesteuerte Geräte können Körpermasse, Trainingsziele und Belastungsgrenzen berücksichtigt werden. Auch die Zahl der sogenannten Mikrostudios wächst, darunter Personal Trainingsstudios oder Special-Interest-Anlagen wie EMS-Studios, in denen Trainer Programme mit elektronischer Muskelsimulation durch Reizstrom anbieten. In Hamburg haben Mikrostudios mit 26.500 Mitgliedern inzwischen einen Anteil von acht Prozent.

Die Meridian-Kette ist im Premiumbereich angesiedelt und gehört trotz wachsender Konkurrenz in Hamburg zu den bekannten Namen. Die Geschichte hatte 1984 mit einem kleinen Sportstudio im Stadtteil Wandsbek begonnen. Damals noch unter dem Namen Fitnessland zählte das Center zu den ersten Anbietern von Aerobic-Kursen. Heute hat das Unternehmen 37.000 Mitglieder, davon 26.000 in Hamburg, 550 feste und mehr als 700 freie Mitarbeiter. Der Jahresumsatz liegt bei 37 Millionen Euro. „Wir wachsen im Jahr um drei Prozent“, sagt Vize-Geschäftsführer Vincevic. Im Schnitt sind die Mitglieder 45 Jahre alt.

Meridian-Gründer ist ausgestiegen

Das Facelifting im Eppendorfer Center ist Teil eines Umstrukturierungsprozesses. 2015 war die Münchner Beteiligungsgesellschaft Afinum als Mehrheitsgesellschafter bei der mehrfach ausgezeichneten Fitnesskette eingestiegen. Hintergrund war unter anderem der gestiegene Finanzbedarf, nachdem Meridian 2014 und 2015 zwei neue Anlagen in Frankfurt und in Barmbek eröffnet hatte. Jetzt, zwei Jahre später, ist Gründer Barthold Richters komplett ausgestiegen. Afinum hat auf 70 Prozent aufgestockt. Der geschäftsführende Gesellschafter Leo Eckstein hält 30 Prozent und bereitet die Nachfolgereglung in der Geschäftsführung des Unternehmens vor. Mittelfristig, heißt es, sollen Lüdemann und Vincevic die Verantwortung komplett übernehmen.

Und wie halten es die beiden mit ihrer Fitness? Christin Lüdemann, studierte Betriebswirtin, lacht. „Inzwischen trainiere ich regelmäßig im Center“, sagt die 43-Jährige, die für Marketing und Vertrieb verantwortlich ist. Als Ausgleich zum Schreibtischjob nutze sie alle Möglichkeiten, um Arm- und Rückenmuskulatur zu stärken. Samir Vincevic nickt. Der frühere Tourismusmanager ist seit 13 Jahren im Unternehmen und für die Geräte sowie das operative Geschäft zuständig – und Power-Nutzer.

Natürlich ist der 47-Jährige über die Meridian-App auch vernetzt. „Ich gehöre häufig zu denen mit besonders vielen Fitnesspunkten“, sagt er. Dann ist mal wieder mehr Entspannung dran.