Hamburg. Juristische Prüfung dauert länger. Hamburgs Sozialsenatorin warnt: 9000 zusätzliche Erzieherinnen haben wir nicht.

Die Volksinitiative für mehr Personal in Hamburger Kitas hat ihren offiziellen Start verschoben. Statt wie bislang geplant am kommenden Mittwoch (4. Oktober) werde man die Initiative „aus formalen Gründen“ etwa vier bis sechs Wochen später beim Senat anzeigen und mit der Sammlung von Unterschriften beginnen, teilte das „Kitanetzwerk Hamburg“ mit. Wie dessen Gründerin Marina Jachenholz dem Abendblatt sagte, brauche man noch etwas Zeit, die Forderungen juristisch prüfen zu lassen und gegebenenfalls zu modifizieren.

Wie berichtet, fordert das Kitanetzwerk eine Verbesserung der Erzieher-Kind-Relation auf 1:4 im Krippenbereich (bis drei Jahre) und auf 1:7,5 im Elementarbereich (drei bis sechs Jahre) – und zwar unter Einbeziehung von Ausfallzeiten und mittelbarer Pädagogik, die die Erzieherinnen zum Beispiel mit Vorbereitung und Verwaltungsarbeit verbringen. Bislang liegen die Personalschlüssel bei 1:5,6 im Krippenbereich und etwa 1:9 im Elementarbereich, allerdings ohne Berücksichtigung der Ausfallzeiten. Tatsächlich kümmern sich die Erzieherinnen also um deutlich mehr Kinder.

Verbesserung auf 1:4 in Krippen angestrebt

Der rot-grüne Senat strebt auch bis 2021 eine Verbesserung auf 1:4 in den Krippen an, will die Ausfallzeiten dabei aber zunächst nicht berücksichtigen. „Für die Erfüllung der Forderungen der Initiative bräuchten wir in der Spitze bis zu 9000 zusätzliche Erzieherinnen“, sagte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Donnerstag. „Die bekommen wir aber nicht.“ Das könne dazu führen, dass die Kitas, um den Betreuungsschlüssel zu erfüllen, weniger Plätze anbieten – bei steigendem Bedarf. „Das wollen wir nicht“, so Leonhard. Derzeit arbeiten rund 12.900 Pädagoginnen in den 1070 Kitas. Drittes Problem sei die Finanzierung: Die Forderungen der Initiative würden die städtischen Kitaausgaben, die sich auf 800 Millionen Euro im Jahr zubewegen, noch einmal um gut 400 Millionen Euro jährlich erhöhen.

Vertreter von SPD und Grünen sehen darin einen unzulässigen Eingriff in die Budgethoheit des Parlaments und halten die Volksinitiative daher für möglicherweise unzulässig. Das Kitanetzwerk glaubt hingegen unbeirrt an die Zulässigkeit und die Erfolgschancen der Initiative. „Bitte bleibt in Lauerstellung, die Stimmung ist gut, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren“, heißt es auf der Homepage. Dazu die unmissverständliche Ankündigung: „Die Ini kommt!“

Kampagne für Erziehungsberufe

Unterdessen hat Sozialsenatorin Leonhard am Donnerstag eine Kampagne für die Erziehungsberufe gestartet. Unter dem Motto „Hebe Schätze und Hamburgs Zukunft“ wirbt die Stadt mit Plakaten, im Internet (www.schaetze-heben.hamburg) und in sozialen Medien um die dringend benötigten Fachkräfte. „Wir brauchen jeden Einzelnen“, sagte Leonhard, „sehr gern“ auch ältere Arbeitnehmer, die Interesse an einer Umschulung haben. Die Senatorin betonte, dass Erzieher in Hamburg mit einem Einstiegsgehalt von knapp 2900 Euro brutto mehr verdienen als zum Beispiel Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter. Einige Kita-Träger lockten auch mit übertariflichen Leistungen.

Hintergrund der Kampagne ist zum einen das stetig wachsende Kita-System, in dem mittlerweile 83.000 Kinder betreut werden. Zum anderen sollen zur Erreichung des 1:4-Ziels in den Krippen von 2018 an jedes Jahr 500 zusätzliche Erzieherinnen eingestellt werden. Das gestaltet sich schwierig, denn von den rund 1100 Absolventinnen der Erzieherschulen werden allein 750 Fachkräfte pro Jahr benötigt, um die altersbedingten Abgänge zu kompensieren – es bleiben also nur maximal 350 übrig, die aber auch nicht alle in die Kitas gehen. Mit anderen Worten: Hier klafft eine Lücke, und die Kampagne soll helfen, sie zu schließen.