Hamburg. In Oberbillwerder sollen bis zu 7000 Wohnungen entstehen – inklusive zahlreicher Flächen, auf denen sich die Bewohner bewegen können.

Hamburg wächst, und Hamburg baut – für seine künftigen, aber auch alten Bewohner. Westlich von Bergedorf, direkt am S-Bahnhof Allermöhe (S 2/S 21), soll in den nächsten 15 Jahren auf einer Fläche von rund 120 Hektar, heute noch eine Feld- und Wiesenlandschaft, ein neuer, lebenswerter, autoreduzierter, CO2-neutraler Familienstadtteil entstehen: Oberbillwerder, 15 S-Bahn-Minuten vom Hauptbahnhof.

6000 bis 7000 Wohneinheiten unterschiedlicher Bauweisen von fünf bis sechs Geschossen und moderne Stadthäuser, alles im Hamburger Drittelmix, vermietet, verkauft, gefördert, sind hier geplant – dazu Schulen, Kitas, Bewegungsräume, Sportanlagen, Geschäfte, Gastronomie, soziale Einrichtungen. 4000 bis 5000 neue, wohnverträgliche Arbeitsplätze könnten hier geschaffen werden. Am kommenden Montag (19 Uhr) stellt Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) das Projekt im Forum des Gymnasiums Allermöhe (Walter-Rothenburg-Weg 41) der Öffentlichkeit vor.

Besondere Herausforderung

Zwölf international bekannte Teams aus Architekten-, Stadt- und Landschaftsplanungsbüros, auch aus Hamburg, wollen in den nächsten Monaten im Rahmen des „Wettbewerb­lichen Dialogs“ ihre Vorstellungen im Austausch mit Behörden, Fachplanern und Bürgern entwickeln. Die Herausforderung: Die Konzepte sollten noch in zehn bis 15 Jahren innovativ sein. Im Februar wird die Zahl der Bewerber auf drei bis vier reduziert, den Zuschlag für den Masterplan Oberbillwerder wird eine Jury im Mai 2018 erteilen. Drei Jahre dürften danach vergehen, bis der erste Bebauungsplan steht und die ersten Bagger anrücken. Vorerst übernimmt die IBA Hamburg GmbH die Planungen. Sie verantwortet derzeit in neun Hamburger­ Gebieten den QuartiersAus-, Neu- und Umbau.

„Stadtentwicklung muss stets die Aspekte Wohnen, Arbeiten, Bildung und Sport im Auge haben“, lautete die Losung von Hamburgs ehemaligem Oberbaudirektor Jörn Walter. Im Gegensatz zur HafenCity, der Neuen Mitte Altona und des Holstenquartiers wurde der Sport von Anfang an in der Lenkungsgruppe Oberbillwerder sowie in der Bezirkspolitik mitgedacht und damit einer Hauptforderung des organisierten Sports entsprochen.

Die Bürger sollen
intensiv bei der
Planung des
neuen Quartiers
Oberbillwerder
beteiligt werden.
Erste Informationsveranstaltungen
fanden
bereits statt
Die Bürger sollen intensiv bei der Planung des neuen Quartiers Oberbillwerder beteiligt werden. Erste Informationsveranstaltungen fanden bereits statt © IBA Hamburg

„Sport ist ein wichtiger Faktor für das Zusammenleben und die Lebensqualität in einem Stadtteil“, sagt Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD). „Sport soll deshalb ein prägendes Identitätsmerkmal für Oberbillwerder werden. Dort soll ein Modellstadtteil im Sinne unserer Strategie ,ActiveCity‘ mit Betonung auf Bewegung, Gesundheit und Ernährung entstehen.“ Der Hamburger Sportbund (HSB) und der benachbarte Großverein TSG Bergedorf (10.500 Mitglieder) haben ihre Vorstellungen eingebracht, sie werden auch am weiteren Prozess beteiligt. „Bislang fühlen wir uns gut mitgenommen“, sagt Architekt Bernard Kössler, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des HSB.

