Hamburg. Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs gegen Andreas Beuth und Andreas Blechschmidt von der Roten Flora.

Nach den schweren Krawallen beim G20-Gipfel geraten prominente Linksextreme in das Visier der Justiz: Gegen Andreas Beuth und Andreas Blechschmidt von der Roten Flora sowie gegen Emily Laquer von der Interventionistischen Linken (IL) wird wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Das bestätigte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage des Hamburger Abendblatts. Auch ein weiterer Mann steht im Fokus der Ermittler, seine Identität wollte die Sprecherin jedoch nicht preisgeben.

Beuth, Blechschmidt und Laquer hatten jeweils vor dem G20-Gipfel massiv, international und öffentlich für die Proteste mobilisiert – nach dem Gipfel erstatteten nach Abendblatt-Informationen mehrere Menschen aus Braunschweig und Bielefeld Strafanzeige. Die dortigen Staatsanwaltschaften gaben das Verfahren nun an die Hamburger Ermittler ab; zuständig für die Straftaten im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel im Juli ist die Sonderkommission „Schwarzer Block“ bei der Polizei.

Gegen Beuth gibt es weitere schwere Vorwürfe

Als Landfriedensbruch wird juristisch eine Gewalttat oder Bedrohung „aus einer Menschenmenge“ heraus bezeichnet. Solche Handlungen zu „fördern“ ist nach demselben Paragrafen ebenfalls strafbar – ein schwerer Landfriedensbruch liegt dann vor, wenn bei den Taten schließlich mit gefährlichen Werkzeugen oder Waffen agiert wird. Im Falle einer Verurteilung drohen den Linksradikalen damit nun bis zu zehn Jahre Haft.

Frombach betonte, dass sich das Verfahren noch am Anfang befinde – zum genauen Inhalt der Ermittlungen wollte sie keine weiteren Angaben machen. Offenbar speist sich der Verdacht aber vor allem aus den Äußerungen der Linksradikalen im Umfeld des Gipfels. Bei einer Pressekonferenz Anfang Juli hatte etwa Andreas Beuth zum Verlauf der Demonstration „Welcome to Hell“ angekündigt: „Wenn wir angegriffen werden, (...) dann werden wir uns natürlich auch zur Wehr setzen mit Mitteln, die wir uns selbst suchen.“

Nach dem Gipfel sorgte Beuth mit seiner Frage, warum die Krawallmacher denn im Schanzenviertel und nicht in „Pöseldorf oder Blankenese“ randaliert hätten, bundesweit für Empörung. Wegen dieser Aussage ermittelt die Soko „Schwarzer Block“ auch wegen einer möglichen „Billigung von Straftaten“ gegen Beuth, nachdem 25 Strafanzeigen eingegangen waren (das Abendblatt berichtete exklusiv).

Andreas Blechschmidt, der im Gegensatz zu Beuth festes Mitglied des „Plenums“ in der Roten Flora ist, hatte sich vor dem Gipfel zwar zurückhaltender gezeigt („Hamburg wird auch nach dem Gipfel noch stehen“) – aber in mehreren Interviews betont, dass auch Gewalt ein „notwendiges“ Mittel sein könne, um die Verhältnisse im Kapitalismus zu überwinden. Emily Laquer von der Interventionistischen Linken, die wie die Rote Flora vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hatte zu „zivilem Ungehorsam“ aufgerufen und sich nicht von Gewalttaten vor dem G20-Gipfel distanziert.

Mehr als 100 Verfahren auch gegen Polizisten

Nach Abendblatt-Informationen gibt es weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, dass Autonome aus den Reihen der Roten Flora direkt an den schweren Krawallen im Schanzenviertel beteiligt waren. Die drei jetzt offenbar wegen der Anstiftung verdächtigten Linksradikalen hatten sich nach dem Gipfel von der Gewalt distanziert, Beuth diese Distanzierung jedoch wieder teilweise zurückgenommen. Ein Polizeisprecher wollte sich zum Stand der Ermittlungen insgesamt nicht äußern.

Parallel zur aufwendigen Aufarbeitung der Krawalle wurde auch das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) bei der Innenbehörde personell verstärkt. Inzwischen laufen 107 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten im Zusammenhang mit dem G20-Großeinsatz, wie die Oberstaatsanwältin Frombach sagte. Bei 89 Verfahren geht es um den Verdacht der Körperverletzung im Amt gegenüber Demonstranten. Nach Abendblatt-Informationen wurde auch gegen die Polizeiführung um Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde ein Verfahren wegen der Gesamtverantwortung für mögliche Übergriffe eröffnet.