Hamburg. Denkmalpfleger, Botanik- und Naturschutzverbände fordern, am Wallringpark keine weiteren baulichen Tätigkeiten mehr zuzulassen.

Die wachsende Stadt rückt dem Wallringpark mit dem Schmuckstück Planten un Blomen gehörig auf die Pelle: Ein kürzlich erbautes Hochhaus am Gustav-Mahler-Park, die Genehmigung eines voluminösen Gebäudekomplexes am Stintfang und der bevorstehende Anbau der Bucerius Law School. Jetzt haben sich Denkmalpfleger, Landschaftsplaner und Park­experten zusammengeschlossen, um die historische Anlage zu schützen. In einem gemeinsamen Appell fordern sie von der Stadt Hamburg, in dem Park nur noch denkmalgerechte Eingriffe zuzulassen sowie die gesamte Anlage, die sich von der Elbe bis zur Alster hinzieht, durch ein sogenanntes Parkpflegewerk zu sichern.

Der Brief, der heute an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)und Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) geschickt werden soll und dem Abendblatt vorliegt, hat prominente Hamburger Absender. Dazu gehören der Denkmalrat und der Denkmalverein, die Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur, der Freundeskreis Planten un Blomen, der Botanische Verein, der Architekten- und In­genieurverein, der Naturschutzrat, die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz.

Die Unterzeichner verlangen, dass ihre Forderungen sobald wie möglich per Senatsbeschluss festgeschrieben werden – da weder Rekordbesucherzahlen noch der gesetzliche Schutz als Gartendenkmal haben verhindern können, dass immer wieder Teile des Ensembles durch Bauvorhaben beeinträchtigt oder sogar überbaut wurden.

Auch neues Restaurant in der Kritik

„Der Wallringpark ist unter der Marke Planten un Blomen sehr wichtig für Hamburg. Dieses Aushängeschild muss erhalten bleiben und darf nicht weiter durch Bauprojekte, die Teile des Parks beanspruchen, beschädigt werden“, sagt Heiner Baumgarten, früher Geschäftsführer der Internationalen Gartenschau igs 2013 und langjähriges Mitglied im Freundeskreis Planten un Blomen. Jüngste Beispiele dafür, wie die wachsende Stadt am Park knabbere, seien das kürzlich fertiggestellte Hochhaus an der Esplanade, das in den Gustav-Mahler-Park rage, ein am Stintfang genehmigter Neubaukomplex, sowie die aktuelle Erweiterung des CCH.

Auch kleine Eingriffe wie der Bau einer neuen Gastronomie an der Roll- und Schlittschuhbahn sehen die Verfasser kritisch. Besondere Sorgen machen ihnen aber die Erweiterungspläne der Bucerius Law School an der Marseiller Straße und die geplante Streckenführung der neuen U 5 mit einer möglichen Haltestelle am Stephansplatz. Der Erweiterungsbau würde unmittelbar oberhalb der Schaugewächshäuser aufragen und das kunsthistorisch besonders wertvolle Ensemble, das diese mit den Mittelmeerterrassen bilden, optisch und funktional erheblich beeinträchtigen, schreiben die Denkmal- und Botanikexperten.

Die Bilder zur Grafik:

Pläne rund um den Planten un Blomen

1.: So könnte der Anbau der Bucerius Law School aussehen
1.: So könnte der Anbau der Bucerius Law School aussehen © Privat
2.: Am Stephansplatz könnte eine neue U-Bahn-Station errichtet werden
2.: Am Stephansplatz könnte eine neue U-Bahn-Station errichtet werden © HA/Klaus Bodig
3.: Das neue Hochhaus am Gustav-Mahler-Park
3.: Das neue Hochhaus am Gustav-Mahler-Park © HA/Friederike Ulrich
4.: Die Rollschuh- und Eislaufbahn
4.: Die Rollschuh- und Eislaufbahn © HA/Klaus Bodig
5.: Die U- und S-Bahn-Station Landungsbrücken
5.: Die U- und S-Bahn-Station Landungsbrücken © HA/Klaus Bodig
6.: Die Visualisierung zeigt den geplanten Neubau am Stintfang
6.: Die Visualisierung zeigt den geplanten Neubau am Stintfang © DFZ Architekten/Euroland
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Zudem wäre die Umwandlung der Marseiller Straße in eine offene Parkanlage durch die Neubaupläne gefährdet. „Noch ist völlig unklar, welche Dimensionen der Anbau haben wird und was die ,Zeit‘-Stiftung dort konkret plant“, sagt Heiner Baumgarten. Es dürfe aber nicht sein, dass die Aufwertung von Planten un Blomen, die durch die Aufschüttung der Marseiller Straße erreicht würde, durch den Neubau zunichtegemacht werde.

Denkmalverein fordert besonderen Schutz für Planten un Blomen

Die Streckenführung der U 5, mit deren Planungen sich die Hochbahn derzeit beschäftigt, könnte Planten un Blomen ebenso nachhaltig bedrohen. Auf einer Diskussionsveranstaltung, zu der die Verfasser des Appells kürzlich geladen hatten, hatte eine Mitarbeiterin Auszüge aus der Machbarkeitsstudie vorgestellt, die im kommenden Jahr veröffentlicht werden soll.

Tatsächlich müsste bei einer der möglichen Streckenführungen am Stephansplatz eine komplett neue, unterirdische U-Bahn-Station gebaut werden – was nur in offener Bauweise, also mit einer großen Baugrube, möglich wäre. Auf dem Areal befinden sich aber mit der Alten Polizeiwache (gegenüber dem Cinemaxx-Kino) nicht nur ein Baudenkmal, sondern auch die denkmalgeschützten Wallgräben und Bäume von Planten un Blomen.

Die Zusicherung der Hochbahn-Mitarbeiterin, dass das aufgegrabene Gelände hinterher wieder hergestellt werde, lassen die Unterzeichner nicht gelten. „Wenn man 100-jährige Bäume und ganze Bauwerke umsetzt oder gar Teile der historischen Wallanlagen entfernt, bedeutet das unwiederbringliche Zerstörungen“, sagt Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein. „Denkmalschutz bezieht sich auf originale Substanz und nicht auf Wiederaufbauten oder Neuanpflanzungen.“ Hamburgs bekanntester Park solle nicht nur als Naherholungsgebiet, sondern auch als Teil der Stadtgeschichte einen besonderen Schutz genießen.