Hamburg. Die Hochschule in der HafenCity benötige mehr Wissenschaftler für die Forschung und ein strafferes Studienangebot.

Die HafenCity Universität (HCU) sollte ihre Forschung stark ausbauen, ihre Studiengänge und ihre Selbstverwaltung hingegen straffen – und sie sollte dauerhaft mehr Geld von der Stadt bekommen. Zu diesen Empfehlungen kommt eine Expertenkommission unter dem Vorsitz von Sabine Kunst, Bauingenieurin und Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin. Das fünfköpfige Gremium hat im Auftrag der Wissenschaftsbehörde erörtert, wie sich die kleine staatliche Universität mit knapp 2500 Studierenden weiterentwickeln könnte.

Anlass für diese jüngste Untersuchung der HCU war ein 2016 präsentiertes Gutachten des Wissenschaftsrats. Der Abbau frei werdender Professuren führe in der Lehre an der HCU zu „teilweise existenzbedrohenden Einbußen“, die finanzielle Situation der Hochschule sei „nicht tragbar“, schrieben die Gutachter und forderten den Senat zum Handeln auf.

HCU erhält Strukturhilfe von drei Millionen Euro

Die Experten um Sabine Kunst bestätigen nun viele Befunde des Wissenschaftsrats. Zwar sei das Konzept der HCU „von der Idee faszinierend und national wie international einzigartig“, heißt es in dem am Montag im Rathaus vorgestellten Bericht. Die HCU weise aber eine „im universitären Vergleich unzureichende Ausstattung mit wissenschaftlichen Mitarbeitern pro Professur auf“.

Die HCU erhält zusätzlich zu ihrer Grundfinanzierung von der Stadt eine „Strukturhilfe“, die inzwischen auf drei Millionen Euro angewachsen ist. 2020 wäre damit nach jetzigem Stand Schluss. Nach Ansicht der Kommission ist eine Aufstockung jedoch langfristig notwendig. „Drei Millionen mehr wären ein Befreiungsschlag“, sagte Kunst.

HCU-Präsident Walter Pelka dürfte das gerne gehört haben. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) ließ allerdings offen, ob es mehr Geld geben wird. „Das Gutachten wird nicht folgenlos bleiben“, sagte sie lediglich.

Anschubfinanzierung für Forschungsideen

Ein „wesentliches Manko“ der HCU sei ihre Schwäche in der Forschung, heißt es in dem Bericht weiter. Die HCU habe noch „kein stimmiges und interdisziplinäres Forschungsprofil entwickeln können“ und müsse ihr Leitbild klarer fassen. Die Drittmitteleinnahmen pro Professur lägen „auf sehr niedrigem Niveau“. Zwar haben Walter Pelka und Vizepräsidentin Gesa Ziemer schon vor der Untersuchung reagiert. So soll etwa eine Anschubfinanzierung für Forschungsideen den Anreiz für Professoren erhöhen, sich um Drittmittel zu bewerben. Bei Neubesetzungen wird nun darauf geachtet, dass die Bewerber forschen wollen und können.

Diese Ansätze würdigt auch die Kommission um Sabine Kunst. In Gesprächen mit neuen Professoren habe sich gezeigt, dass die HCU einen „außerordentlichen Reiz hat für junges, neues Personal“, sagte Kunst. Gleichwohl sei die Berufungspolitik „entwicklungsfähig“. So plädiert das Gremium dafür, die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter für forschungsstarke Professuren zu erhöhen, indem freiwerdende Professuren, die nicht unbedingt nachbesetzt werden müssten, in passende Stellen umgewandelt werden.

Zahl der Professuren stark gesunken

Von diesem Vorschlag war Pelka offenkundig nicht begeistert. Zum Gründungszeitpunkt verfügte seine Hochschule laut Wissenschaftsrat über Professuren im Umfang von 81 vollen Stellen. Aktuell sind es 47. Bis 2020 sollen nur noch 40 übrig bleiben. Schon von den bestehenden Professuren ließen sich aber „nicht allzu viele“ umwandeln, sagte Pelka. Zwar lasse sich der Betreuungsgrad der Studenten verändern. „Aber man sollte das nur soweit tun, wie man die Qualität der Lehre und die Breite des Angebots nicht verringert.“

Die Kommission schreibt allerdings auch, es sei sehr wahrscheinlich, dass die Mittel aus freiwerdenden Professuren nicht ausreichen könnten, um den Mittelbau für die Forschung zu stärken. Dann wäre zusätzliches Geld nötig.

Kommission empfiehlt Straffung des Studienangebots

Erheblich besser als die Forschung kommt die Lehre an der HCU in dem Bericht weg. Das sehr gut nachgefragte Studienangebot sei praxisnah, die Studenten seien überfriedend zufrieden, sagte Sabine Kunst. Mit Blick auf die Größe der HCU sei das Studienangebot allerdings „zu sehr ausdifferenziert“.

Derzeit bietet HCU bietet fünf Bachelor- und sechs Masterstudiengänge an, von Architektur bis Stadtplanung. Die Kommission schlägt vor, stattdessen zwei grundlegende Bachelor-Programme zu schaffen, die ingenieurwissenschaftlich (Bauingenieurwesen und Geomatik) und künstlerisch-gestalterisch angelegt sind (Architektur, Stadtplanung). Dazu sollte die HCU zwei bis drei Master-Programme anbieten, die auf Forschungsthemen der Hochschule ausgerichtet sind, empfehlen die Experten.

Effizienter gestalten lässt sich nach ihrer Ansicht die universitäre Selbstverwaltung. „Zur Attraktivität der im Vergleich sehr kleinen HCU können kurze Entscheidungswege und schnelle Verfahren gehören“, heißt es in dem Bericht. „Insofern war die Kommission überrascht, an der HCU eine sehr ausdifferenzierte Gremienstruktur vorzufinden.“ Nötig sei eine Beschränkung auf ein Maß, das eine Selbstverwaltung ermögliche, „ohne zur Überforderung und Funktionsunfähigkeit zu führen“.

"Universität neuen Typs"

Die HafenCity-Universität war 2006 von einem CDU-Senat mit großen Ambitionen als "Universität neuen Typs" aus der Taufe gehoben worden. In der HCU wurden alle Fachgebiete der staatlichen Hamburger Hochschulen mit Baubezug zusammengefasst – mit Ausnahme des Bauingenieurwesens der Technischen Universität Hamburg.

In der Gründungsdrucksache wurden ehrgeizige Ziele formuliert: Die HCU solle "interdisziplinäre Innovationen in Lehre, Forschung und Entwicklung" anstreben, "auf Stadt und Bürger, Wirtschaft und Kultur mit bedarfsorientierten Angeboten" zugehen und mit bestimmten Schwerpunkten "auch im internationalen Maßstab exzellent" sein.

Doch schon mit der Gründung war der Abbau von Professuren verbunden. Und bald darauf kämpfte die Hochschule mit einem strukturellen Defizit in Höhe von vier Millionen Euro pro Jahr. Dies habe die HCU "in ihrer Entwicklung erheblich eingeschränkt", urteilte der Wissenschaftsrat.