Dass dem Sport in Oberbillwerder großzügig Flächen zugestanden werden, hat einen einfachen Grund: Die Erschließungskosten dieses städtischen, derzeit verpachteten Areals sind im Vergleich zur HafenCity, dem Kleinen Grasbrook, anderer Hafengebiete und bei der Endverdichtung bestehender Quartiere anders gelagert. Planungs­vorgabe ist es, mittels intelligenter Mehrfachnutzung der Flächen sparsam mit der Ressource Boden umzugehen. Schulsportanlagen sind mit öffentlichen Sportangeboten zu kombinieren, Parkanlagen mit animierenden Sport- undBewegungsmöglichkeiten anzureichern; zugleich sollen Retentionsflächen für das Oberflächenwasser geschaffen und über ein zukunftsfähiges Mobilitäts- und Wegesystem Zu-Fuß-Gehen und Radfahren gefördert werden.

Zentrale öffentliche Sportanlage

Der „Goldene Plan“, seit 1959 eine anerkannte, nicht gesetzliche Richtlinie zur Entwicklung der Sportstätteninfrastruktur, sieht in seiner Fassung von 1976 einen Sportflächenbedarf von 3,5 Quadratmetern pro Einwohner vor. Das wären in Oberbillwerder bei 20.000 Bewohnern sieben Hektar, 5,25 Hektar bei 15.000 Menschen.

Vorgesehen ist bisher eine zentrale öffentliche Sportanlage, rund 2,5 Hektar groß, mit zwei Großspielfeldern und einem Funktionsgebäude, für den schulischen Betrieb leichtathletische Sprint- und Sprungbahnen. Der Sportunterricht an den Grundschulen erfordert zudem zwei Außensportanlagen, maximales Ausmaß: ein Hektar. Dazu kommen inklusiv nutzbare Drei- und Zweifeldhallen mit flexiblen Teilungsoptionen für Gymnastikräume für Senioren- und Rehasport.

Sportbetonte Grundschule

Für langfristige Sportentwicklungen und -trends sollen drei Hektar Fläche optional freigehalten werden, bislang einmalig in Hamburgs Stadtplanung. Im Auslobungstext für die Masterplanung heißt es weiter: „Die Bewegungs- und Sportflächen im öffentlichen Raum sind animierend zu gestalten, zum Beispiel mit Bewegungsinseln, Beachvolleyballfeldern, Kleinspielflächen, Laufwegen, Skaterbahnen, Klettergärten. Weitere Sportangebote, ein kleines Schul- und Rehaschwimmbad, kombiniert mit anderen Stadtteileinrichtungen, sind wünschenswert.“

Boris Schmidt, Vorsitzender und Geschäftsführer der TSG Bergedorf, plädiert zudem für eine „sportbetonte Grundschule“. Ihm gefalle, dass diesmal miteinander und nicht nebeneinander geplant werde. Alle Sportanlagen sollen Vereinen, Schulen, Kindergärten und Senioreneinrichtungen jeder Zeit offenstehen, die Nutzung der bestehenden benachbarten Sportstätten – vom Pferdefreizeitsport bis zur Regattastrecke auf der Dove Elbe – sind in das Gesamtkonzept eingebunden.

Blaupause für weitere neue Quartiere

Öffentliche Plätze und Hallen der angrenzenden Stadtteile sollen bereits in den nächsten Jahren für mehrere Millionen Euro saniert und modernisiert werden. Zahlreiche neue Kunstrasenplätze und Umkleidetrakte für die Vereine ETSV Hamburg, SV Nettelnburg/Allermöhe, BFSV Atlantik 97, FC Bergedorf, ASV Bergedorf und TSG Bergedorf sind für 2018/19 geplant.

„Wird der neue Stadtteil von den Menschen angenommen, könnte Oberbillwerder einmal zur Blaupause für weitere neue Quartiere in Hamburg werden“, sagt Senator Grote.